Thread by @zineworkshop

Kein (c)

Deutsches Kolonialgebäck "Kameruner"*, 2020

* Solche Krapfen wurden in Kamerun, 1884 bis 1919 deutsche Kolonie, als "Kameruner", für deutsche Soldaten gebacken. Nach dem "imperialen" Prinzip der Ausbeutung und der Realisierung von Warenwert

wurde der restfeudale und relativ spät entwickelte deutsche Kapitalismus von Bismarck top down kolonialisiert. Das gezuckerte Fettgebäck wird von diversen Bäckereiketten bis heute unter dieser Bezeichnung verkauft, in Nordhessen von "Schwälmer Brotladen". Siehe

dhm . de /lemo/kapitel/kaiserreich/aussenpolitik/die-deutsche-kolonie-kamerun.html.

Die historisch abgefälschte Erinnerung kann frau so als eine kulinarische Markierung lesen, wie sen "Negerkuss" oder "Mohrenkopf", den "Bismarckhering". Die deutsche Kolonialgeschichte, eine der Unterdrückung und des Extraprofits, wird unerkannt fortgeschrieben - und das essbar.

Selbst wenn die Bezeichnung nicht auf eine Installation des Gebäcks in der sog. Wilhelminischen Phase in der Hochzeit der kolonialen Ausbeutung von Rohstoffquellen und menschlicher Arbeitskraft zurückginge, ist die Assoziation gegeben, sie ist "eingeschrieben" in eine

geschichtlich aufbewahrende Praxis-Form, die aber unbewusst reproduziert, was sie nicht ausspricht. Dieses alltägliche Beispiel kann hier vertextet zeigen, dass die Geschichte der Kolonialisierung Teil der Historie des Kapitalismus ist. Die Artefakte verweisen nie selbst

auf die mit ihnen disjunkt (verbindend und trennend, d.h. beziehend) relationierte Historie. Symbolik, Signifikation und Codes (alles theoretisch-analytische Termini), die Semiotik <Verständnis von Zeichen> kommt einem Tun, das unbewusst ist gleich; es ist sichtbar (schmeckbar),

aber, klassisch psychoanalytisch oder klassisch idealistisch) zuerst nur latent zu umreissen, nicht erkannt.

Erkennen und Wissen, Erinnern am Wissen, ist darum besonders hier, aber allgemein auch, eine Sache der Wahrnehmung. Darum kann nur eine aus Kunst herausgelöste Ästhetik, diese zwecklos an sich gestellte Kunst in die Wahrnehmungsproblematik zurückbringen.

Darum ist Ästhetik politisch. Mit Hegel: "Das Verhalten des Bewußtseinst (...) ist also so beschaffen, daß es nicht mehr bloß wahrnimmt, sondern auch seiner Reflexion-in-sich bewußt ist und

diese von der einfachen Auffassung selbst abtrennt." (_Phänomenologie des Geistes_ , "II. Die Wahrnehmung oder das Ding und die Täuschung")

@threadreaderapp unroll