Es gibt keine völlig unabhängige Medien. Was es aber durchaus gibt, sind unterschiedliche Typen von Abhängigkeiten. Gleiche Formen der Abhängigkeit bedeuten aber noch lange nicht gleiche Qualität. Am Ende zählt, wie Medien mit ihren jeweiligen Abhängigkeiten umgehen.
#1 Primär via Werbung finanzierte, private Medien (z.B. Gratiszeitungen). Abhängigkeit besteht vor allem von großen Werbekunden, in Ö damit auch von Bundes- und Landesregierung(en). Private Eigentümer beeinflussen durch Personalauswahl die politische Ausrichtung.
In Ö zeigt Vergleich von @oe24at & @Heute_at wie unterschiedlich werbefinanzierte, private Medien im selben Segment (Boulevard) hinsichtlich Menschenfeindlichkeit, Kampagnenjournalismus & Trennung Redaktion/Werbung sein können. Letzteres fällt sehr schwer:
Bei Mischfinanzierung Werbung/Abos privater Medien (z.B. Magazine) hatten vor der digitalen Disruption Abos jahrelang ggü. Inseraten an Bedeutung verloren, entsprechend ähnlich die Situation zu rein werbefinanzierten Medien. Teilweise ändert sich das gerade (z.B. @nytimes).
Bei primär werbefinanzierten Medien legt Reichweitenfokus eine gewisse Orientierung an (gefühlten) Mehrheitsmeinungen nahe. Das kann problematisch für (gefühlte) Minderheitsinteressen sein, setzt (politischen) Eigentümerinteressen aber zumindest gewisse Grenzen.
Klarerweise macht es bei privaten, primär werbefinanzierten Medien einen großen Unterschied, wer der Eigentümer ist. In Österreich sind das vor allem vermögende Familien (z.B. @nachrichten, @oe24at, @krone_at, @tt_com,...), die Kirche (@kleinezeitung) oder Raiffeisen (@KURIERat).
#2 Primär von privaten Mäzenen finanzierte Medien (z.B. Mateschitz-Medien). Abhängig von Launen & Vorlieben des Mäzens. Verliert dieser Interesse (z.B. @addendum) oder findet Betriebsrat doof (z.B. @ServusTV_News, kurier.at/kultur/knallef…), ist so ein Medium schnell Geschichte.
Auch hier gilt, dass die konkrete Gestaltung der Mäzen-Finanzierung einen Unterschied macht. Die Mäzenaten-Gründung @propublica (de.wikipedia.org/wiki/ProPublica) erhält inzwischen Geld von mehreren Stiftungen und ist weniger abhängig von den Interessen/Launen eines einzelnen Mäzens.
#3 Primär über Rundfunkbeiträge finanzierte, öffentlich-rechtliche Medien (z.B. @orf, @zdf). Abhängig von Politik in doppelter Hinsicht. Erstens über Auftrag, Organisation und Entscheidung über Finanzierung. Zweitens über Aufsicht auf Personalentscheidungen.
Wieder gilt, dass die konkrete Ausgestaltung der Finanzierung (z.B. über Steuern aus dem Budget oder Rundfunkbeiträge) sowie der Aufsicht (Bestellungsmodus, Rundfunksföderalismus) einen großen Einfluss darauf hat, wie staatsfern öffentlich-rechtliche Medien sind.
In Österreich wechselt beispielsweise die Mehrheit im @orf Stiftungsrat regelmäßig mit der Mehrheit im Nationalrat. In Deutschland hat der Ausgang der Bundestagswahl kaum Einfluss auf die Zusammensetzung des @ZDF#Fernsehrat (dessen Mitglied ich bin).
#4 Primär über Abos finanzierte, private Medien. Mit Rückgang von Werbeerlösen gewinnen Abonnements wieder an Bedeutung, sowohl bei General-Interest-Medien mit hoher Reputation (z.B. @nytimes) als auch bei Nischen- und Special-Interest-Medien (z.B. @stratechery, @uebermedien).
Abhängigkeit bei abofinanzierten Medien besteht gegenüber den Abonennt:innen, idR beschränkt eine Paywall die Reichweite. Hinsichtlich des Eigentümereinflusses ist die Situation ähnlich wie bei primär werbefinanzierten Medien.
#5 Primär über Spenden/Mitgliedschaften finanzierte, privat-gemeinnützige Medien (z.B. @netzpolitik_org). Abhängigkeit ggü. Spender:innen, ähnlich wie Abo-finanzierten Medien von Abonennt:innen. Vorteil ist möglicher Verzicht auf Paywalls & damit potenziell größere Reichweite.
Allerdings gibt es nur wenige Medien, die für "rein" journalistische Arbeit genug Spenden bekommen (z.B. @dossier_). Ansonsten werden Spenden meist aus politischen Motiven gegeben, die wiederum bedient werden (müssen).
Jedenfalls gibt es bei spendenfinanzierten Medien einen Bias hinsichtlich solcher Gruppen, die ökonomisch und sozial spendenbereit(er) sind.
#6 Primär von Parteien finanzierte Medien. Die Selbstbezeichnung von Medien als "unabhängig" galt/gilt vor allem in Abgrenzung zu diesen Medien. Nach dem Niedergang von Parteizeitungen in den 1980er Jahren gibt es derzeit eine digitale Renaissance (vgl. derstandard.at/story/20001272…).
In Ö waren es FPÖ (#FPÖTV) & SPÖ (@Kontrast_at), die mit neuen Online-Medien relevante Reichweiten erzielt haben, inzwischen auch die ÖVP (@ZurSache_At). Dabei agieren Parteimedien sehr unterschiedlich, vgl. @ThomasWalach vom Ex-Parteimedium @RedaktionZack
Kritischen Journalismus über die jeweils eigene Partei liefern Parteimedien aber naturgemäß keinen.
Wobei kritische Berichterstattung über die eigenen Eigentümer:innen für alle Medien schwierig ist.
#7 Schließlich gibt es primär von Unternehmen finanzierte (Corporate) Medien (z.B. #RedBulletin). Im Unterschied zu Mäzenatenmedien steht hier der Werbewert und Imagegewinn klar im Vordergrund.
Gleichzeitig wird auch im Corporate Media zunehmend mit Newsroom-Konzepten orientiert an journalistischen (Mindest-)Standards gearbeitet (derstandard.at/story/20001269…). Bestimmte Themen bekommen dort mehr Raum, als in anderen Medienangeboten.
Fazit: wenn es keine völlig unabhängigen Medien gibt, dann haben wir es im Idealfall mit einer Medienlandschaft zu tun, in der nicht einzelne Formen der Abhängigkeit dominieren, sondern in der sich verschiedene Formen von Abhängigkeit wechselseitig kontrollieren.
Es geht also nicht darum, eine spezifische Form von Medien(abhängigkeit) per se zu ächten, sondern konkrete Medien an ihrer publizistischen Arbeit sowie ihrem konkreten Umgang mit ihren jeweiligen Abhängigkeiten hinsichtlich Finanzierung, Publikum und Eigentümer zu messen. /end
WU-Kollege Ulrich Berger (@VARulle) fordert „mehr Wirtschaftsbildung“ und stellt die Frage: „Sie glauben also nicht, dass MAN in der Realität Gewinnmaximierung betreibt?“(
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit: Nein.
Ein BWL-Thread.
Wie ich meiner BWL-Einführungsvorlesung betone, arbeiten Unternehmen in der Praxis mit verschiedenen Zieldimensionen. „Gewinnmaximierung“ fällt dabei in die Kategorie „unbegrenzte“ Ziele.
Problem unbegrenzter Ziele: es ist unmöglich zu wissen, ob sie erreicht werden.
Mehr noch, selbst im Nachhinein bleibt unklar, ob der Gewinn maximiert wurde. Auch im Rückblick hätten einzelne Entscheidungen vlt. zu noch höherem Gewinn führen können. Ganz abgesehen davon, dass kurzfristige Gewinnsteigerung langfristig von Nachteil sein kann und umgekehrt.
Wie gut @janboehm & sein Team vom ZDF Magazin Royale im Vergleich zu den Kollegen der @heuteshow sind, lässt sich seit dem Wechsel von @ZDFneo ins @ZDF Hauptprogramm dort jeden Freitag unmittelbar beobachten.
Ein vergleichender Thread in fünf Punkten.
#1 Good Copy vs. Bad Copy: beide, Heute Show und #ZDFmagazin Royal sind tw. Kopien von US-Vorbildern. Die Heute Show ist eine wöchentliche Variante der @TheDailyShow. Das ZDF Magazin Royal entspricht in seiner aktuellen form John Olivers @LastWeekTonight.
Problem bei der @heuteshow ist ein fundamentaler Kopierfehler: sowohl unter @jonstewart als auch @Trevornoah hat(te) @TheDailyShow klare, progressive Haltung. Plumper Sexismus und politisches Nullgrupplertum, wie er in der @heuteshow üblich ist, gibt es dort kaum.
#1 Weil Schüler:innen den Umgang mit einer Online-Enzyklopädie lernen, auf die sie nach der Schule keinen Zugriff mehr haben.
Wichtig wäre deshalb, den reflektierten Umgang mit Wikipedia & Co zu lernen.
#2 Weil es die in der Aussendung versprochenen, „vor allem objektiven“ Inhalte nicht gibt. In der schulischen Auseinandersetzung mit Wikipedia würde genau das erlernt, weil sich an Hand der Wikipedia zeigen lässt, wie Wissen diskursiv hergestellt wird.
Österreich (das Land) ist Mitten im dritten Lockdown wegen #Covid19.
Österreich (die Zeitung) veröffentlicht eine ganzseitige "entgeltliche Einschaltung" voller Desinformation von Corona-Leugnern.
Die Anzeige liefert ein Worst-of des Corona-Leugnens: Masken seien "nutzlos und gesundheits-schädlich", v.a für Schulkinder, PCR-Tests seien nicht "validiert" etc.
@Oe24at schreibt drüber: "Inhaltliche Verantwortung liegt beim ACU-Austria"
Beim Inserat in @Oe24at wurde der Inhalt ganz offensichtlich geprüft - und versucht die "Verantwortung" für den Inhalt abzuwälzen.
Genau denselben Ansatz hat offenbar auch der @KURIERat verfolgt:
Im folgenden der Versuch einer Erklärung, warum Österreichs Regierung im Allgemeinen und Kanzler Kurz im Besonderen gerade kolossal an der Bekämpfung der Pandemie scheitert. Eine These. Ein Thread.
Beim 1. #Lockdown wurde @sebastiankurz noch allseits dafür gelobt, was er am besten kann: Kommunikation. Selbst Kritiker:innen der 'Message Control’ sahen in ihr ein legitimes Mittel zum Zweck der Pandemiebekämpfung (Damals schon kritisch @KappacherS: gehoertgebloggt.com/2020/03/15/vor…).
Für die Wirksamkeit des 1. #Lockdown kam es auch nur genau darauf an, den News Cycle zu dominieren und effektiv die Menschen zum "Social Distancing" zu bewegen. Was auch gelang. Österreich konnte Todeszahlen wie im benachbarten Italien vermeiden.
Österreichs Immo-Milliardär René Benko plant laut Bloomberg (@business) eine um ein Drittel höhere Dividendenausschüttung für das Jahr 2019, zahlbar noch vor Ende dieses Jahres: bloomberg.com/news/articles/… 1/12
Ohne größere Teile des Immobilienportfolios zu verkaufen, schüttet Benkos „Signa Prime Selection AG“ in Corona-Zeiten über 200 Millionen Dividenden aus. Auf Basis von „Aufwertung“ (mittels Gutachten) und „Refinanzierung“ (neuen Krediten). Aber wie funktioniert das genau? 2/12
Eigentlich hätte Benkos Firma 2019 einen Verlust von € 95 Millionen gemacht. Auf Basis von Neubegutachtungen wurde aber der Immobilienbestand der Firma um € 933 Millionen höher bewertet. So wurde aus dem Minus ein Gewinn von € 838 Millionen: manager-magazin.de/finanzen/rene-… 3/12