"Ökosoziale Steuerreform": Ein großer Wurf? Die wichtigsten Ergebnisse und erste Grafiken und Berechnungen feat. @MattiasMuck @AnnaPixer @jtoelgyes @OliverPicek hier im Thread. ⬇️
CO2-PREIS: Mit 30€/Tonne ab Mitte '22 wird Benzin um 8 Cent/Liter teurer. Haushalte, die mit Gas oder Heizöl heizen, zahlen rund 130 Euro/Jahr mehr. Der Preis ist aber zu gering, um nennenswerte, oder gar: die nötigen Effekte auszulösen.
Mehr als 50 Euro wären zum Einstieg notwendig gewesen. Verteilung über Pro-Kopf-Bonus sinnvoll (wenn auch aktuell überschießend), regionale Komponente beim Klimabonus nimmt Rücksicht auf Verfügbarkeit von Alternativen. Es fehlt aber eine analoge Regelung für die Mieter:innen.
EINKOMMENSTEUER: Die Senkung der Steuersätze der zweiten und dritten Tarifstufe bringt vor allem der oberen Mittelschicht bzw. hohen Einkommen etwas. Mit einem Einkommen von 2.100€ bekommt man EUR 137 pro Jahr mehr. Ab 6.000€ sind es dagegen jährlich EUR 1.230 mehr.
Das spiegelt sich auch in der Verteilungsanalyse wider: Während im ersten Einkommensfünftel (niedrigste Einkommen) niemand von der geplanten Tarifsenkung profitiert, haben fast alle Menschen im obersten Einkommensfünftel nach der Reform mehr Geld zur Verfügung.
Rechnet man bis 2009 zurück, wurde die kalte Progression der letzten 12 Jahre damit immer noch nicht vollständig abgegolten. Auch der Effekt der jetzigen Tarifsenkung wird bereits im Jahr 2026 wieder verpufft sein.
FAMILIENBONUS: Nutzt vor allem höheren Einkommen. In den beiden untersten Einkommensfünfteln kommt so gut wie gar nichts an. Außerdem: problematische Incentives zwischen Männern und Frauen. Erhöhung der Familienbeihilfe wäre bessere Alternative gewesen.
SV-BEITRÄGE: Die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge ist per se eine effektive Maßnahme v.a. für kleine und mittlere Einkommen - ein Ausgleich der Mindereinnahmen für die Sozialversicherung ist aber unbedingt nötig. Es fehlen noch viele Details, die für Bewertung nötig sind.
KÖST-SENKUNG: Von der Senkung der Körperschaftsteuer profitiert nur ein Bruchteil der Unternehmen - sehr gewinnstarke Großunternehmen und deren Eigentümer:innen. Die Senkung kostet 750 Mio. und bringt wenig.
Die andauernde Senkung von Unternehmenssteuern befeuert den internationalen Steuerwettbewerb. Umso absurder, weil Österreich während der Pandemie im internationalen Vergleich den Unternehmen die großzügigsten Unternehmenssubventionen gewährte: 18 Mrd. EUR.
STEUERFREIE MITARBEITER:iNNEN-BETEILIGUNG: Welche Gruppen von Arbeitnehmer:innen werden von ihren Unternehmen mit 3000€/Jahr on top bedacht werden? Da dürften vor allem Besserverdiener wie leitende Angestellte profitieren.
GENDER-PERSPEKTIVE: Von allem, was wir bisher im Detail wissen (Steuersenkung, Familienbonus Plus) profitieren Männer im Schnitt mehr als doppelt so stark wie Frauen. SV-Bonus muss mangels Details unberücksichtigt bleiben.
Männer +576 Euro netto/Jahr.
Frauen +240 Euro netto/Jahr
STEUERSTRUKTUR: Am grundlegenden Problem des Steuersystems, dass Arbeit und Konsum den Löwenanteil des Aufkommens schultern, ändert sich wenig. Gegen Expert:innenrat. Unternehmenssteuern weiter reduziert. Vermögen & -erträge, Erbschaften bleiben unangetastet.
Und hier noch ausführlicher als PDF: momentum-institut.at/system/files/2…

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1 Oct
Die Arbeitslosenzahlen sinken weiter. Das Vorkrisenniveau wurde beinahe schon erreicht – Österreich hat nur noch 4.000 arbeitslose Menschen mehr als vor Corona. Vor einem Monat waren es noch 12.000 mehr. Thread 1/11 Image
Das (beinahe) Erreichen der gleichen Arbeitslosenzahlen wie vor der Krise ist ein erster Schritt, aber auch nicht mehr. Bis zum Ziel der Vollbeschäftigung ist es weit: Im Jahresschnitt 2019 gab es 400.000 Arbeitslose – ein sehr hoher Wert im langjährigen Vergleich. 2/11
Die großen Sprünge wie im Frühjahr gibt es nicht mehr – die Mühen der Ebene sind da. Dennoch erfreulich ist die relativ hohe Zahl der offenen Stellen – der Aufschwung setzt sich fort. Mit einem Abbau der Arbeitslosigkeit ist daher auch in den kommenden Monaten zu rechnen. 3/11
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25 Aug
Während die österreichische Impfkampagne gut angelaufen ist, bremste sie sich über den Sommer ein. Wir hinken dem EU-Schnitt inzwischen hinterher. 4 von 10 Menschen haben hierzulande noch gar keinen Impfschutz. 1/6
Die Impfquote schwankt allerdings stark von Gemeinde zu Gemeinde von 87,5 Prozent zu nur 34 Prozent. Momentum-Ökonom @alexanderwhuber hat sich mittels statistischer Analyse der Gemeinden angeschaut, woran das liegen könnte. 2/6
Um die Impfkampagne anzukurbeln, lohnt sich ein Blick auf Faktoren, die gemeinsam mit einer hohen oder niedrigen Impfquote auftreten. Ca. die Hälfte des Unterschieds der Impfquoten geht mit gesundheitlichen, ökonomischen oder soziologischen Eigenschaften der Gemeinden einher. 3/6
Read 6 tweets
25 Aug
Wie wirkt sich die Einführung eines Mindestlohns auf den Arbeitsmarkt aus? @AnnaPixer zeigt mit dem #PaperderWoche, dass ein Stundenlohn einer gewissen Mindesthöhe signifikante & positive Effekte mit sich bringt – für Betroffene, Einkommensverteilung & Arbeitsmarkt selbst. 1/11
@AnnaPixer C. Dustmann, A. Linder, U. Schönberg (@ucl), M. Umkehrer und P. vom Berge (@iab_news) untersuchen in einer neuen Studie die Folgen der Einführung des Mindestlohns von 8,5€/h in Deutschland im Jahr 2015. Die Maßnahme erreichte vier Mio. Jobs & 15% der arbeitenden Bevölkerung.2/11
@AnnaPixer @ucl @iab_news Im ersten Schritt zeigen die Autor:innen die absoluten & relativen Auswirkungen auf die Betroffenen. Dafür berechnen sie die prozentuale Steigerung des Stundenlohns in Zwei-Jahres-Abständen (also z.B. 2016 vs. 2014; 2015 vs. 2013) für unterschiedliche Einkommensgruppen. 3/11
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12 Aug
Neun von zehn arbeitslosen Menschen müssen in Österreich mit weniger als 1.200 EUR netto im Monat auskommen. Das zeigt eine neue SORA-Studie in unserem Auftrag. Die meisten arbeitslosen Menschen leben an oder unter der Armutsgrenze, die bei 1.328 EUR liegt. 1/6
Bei drei von vier befragten Arbeitslosen reicht das Geld hinten und vorne nicht. Mehr als jeder 2. braucht Ersparnisse auf – sofern vorhanden. Jeder vierte arbeitslose Mensch muss Freunde oder Familie um Geld bitten. 2/6
Die Armutsgefährdung ist unter Arbeitslosen 3,5 mal so hoch wie unter Beschäftigten. Unerwartete Ausgaben sind für 3 von 4 Befragten existenzbedrohend: Sie wären heute nicht in der Lage, Ausgaben in der Höhe von 1.290 Euro zu finanzieren. 3/6
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11 Aug
Die autochthone Bevölkerung hat oft eine falsche und viel zu negative Wahrnehmung über die Migrant:innen im Land. Diese Wahrnehmung beeinflusst auch ihre Einstellungen zu Umverteilung, wie @MattiasMuck im #PaperderWoche erklärt. 1/8
Alberto Alesina, @ArmMiano und @S_Stantcheva untersuchen die Präferenzen der autochthonen Bevölkerung für Umverteilung in Deutschland, Frankreich, Italien, UK, USA und Schweden. Speziell wollen sie testen, ob diese kausal mit dem Thema Migration zusammenhängen. 2/8
Dazu stellen sie (1) einem zufällig ausgewählten Teil der Befragten (bevor es um Umverteilung geht) Fragen zu Migration, (2) ein anderer erhält zuerst neutrale Infos über Migrant:innen im Land, (3) ein weiterer eine positive Anekdote über einen "hart arbeitenden Migranten". 3/8
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31 May
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie sind nach wie vor verheerend. Im ersten Quartal 2021 brach Österreichs Wirtschaft um 5,5% ein, wie die @STATISTIK_AT heute verkündete. Ursprünglich wurde noch mit einem Einbruch von -2,7% gerechnet. 1/8
EU-weit schrumpfte die Wirtschaft im letzten Jahr um 1,7%. Österreich steht damit im europäischen Vergleich wieder äußerst schlecht da. Nur das Vereinigte Königreich schnitt im ersten Quartal 2021 schlechter ab. 2/8
Dabei handelt es sich aber nach wie vor um vorläufige Zahlen. Eurostat wird am 8. Juni die genauen, europaweiten Daten bekanntgeben. 3/8
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