Aus Anlass des unten nochmals wiedergegebenen Zitates wollen wir uns hier etwas ausführlicher mit einer besonders unbeliebten Gattung Mensch befassen: dem Schlauberger, auch Besserwisser genannt. Los geht's. 1/
Auf meinen ersten Post dieses Zitats kam prompt der Einwand, dieses Zitat wäre doch nicht aktuell. Nur am Rande: Es ist. Ich glaube auch, der Einwand war nicht ganz ernst gemeint, aber wäre er ernst gemeint gewesen, wäre das astreine Schlaumeierei gewesen.
Schlaumeierei im Sinne von: Keine Ahnung von der Sache, aber einfach mal gegenanreden, irgendeinen Fehler wird der Vorredner schon gemacht haben. Diese Art der Schlaumeierei kommt allzu häufig vor und man könnte gar meinen, sie hätte auf Twitter ihren Hauptsitz. Aber:
Das ist gar nicht das, was Herr Buchholz mit seiner Bezeichnung gemeint hat. Der bezieht sich in seiner Aussage nämlich auf Menschen, von denen sich im Nachhinein herausgestellt hat, dass sie im Vorhinein Recht hatten. Besserwisser im besten Sinn des Wortes also.
Das sollte uns eigentlich Anlass sein, voller Wertschätzung für diese Menschen zu sein, und ihnen das nächste Mal eher zuzuhören und mehr Glauben zu schenken. Herr Buchholz stattdessen diffamiert diese Menschen als "Schlauberger". Da fragt man sich, warum er das tut.
Ich habe da eine Vermutung: Diese Äußerung ist Ausdruck einer Geisteshaltung, die in einer hochkomplexen Welt brandgefährlich ist. Es ist offene Intelligenzfeindlichkeit. Es ist der trotzige Hinweis darauf, dass man doch nicht wissen konnte, was andere eben doch gewusst haben.
Lieber alle tot, als selbst einmal zugegeben haben, dass andere klüger waren als man selbst. Dieses Phänomen steht am Anfang jedes ordentlichen Katastrophenfilms: Menschen, die aus Dummheit oder Berechnung die Realität verweigern und damit der Katastrophe Tür und Tor öffnen.
Sie erkennen diese Menschen daran, dass sie beschwichtigen, anstatt Argumenten eigene Argumente entgegen zu setzen. Dass sie sich über Warnungen lustig machen, anstatt sich mit ihnen auseinander zusetzen, und dazu auffordern, lieber Spinnern zuzuhören als Wissenschaftlern.
Dagegen gibt es eine Lösung: Wer Wissen derart verunglimpft, darf nicht mehr in politisch verantwortliche Positionen gelangen, sonst wird es hier bald sehr, sehr ungemütlich werden. Soweit von hieraus. @RAinBraun, übernehmen Sie!
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Wegen der großen Nachfrage hier noch ein Nachtrag zur #FloskelDesJahres: #Eigenverantwortung ist die Bereitschaft (subjektiv) und die Pflicht (objektiv) für das eigene Verhalten (Tun oder Unterlassen) Verantwortung zu übernehmen. 1/10
In einem demokratischen Rechtsstaat mit unabhängigen und freien Rechtssubjekten ist Eigenverantwortung inhärent. Es gibt keinen Führer und auch keinen verantwortlichen Geschäftsführer. Wer also sollte Verantwortung für das eigene Tun übernehmen, wenn nicht jeder selbst? 2/10
Deshalb ist das Wort #Eigenverantwortung in diesem Umfeld zunächst inhaltslos. Umso erstaunlicher ist es, dass gerade Menschen, die sich selbst als "liberal" bezeichnen, den Begriff zu einem Prinzip erheben, dessen Inhalt sie in der Regel selbst nicht benennen können. 3/10
Auch wenn es so aussieht: Das, was die BILD macht, ist nicht einfach nur gaga. Es ist auch nicht direkt politisch, es ist gewinnorientiert. Um die BILD-Zeitung zu verstehen, muss man sich zunächst das Folgende klarmachen:
Die BILD schreibt nicht für alle. Sie hat nichts dagegen, wenn alle sie lesen, aber was sie schreibt, schreibt sie für einen "idealen" Konsumenten. Diese Konsument ist männlich, heterosexuell, hellhäutig, unterdurchschnittlich gebildet und überdurchschnittlich konservativ.
Dieser Konsument fährt gerne und schnell Auto und verachtet alle, die Fahrräder oder gar den ÖPNV benutzen. Er nennt das Freiheit und Individualität. Er grillt leidenschaftlich gerne, aber natürlich nur Fleisch. Viel Fleisch. Er betont dabei, dass er "ja kein Kaninchen" sei.
Wo er nun ja doch CDU-Vorsitzender geworden ist und die CDU ja immer noch gewisse Bedeutung hat, habe ich mir noch mal die Positionen von Friedrich Merz angeguckt. Begleiten Sie mich also auf einer kurzen Fahrt auf der Geisterbahn irrlichternder Überzeugungen von vorgestern. 1/
Im Jahr 2008 hielt Friedrich Merz die Hartz-IV-Sätze für zu hoch, EUR 132,00 (statt EUR 351,00) wären seiner Meinung nach ausreichend. Den anderen Parteien warf er vor, den Eindruck vermitteln zu wollen, "Sozialismus sei eigentlich eine gute Sache". 2/ maz-online.de/Nachrichten/Po…
Im Jahr 2000 brachte Friedrich Merz mit als erster Politiker die Forderung nach einer "deutschen Leitkultur" in die Politik ein, sprach sich gegen Zuwanderung aus und bezog sich dabei auf Theo Sommer von der "Zeit", der diese Referenz prompt zurückwies. 3/ de.wikipedia.org/wiki/Leitkultu…
Man könnte es sich einfach machen und darüber lästern, dass Tino Chrupalla von § 2 GG redet (1:17) oder "verursachen" sagt, wo er "verantworten" meint (1:34). Wirklich schlimm hingegen sind die Aussagen, die zwischen seinen gestammelten Zeilen liegen. zdf.de/nachrichten/zd…
So sieht er z. B. darin, dass bei einer Impfquote von 70% immer noch Menschen erkranken, einen Beleg für die Wirkungslosigkeit der Impfung und wirft Olaf Scholz vor, seinetwegen fänden in Betrieben jetzt "getrennte Weihnachtsfeiern" statt.
Mit "getrennten Weihnachtsfeiern" meint er möglicherweise, dass einige Leute Weihnachtsfeiern
entgegen der gesetzlichen Vorgaben abhalten und andere sich daher weigern, daran teilzunehmen.
In der gestrigen Ausgabe von #hartaberfair zeigte sich am Beispiel der Philosophin SF, dass selbst ansonsten intelligente Menschen nicht in der Lage zu sein scheinen, „Freiheit“ in einer Gesellschaft zu denken. Freiheit ist für sie der kindische Wille des Einzelnen. 1/
In diesem Sinne frei war Robinson Crusoe auf seiner Insel. Der konnte da tun, wie es ihm beliebte. Der brauchte auf niemanden Rücksicht zu nehmen und konnte aufbleiben, solange er wollte. Komischerweise fühlte er sich gerade auf der Insel wie ein Gefangener. 2/
Normalerweise leben Menschen aber in Gemeinschaften, „der Gesellschaft“. Obwohl einige Neoliberale selbst das leugnen („There is no such thing as Society“, Margaret Thatcher). In einer Gesellschaft lässt sich Freiheit aber nur auf zwei Arten denken: 3/
Anlässlich des bezeichnenden Falles von Armin Laschet hier einige Gedanken zum Stand der Demokratie in Deutschland: Denn das Politikverständnis des Armin Laschet hat mit Demokratie im eigentlichen Sinne nicht viel gemein. Das erklärt auch sein aktuelles Verhalten recht gut. 1/
Demokratie ist gedacht als Wettkampf der unterschiedlichen Ideen, wie man die Gesellschaft gestalten sollte. Verschiedene Bewerber präsentieren ihre jeweiligen Ideen, von denen sie meinen, sie könnten der Gesellschaft nutzen, und die Gesellschaft entscheidet dann. 2/
Das ist nicht die Vorstellung des Armin Laschet. Die einzige Idee, die Armin Laschet präsentiert, ist er selbst. Er wirkt dabei eher wie ein Feudalherr, der an seinem Fürstenhof herrscht und seine Untertanen gut behandelt, solange niemand (m/w/d) ihn in Frage stellt. 3/