Thread by @maewald

#btw21 Was nun? Lose Gedanken, andere Meinungen willkommen.

1. Die Werte Union hat Maaßen nicht im Bundestag platzieren können. Das ist ein erheblicher Dämpfer. Ob und wie der Rechtsruck in der Union weiter geht, wird man sehen.

2. Wenn Laschet länger sondiert, wird er sich Gedanken machen müssen, ob er denn Fraktionsvorsitz der Unionsfraktion anstrebt. Während der Sondierungen könnte die einzige Möglichkeit für ihn sein, das zu sichern - und seine Rolle als Oppositionsführer festzurren.

3. Viele - auch ich - haben geschrieben, dass die Union keine Inhalte durchsetzen will und deshalb Grün-Gelb mehr bieten kann. Allerdings wird die CSU da anderer Auffassung sein, sie bzw Söder hätte nämlich sehr viel von der Opposition im Bund.

4. Grün-Gelb wird versuchen, sich zuerst einig zu werden und dann mit anderen zu sprechen. 2017 hat Merkel beide gegeneinander ausgespielt. Das wollen sie nicht nochmal.

5. Die SPD kann sich nicht richtig freuen, denn sie hat letztendlich eine sehr schwache Position, da die Linke so schwach ist. Keine linke Mehrheit im Bundestag heißt, dass kein Druckmittel Richtung FDP besteht. Die FDP profitiert vom Linken-Ergebnis am meisten.

6. Friedrich Merz ist im Bundestag eingezogen. Er wird weiterhin täglich Ambitionen frühstücken, deshalb wird ein möglicher Fraktionsvorsitz auch für ihn im Mittelpunkt stehen.

7. Paul Zimiak hat eine veritable Aufholjagd mit extrem schwieriger Ausgangslage organisiert. Wie sich das in politische Macht umsetzt, wird sich zeigen.

8. Wenn Laschet nicht erfolgreich sondiert und den Fraktionsvorsitz nicht erringt, wird die CDU einen neuen Vorsitzenden wählen. Wer auch immer dann den Fraktionsvorsitz inne hat, wird auch den Parteivorsitz für sich beanspruchen.

9. Olaf Scholz hat einen kohärenten Wahlkampf mit maximaler Geschlossenheit der Genossen geführt. Jetzt muss er zeigen, dass er auch mit unerwartet hakeligen Sondierungen Geschlossenheit wahren kann. Kann er das, wird er Kanzler.

10. Der Streitpunkt zwischen Grünen und FDP wird das Finanzministerium sein. Ein Klimaministerium und ein Digitalministerium könnten als Verhandlungsmasse neu entstehen. Die Ära der Querschnitts-Ministerien könnte beginnen - weg von Ressort-Ministerien.

11. Ein Green New Deal, der massiv staatlich in Klimaschutz investiert und dabei signifikant mit Steuer-Gutschriften arbeitet könnte die Fiskalpolitik der FDP und die Klimapolitik der Grünen vereinen.

12. Ich freue mich persönlich, dass der katholikale Nathanael Liminski wohl nicht im Kanzleramt landet. Gleichzeitig könnte das Verglühen von Laschets Stern Liminskis Solo-Karriere starten. Ohne Armin-Ballast wird er seine Talente viel wirksamer einsetzen können.

13. Ein sicheres Zeichen dafür, dass Laschet selbst nicht an eine erfolgreiche Sondierung glaubt, wäre:

Er versucht sich den Faktionsvorsitz warm zu halten. Den braucht er aber nur in der Opposition, denn als Kanzler könnte er das ja gar nicht sein.

14. Der Unterschied zwischen Ressort-Ministerien und Querschnitts-Ministerien wäre meiner Meinung nach der wie folgt. Wäre gespannt über andere Definitionen und Vorschläge!

https://twitter.com/maewald/status/1442413811810639872?s=20

Und wird dieser Eindruck bereits bestätigt.

15. In vielen Regionen Ostdeutschlands sehen viele Wählerinnen und Wähler ihre Interessen durch die AfD am besten vertreten. Viele davon haben ökonomisch eigentlich linke Interessen, sind aber gesellschaftlich nicht progressiv. Diese Lücke müsste die Linkspartei füllen.

16. Wählerwanderungen zeigen klar:

▸ AfD und Union: Keine nennenswerten Wanderungen.
▸ AfD und FDP: Ebenso.
▸ Union verliert wesentlich an SPD, FDP, Grüne und die Bestatter.

17. Laschet schlingert sich Richtung ... Ja, wohin eigentlich? Ich vermute, er muss die Regierungshoffnung aufrecht erhalten, um den Fraktionsvorsitz zu erringen. Schließt auch Vizekanzlerschaft unter Scholz nicht aus. Ich habe das passende Symbol dazu gefunden:

⇝

18. Deutsches Gedicht, vervollständigt nach Gusto:

Der Wahltag lässt sein blaues Band,
flattern durch den Osten.

19.a Nochmal Fraktionsvorsitz: @rbrinkhaus und @arminLaschet reden heute Abend. Die Fraktion stimmt morgen sowieso ab: über den Vorsitz, oder über eine Verschiebung der entsprechenden Wahl. Knickt Brinkhaus ein, ist er schwach und auf Abruf. Knickt Laschet ein, ist er schwach.

19.b Wenn @rbrinkhaus hart bleibt, wird klar: die Wahl zum Fraktionsvorsitzenden ist zukunftsweisend. @n_roettgen bspw. könnte mit der Haltung “Die Fraktion braucht einen Vorsitzenden, der auch Partrivorsitzender werden will“ ebenfalls gute Chancen haben.

19.c Das hieße, dass @ArminLaschet kandidieren müsste, aber die Mehrheit dürfte er derzeit nicht zusammen bekommen. Er muss also heute Abend @rbrinkhaus etwas zusagen, dass dieser nicht ablehnen mag. Aber ohne Regierung gibt es da nicht viel zu verteilen.

Spannend, das alles.

20. Nur ca. 60% aller Wählerinnen und Wähler hat die Partei gewählt, der sie traditionell am nächsten steht. Das ist offenbar insbesondere für die CDU dramatisch gewesen. Quelle: @civey_de

21. Ein großer Knackpunkt für die Gespräche der Grünen und der FDP könnte die Corona-Politik werden: die jeweiligen Wählerinnen und Wähler unterscheiden sich hier sehr deutlich. Aber das wäre mit der CDU und der SPD ungefähr das gleiche Problem.

22. Die Umfragen von Civey zeigen: CDU mit großem Abstand die Verliererin der Wahl - 64% sind dieser Meinung. Über 70% sind sogar der Meinung, dass Laschet zurücktreten sollte.

23. Unter den FDP-Wählerinnen und Wählern wird Jamaika klar bevorzugt, was bei der massiven Wanderung von Union zur FDP nicht verwunderlich ist. In der AfD dominiert hier das “weder noch“ - vermutlich, weil sie Schwarz-Gelb-Blau bevorzugen würden.