Ich möchte kurz einen Aspekt von Michèle Binswangers Rhetorik im Tagesanzeiger über das „verbotene Buch“ zu Jolanda Spiess-Hegglin analysieren. Thread:
1) Es geht um Jolanda Spiess-Hegglin, aber darüber hinaus wird der "Fall" zum Anlass für subtile antifeministische Rhetorik. M. Binswangers diskursive Vorgehensweise ist 1 Anschauungsbeispiel dafür, wie Antifeminismus zum Topos einer reaktionären Rückschlagbewegung wird.
Binswanger schreibt: 2) „weshalb ich es gerade in der heutigen Zeit, wo soziale Medien und Feminismus den Zeitgeist bestimmen, wichtig finde, dass die Öffentlichkeit nicht nur die eine Seite der Wahrheit erfährt.“
Feminismus wird zur Gefahr stilisiert, zur Anti-Wahrheit
3) Feminismus wird mit Jolanda Spiess-Hegglin gleichgesetzt, und erscheint als Phänomen, das angeblich alles dominiert, unser Leben bestimmt, eben den Zeitgeist. Dessen Ziele und Diskurse insgesamt ein Problem, eine Gefahr darstellen.
4) Binswanger hat, wie sie schreibt, „nur Fragen“ gestellt. Und wurde dafür zur Hassfigur. "Allein die Tatsache, dass ich Fragen stellte zu jener Nacht und ihren Folgen, machte mich in gewissen Kreisen zur Hassfigur."
5) Sicher hat M.Binswanger Hass erfahren & üble Angriffe, das bezweifle ich nicht. Aber der insinuierte Subtext lautet: Jolanda Spiess-Hegglin repräsentiert den "Zeitgeist Feminismus", wenn wir das nicht eindämmen, werden wir 1 Kultur der Verbote, des Hasses und Zensur haben.
6) Der Fall und die Figur Spiess-Hegglin werden zum Beweis einer allgemeinen gefährlichen feministischen Tendenz. Es geht nicht nur um die Diskreditierung von Jolanda Spiess-Hegglin, sondern um die allgemeine Diskreditierung feministischer Forderungen und Gerechtigkeitsanliegen.
7) Es geht darum, konservative & reaktionäre Ressentiments zu mobilisieren, dass es jetzt mit Gleichstellung auch mal reiche, es geht darum, die konservativen Affekt zu legitimieren, dass man feministischen Gerechtigkeitsbestrebungen endlich ein Ende setzen sollte.
8) Wenn JSH eine Bedrohung ist, ist es auch der Feminismus insgesamt, und wenn diese Bedrohug vermeintlich maximal ist (Zensur, Bedrohung Meinungs-und Medienfreiheit), darf sie auch mit allen, wirklich allen Mitteln zerstört werden. Etwa durch journalistische Faktenverzerrung.
9) Dieser "Fall" ist längst nicht mehr nur ein Streit zwischen einzelnen Akteurinnen, sondern Ausdruck und Instrument einer reaktionären und antifeministischen Rückschlagbewegung.
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Wie und warum ehemals linke Männer nach rechts wandern. Eine Analyse von Georg Seeßlen:
"Den Übertritt von der Linken zur Rechten ist nahezu immer mit einer Geste der Selbst-Viktimisierung verbunden. Der Ex-Linke betritt die rechte Bühne bereits mit der Mine des Verfolgten, 1/
des Gekränkten, des Opfers „weltweiter Kampagnen“, Opfer der politisch Korrekten, Queeren und Frauen. Unter anderem darf so die Selbstüberschätzung ex negativo fortgesetzt werden. 2/
Die aggressive Selbst-Viktimisierung, eine Spezialität der mehr oder weniger Neuen Rechten, erlaubt es überdies, nun seinerseits die Schranken der gepflegten und „fairen“ Auseinandersetzung zu überspringen. 3/
Spannend und wusste ich nicht: Die Nachgeordnetheit der Eva steht so nicht in der Schöpfungsgeschichte. Diese Hierarchie wurde erst im Zuge späterer frauenfeindlicher Überlieferungen stark gemacht.
1/
Gott schuf Eva als Gleichrangige. Im herbräischen Orginaltext steht „eser kenegdo“, das übersetzt werden kann mit „eine Helferin, die ihm entspricht“. Und den Job auf der Erde gemeinsam angehen soll. Frauen &Männer brauchen sich zwar, aber herrschen nicht übereinander.
2/
Erst Luthers Übersetzung „Gehilfin“ weist Eva und ihren Nachkommen eine nachgeordnete Assistenzposition zu.
Ferner ist Gott auch nicht zwangsläufig männlich. Denn:
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Das "Weibliche" wurde kulturhistorisch im Verhältnis zum Männlichen bestimmt: der Penis ist die Norm, die Frau ist die Abweichung & leidet an Penis-Mangel (Freud). Der Mann ist das Universelle, Allgemeine,die Frau das andere, das spezielle. Mann=Mensch, Frauen=Geschlecht
1/
Die Kategorie Frau basiert, historisch gesehen, auf patriarchalen Zuschreibungen. Der Mann definierte, die Frau wurde definiert.
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Wenn nun Frauen bzw. Menschen, die menstruieren, sich selber markieren und für ihre speziellen Belange und Situationen eintreten – etwa wenn sie sich dafür einsetzen, dass Menstruationartikel gratis sein sollten – reagieren manche Männer extrem angepisst.
3/
Warum tut man sich in der Schweiz mit der Pandemiebekämpfung so schwer?
Die Gründe sind vielfältig. Ein Grund ist die vorherrschend gewordene rechtspopulistische Mentalität.
Thread:
1/
Dazu gehört 1) Anti-Elitismus. Zu den sog Eliten werden auch Expertinnen & Wissenschaftler gezählt. Sie stehen in der populistischen Mentalität unter Verdacht, korrupt zu sein & den Willen des „Volkes“ zu hintergehen. Wissenschaftl. Erkenntnissen wird grundlegend misstraut
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(die SVP verbreitete, Wissenschaft wäre "links-grüne Ideologie", bis 2015 wurde Klimawandel im Parteiprogramm geleugnet, man zitierte Bücher des verschwörungsorientierten Kopp-Verlag, etwa "Rote Lügen in grünem Gewand: Der kommunistische Hintergrund der Öko-Bewegung")
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40 Prozent der Frauen geben an, Sexismus in ihrem Alltag nicht so schlimm zu finden. Wie kommt es dazu?
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Gemäss Studie „Sexismus im Alltag“ (2020) gibt es einen Schutzmechanismus, sich von Übergriffen und Angriffen auf die sexuelle Selbstbestimmtheit und Würde nicht betreffen zu lassen. Der Mechanismus besteht darin, sexistischen Übergriffen Harmlosigkeit zuzuschreiben
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Frauen beschreiben, dass sie in übergriffigen Situationen zwar besser offensiv auf Kommentare oder Angriffe reagieren sollten, aber oft darauf verzichten, weil sie zu überrascht sind, sich dem Angreifer oder der Männergruppe körperlich unterlegen und ohnmächtig fühlen
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Gemäss Milieuforschung lehnen Männer in höheren Führungspositionen die #MeToo-Bewegung am meisten ab. Ferner haben sie im Vgl zu anderen die grösste Abwehr gegenüber der gesellschaftlichen Relevanz des Themas Sexismus.
Thread zur Studie „Sexismus im Alltag“ (2020): 1/
Die befragten Männer sind in Führungspositionen, haben 1 akademische Ausbildung in Betriebswirtschaft,Medizin,Jura, Chemie, Ingenieurswissenschaft usw. & verstehen sich als Leistungselite. Ausgeprägt sind Erfolgsethik, Machbarkeitsdenken, Exklusivitätsansprüche & Distinktion 2/
Männer aus diesem Milieu glauben, aufgrund ihrer hohen Bildung den eigentlichen Kern d Sexismusdebatte zu kennen & entlarvt zu haben. Die Befragten betonen, dass sie selbst progressiv, liberal und modern sind und gerade daher Sexismusdebatten ablehnen. 3/