Nein, wir müssen uns nicht zwischen zwei falschen Optionen entscheiden. Das „Du bist entweder für uns oder gegen uns!“, welches jetzt durch Politik und Medien geht, ist die Logik imperialistischer Kriege, die mit Leben & Wohlergehen der breiten Masse bezahlt werden. (Thread)
Ja, die russische Regierung ist rechts-national, repressiv und hat imperiale Machtansprüche. Sie hat zuletzt entscheidend mitgeholfen Bewegungen in Weißrussland und in Kasachstan niederzuschlagen.
Ja, es ist nicht zu gering zu schätzen, dass in der EU bzw. „im Westen“ formell Demokratie und Menschenrechte gelten und es einen entsprechenden Rechtschutz gibt. Aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser Block ebenso imperiale Interessen verfolgt:
"Der Westen" hat Gorbatschow bzw. Jelzin versprochen die NATO nicht weiter nach Osten zu erweitern. Ein Versprechen das nicht gehalten wurde.
Als sich der damalige demokratisch gewählte Präsident der #Ukraine, Viktor Janukowitsch, 2014 für eine Zollunion mit Russland und damit gegen die Orientierung auf einen EU-Beitritt der Ukraine entschied, intervenierte „der Westen“:
Er förderte den gewaltsamen Umsturz der Regierung und nahm billigend in Kauf nahm, dass daran rechtsextreme Kräfte zentral beteiligt waren.
Das ist auch die materielle Basis auf der sich seit ein paar Tagen eine liberal-konservative Einheitslinie herausbildet, die nach der gestrigen Eskalation von Putin weiter Auftrieb bekommen wird: #Putin bzw. Russland werden mit Hitler bzw. dem NS-Staat gleichgesetzt:
Der konservative österreichische Außenminister Schallenberg: "Wir haben 1938 erlebt, wie es ist, alleingelassen zu werden". diepresse.com/6102078/1938-a…
Und der liberale Kolumnist Hans Rauscher im Standard: “Die Taktik [Russlands] gegenüber der Ukraine und Europa erinnert an das Verhalten Hitlers gegenüber der Tschechoslowakei 1938 in der Sudentenkrise.“ derstandard.at/story/20001335…
Das ist zum einen eine schamlose Verharmlosung des NS-Staates und zum anderen nichts anderes als das Rühren von Kriegstrommeln. Denn wenn es sich hier um Vergleichbares handelt, dann ist die Konsequenz daraus: militärische Generalmobilmachung.
Um zu verhindern, dass sich die Geschichte, auf die hier angespielt wird, wiederholt. Jeder Widerspruch wird mit dem Appeasement Chamberlains gleichgesetzt und damit vom Tisch gewischt.
Auch in ökonomischer Hinsicht ist das abstrus: Das BIP #Russlands ist gerade einmal dreieinhalb Mal so groß wie das Österreichs. Trotz der bestehenden Abhängigkeit von russischem Gas und Öl ist Russland viel abhängiger von der EU als umgekehrt.
Mit einem rationalen Blick auf die Kräfteverhältnisse ist es vielleicht noch möglich, dass Putin ähnlich wie bei der Krim den russisch geprägten Donbas besetzt, aber einer darüberhinausgehenden Konfrontation mit „dem Westen“ ist Russland schlicht nicht gewachsen.
Aber das ist der nüchterne Blick. Etwas Anderes ist die militärische Eigenlogik der Eskalation. Umso mehr braucht es jetzt die entschiedene Gegnerschaft dazu. Wir müssen uns nicht zwischen zwei falschen Optionen entscheiden und keinen „nationalen“ Schulterschluss eingehen:
So wie es der ukrainische Historiker T. Bilous fordert, müssen in der Ostukraine UN-Truppen stationiert & die Region demilitarisiert werden. Für die Ukraine & Georgien braucht es eine attraktive dritte Option jenseits von NATO & russischer Unterwerfung. akweb.de/politik/auch-d…
Und auch für die Europäische Union braucht es eine dritte Option. Die derzeit zwar unrealistisch ist, aber als Platzhalter einer anderen Zukunft jetzt als Forderung erhoben werden muss:
Europäische Neutralität, die sich der der verschärfenden imperialistischen Konkurrenz entzieht. Denn wenn uns der Konflikt mit Russland schon zu recht gespenstisch erscheint: Noch viel dramatischer ist, was sich zwischen der USA und China auftürmt und droht.
Und hier noch ein Nachtrag zur Frage mit welchen Maßnahmen man Druck auf Putin aufbauen könnte, wenn andere Interessen im Fokus stünden:
https://twitter.com/L_Oberndorfer/status/1496397661733363712?s=20&t=yuItqLwFa_zGsCGbhOzeQA
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