Aus aktuellem Anlass: die Frage, ob Patentrechte während einer Pandemie ausgesetzt werden sollten, hat nichts damit zu tun, ob man für oder gegen Marktwirtschaft bzw. die Pharma-Industrie ist. Selbst die Folgen für Innovationsdynamik können sogar positiv sein.
Ein Thread. 1/17
Innovationsfördernden Aspekten von Patenten wie Investitionsschutz und Offenlegungspflicht stehen auch innovationshemmende gegenüber. Die drei wichtigsten sind (1) Erschwerung rekombinatorischer (Folge-)Innovation, (2) strategisches Patentieren und (3) Patent-Trolle. 2/17
Ad Rekombination: Innovationen bauen aufeinander auf. Klärung von Rechten sowie Kosten für Lizenzierung (sofern überhaupt lizenziert wird) können Innovation stark erschweren, Heller&Eisenberg sprechen hier von Anticommons-Problemen: science.org/doi/abs/10.112… 3/17
Ad strategisches Patentieren: v.a. große, marktführende Unternehmen bauen Patentportfolios als Markteintrittsbarrieren auf (academic.oup.com/oep/article-ab…). Salopp formuliert: die bloße Klagsdrohung eines großen Players ist für kleine, innovative Startups idR existenzbedrohend. 4/17
Bei (prinzipiell fragwürdigen) Softwarepatenten ist strategisches Patentieren eine Bedrohung für freie Software. Mit Open Invention Network (openinventionnetwork.com) gibt es sogar eine eigene Organisation, die gefährliche Patente aufkauft, um kl. Firmen zu schützen. 5/17
Ad Patent-Trolle: mit steigender Patentzahl steigt auch deren missbräuchliche Nutzung durch Firmen, die selbst keine Innovationsziele verfolgen, sondern Patente nur erwerben, um diese durch Lizenzforderungen & Klagen wegen (vermeintlicher) Patentverletzung zu monetarisieren. 6/17
Eine aktuellen Studie (pubsonline.informs.org/doi/abs/10.128…) zu Patent-Trollen ist hier eindeutig: “We find … a real negative impact on innovation at targeted firms: firms substantially reduce their innovative activity after settling”. 7/17
Zwischenfazit: es ist also nicht so, dass Patente per se innovationsfördernd sind, sondern es kommt auf das Schutzniveau, die Technologie(komplexität), die Wettbewerbssituation und vieles weitere mehr an. 8/17
Detail am Rande: die heftigste Kritik an innovationshemmenden Folgen von Patenten kommt von marktradikalen Ökonomen wie Boldrin&Levine, die im bei @CambridgeUP erschienen Buch “Against Intellectual Monopoly” (dklevine.com/general/intell…) die Abschaffung von Patenten fordern. 9/17
Was bedeutet das für die Frage, ob Patentrechte während einer Pandemie ausgesetzt werden sollten? Jedenfalls einmal, dass die Frage sich nicht durch allgemeine Verweise auf die (vermeintlich) innovationsfördernde Wirkung von Patenten entscheiden lässt. 10/17
Maßgeblich ist, welche Folgen Aussetzung bzw. Aufrechterhaltung von Patenten in der akuten Pandemie haben. Auch hier drei Problemkreise: (1) Wirksamkeit der Aussetzung, (2) potenzielle Schwächung innovativer Dynamik (3) Ausnutzen von patentfundierter Marktmacht. 11/17
Ad fehlende Wirksamkeit: dass es im Globalen Süden nicht genügen Kompetenzen für Impfstofferzeugung geben würde, ist ein (tw. gezielt befeuerter) Mythos (qz.com/2013661/big-ph…), das dürfte auch für mRNA-Impfstoffe gelten: coronavirus.medium.com/manufacturing-… 12/17
Ad Schwächung der Innovationsdynamik: schon bislang wurden Innovationsrisiken durch direkte Förderung oder garantierte Abnahmemengen staatlich abgefedert. Auch nach Aussetzen des Patentschutzes würden Pharmafirmen weiterhin gutes Geld mit Impfstoffen verdienen. 13/17
Umgekehrt ließe sich argumentieren, dass ein weitreichendes Aussetzen des Patentschutzes den Einstieg in die (Weiter-)Entwicklung von Impfstoffen und so rekombinatorische Innovation erleichtert. Für Innovationsdruck sorgt das Andauern der Pandemie schon von alleine. 14/17
Ad Ausnutzen patentfundierter Marktmacht: spätestens seit den geleakten Lieferverträgen, die Ländern wie Brasilien verbieten, ungenutzte Impfdosen zu spenden oder selbst gespendete Impfdosen anzunehmen, ist klar, dass wir hier ein Problem haben:
Fazit: Innovations- und Zeitdruck sind in einer globalen Pandemie sehr hoch. Sowohl für Produktion vorhandener als auch für Entwicklung neuer, auf diesen aufbauenden Impfstoffen kann (zu starker) Patentschutz von Nachteil sein. 16/
Natürlich stemmen sich Patentinhaber mit aller Macht gegen ein Aussetzen. Gleichzeitig wären Hauptprofiteure ebenfalls Pharma-Unternehmen - und potenziell wir alle. Gibt es eine Garantie, dass das klappt? Natürlich nicht. Ist es einen Versuch wert? Ich würde sagen ja. 17/17
Es gibt keine völlig unabhängige Medien. Was es aber durchaus gibt, sind unterschiedliche Typen von Abhängigkeiten. Gleiche Formen der Abhängigkeit bedeuten aber noch lange nicht gleiche Qualität. Am Ende zählt, wie Medien mit ihren jeweiligen Abhängigkeiten umgehen.
#1 Primär via Werbung finanzierte, private Medien (z.B. Gratiszeitungen). Abhängigkeit besteht vor allem von großen Werbekunden, in Ö damit auch von Bundes- und Landesregierung(en). Private Eigentümer beeinflussen durch Personalauswahl die politische Ausrichtung.
WU-Kollege Ulrich Berger (@VARulle) fordert „mehr Wirtschaftsbildung“ und stellt die Frage: „Sie glauben also nicht, dass MAN in der Realität Gewinnmaximierung betreibt?“(
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit: Nein.
Ein BWL-Thread.
Wie ich meiner BWL-Einführungsvorlesung betone, arbeiten Unternehmen in der Praxis mit verschiedenen Zieldimensionen. „Gewinnmaximierung“ fällt dabei in die Kategorie „unbegrenzte“ Ziele.
Problem unbegrenzter Ziele: es ist unmöglich zu wissen, ob sie erreicht werden.
Mehr noch, selbst im Nachhinein bleibt unklar, ob der Gewinn maximiert wurde. Auch im Rückblick hätten einzelne Entscheidungen vlt. zu noch höherem Gewinn führen können. Ganz abgesehen davon, dass kurzfristige Gewinnsteigerung langfristig von Nachteil sein kann und umgekehrt.
Wie gut @janboehm & sein Team vom ZDF Magazin Royale im Vergleich zu den Kollegen der @heuteshow sind, lässt sich seit dem Wechsel von @ZDFneo ins @ZDF Hauptprogramm dort jeden Freitag unmittelbar beobachten.
Ein vergleichender Thread in fünf Punkten.
#1 Good Copy vs. Bad Copy: beide, Heute Show und #ZDFmagazin Royal sind tw. Kopien von US-Vorbildern. Die Heute Show ist eine wöchentliche Variante der @TheDailyShow. Das ZDF Magazin Royal entspricht in seiner aktuellen form John Olivers @LastWeekTonight.
Problem bei der @heuteshow ist ein fundamentaler Kopierfehler: sowohl unter @jonstewart als auch @Trevornoah hat(te) @TheDailyShow klare, progressive Haltung. Plumper Sexismus und politisches Nullgrupplertum, wie er in der @heuteshow üblich ist, gibt es dort kaum.
#1 Weil Schüler:innen den Umgang mit einer Online-Enzyklopädie lernen, auf die sie nach der Schule keinen Zugriff mehr haben.
Wichtig wäre deshalb, den reflektierten Umgang mit Wikipedia & Co zu lernen.
#2 Weil es die in der Aussendung versprochenen, „vor allem objektiven“ Inhalte nicht gibt. In der schulischen Auseinandersetzung mit Wikipedia würde genau das erlernt, weil sich an Hand der Wikipedia zeigen lässt, wie Wissen diskursiv hergestellt wird.
Österreich (das Land) ist Mitten im dritten Lockdown wegen #Covid19.
Österreich (die Zeitung) veröffentlicht eine ganzseitige "entgeltliche Einschaltung" voller Desinformation von Corona-Leugnern.
Die Anzeige liefert ein Worst-of des Corona-Leugnens: Masken seien "nutzlos und gesundheits-schädlich", v.a für Schulkinder, PCR-Tests seien nicht "validiert" etc.
@Oe24at schreibt drüber: "Inhaltliche Verantwortung liegt beim ACU-Austria"
Beim Inserat in @Oe24at wurde der Inhalt ganz offensichtlich geprüft - und versucht die "Verantwortung" für den Inhalt abzuwälzen.
Genau denselben Ansatz hat offenbar auch der @KURIERat verfolgt:
Im folgenden der Versuch einer Erklärung, warum Österreichs Regierung im Allgemeinen und Kanzler Kurz im Besonderen gerade kolossal an der Bekämpfung der Pandemie scheitert. Eine These. Ein Thread.
Beim 1. #Lockdown wurde @sebastiankurz noch allseits dafür gelobt, was er am besten kann: Kommunikation. Selbst Kritiker:innen der 'Message Control’ sahen in ihr ein legitimes Mittel zum Zweck der Pandemiebekämpfung (Damals schon kritisch @KappacherS: gehoertgebloggt.com/2020/03/15/vor…).
Für die Wirksamkeit des 1. #Lockdown kam es auch nur genau darauf an, den News Cycle zu dominieren und effektiv die Menschen zum "Social Distancing" zu bewegen. Was auch gelang. Österreich konnte Todeszahlen wie im benachbarten Italien vermeiden.