Zum CETA-Beschluss 2022: Wegen meiner eigenen Parteilichkeit im Verfahren nur ein paar Hinweise, keine Einordnung, außer dass ich den Beschluss begrüsse und auch für richtig halte.
+BVerfG entscheidet nach § 24 BVerfGG a limine (einstimmig, offensichtliche Unbegründetheit). 1/n
+Ultra vires: Zwar Unterschiede zu EuGH in Sachen EU-Kompetenzen (GA 2/15 v 16.5.2017, Singapur; GA 1/17 v 30.4.2019, Investitionsschutz CETA) , aber: „offensichtlicher & strukturell bedeutsamer Übergriff in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten ausgeschlossen" (Rn. 186) ... 2/n
= klar Hinweis auf Honeywell-Kriterien die erfülllt sein müssen, damit Ultra vires-Akt in Betracht kommt. Hier also verneint.
+Verfassungsidentität: bereits auf Zulässigkeitsebene werden Argumente die auf Rechtsstaats- oder Sozialstaatsdefizite in CETA zielen aussortiert. 3/n
Weil insoweit der Bezug zu Demokratie nicht hinreichend nachgewiesen (Rn. 150).
Entsprechend wird für Organklage betont, dass diese nicht zur Rüge der Verletzung objektiven Verfassungsrechts (wie etwa Rechtsstaat, Sozialstaat) dient (Rn. 168).
Das betrifft ua ... 4/n
...Investititonsschutz. Der war gar nicht Gegenstand der vorliegenden Verfahren, weil von vornherein aus der vorläufigen Anwendung herausgenommen, er wird vom Senat entsprechend auch überhaupt nicht thematisiert/erwähnt.
Aber dort gabs vor allem Rechtsstaatseinwände.
5/n
Gegen das Konzept Investitionsschutz mit der für Grundrechte gedachte Verfassungsbeschwerde: ist jetzt eher schwieriger.
+Ausschusssystem: Senat wiederholt zwar seine Bedenken aus Eilrechtsschutzentscheidung (unzureichende Vertretung aller Mitgliedstaaten in Ausschüssen... 6/n
Zweifel an demokrat. Legitimation & Kontrolle dieser Ausschüsse).
Allerdings reicht dem Senat nun doch, dass EU&Mitgliedstaaten im Gemischten Ausschuss einzunehmende Standpunkte zu maßgeblichen Beschlüssen im Ausschusssystem nach ständiger Praxis einvernehmlich festlegen... 7/n
...es mithin immer auf die Zustimmung des deutschen Vertreters im Rat ankommt (Rn. 191).
+Vorlage zum EuGH nach alledem mangels entscheidungserheblicher offener Auslegung- oder Gültigkeitsfragen vom Senat gar nicht mehr thematisiert.
Und damit ... 8/n
...steht der Ratifikation des Freihandelsabk. der EU und ihrer Mitgliedstaaten mit Kanada, #CETA, durch Deutschland rechtlich nichts mehr im Wege.
Rechtsbindung in den internationalen Beziehungen erscheint nach allem was seit 2016 passiert ist auch wichtiger denn je.
#Ukraine and EU membership? Why this is difficult & will arguably become even more difficult. Or: "Le nationalisme, c'est la guerre"
The EU is not a book club. Joining as quickly as possible, in a fast-track procedure, fails to recognise the nature and functioning of the EU. 1/17
In principle, according to Art. 49 TEU, any European state can apply for membership.
All existing EU members must ratify the treaty of accession.
If only one balks, it won’t happen.
2/17
In order to qualify, a candidate state must respect the Art. 2 TEU-values and work to promote them.
That's quite a To Do List already: rule of law (i.a. functioning court system, no corruption), democracy, tolerance, equality between men and women, and many more. 3/17
Nochmal zur Völkerrechtslage. RUS (Putin) hat einen bewaffneten Angriff gegen einen souveränen Staat, UKR, geführt. Verstösst gegen das Gewaltverbot in Art. 2 Ziff 4 UNCharta & Völkergewohnheitsrecht, ist sogar zwingendes Völkerrecht, ius cogens. Wirklich zentraler Baustein 1/13
des Völkerrechts nach 1945. Dagegen hat UKR Recht zur Selbstverteidigung, Art. 51 UNCh. RUS bricht das Recht, RUS ist im Unrecht. Das ist alles ziemlich klar,im Vgl. zu Streitfragen jüngerer Zeit von Terrorangriffen bis Cyberwar eindeutig: völkerrechtswidriger Angriffskrieg 2/13
wie aus dem Lehrbuch. Restspuren von Völkerrecht in der RUS Argumentation man verteidige sich doch selber, UKR als Gefahr für RUS:trägt alles nicht. RUS kann sich seinerseits nicht auf Selbstverteidigungsrecht berufen weil UKR keinen bewaffneten Angriff gg RUS versucht hat. 3/13
Ausgangspunkt = fachwissenschaftliche Begründung für eine Impfpflicht: Impflücke in Deutschland, die epidemiologischen Mehrwert einer hohen Impfrate mit hohem Immunisierungsgrad in der Bevölkerung verhindert = vorrangiges Zwischenziel einer allg. Impfpflicht. Daraus folgt ...1/19
...alles andere: Risiko neuer Varianten minimieren; Vermeidung mgl. Überlastung der ITS bei neuen Varianten à la Omikron; Überlastung Gesundheitssystem unterhalb der ITS; dass die Wirtschaft in DE nicht in die Knie geht weil das halbe Land in long covid-Reha ist --- uvm. 2/19
Letzte medizinische Gewissheiten insbesondere zur künftigen Entwicklung gibt es gegenwärtig nicht. Bsp: Niemand kann hohen Hospitalisierungsgrad unterhalb ITS, mit Verzögerung, im weiteren Verlauf der Pandemie sicher ausschliessen "2G gleich wirksam"? Kann niemand beweisen. 3/19
Klare Fehlentscheidung des OVG Lüneburg. Die Richter verkennen die Rolle von Gerichten in der Pandemie, ignorieren die vom BVerfG aufgestellten Maßstäbe für eine bloße Vertretbarkeitskontrolle mit weit zurückgenommener Verhältnismäßigkeitsprüfung, versuchen freihändig .... (1/8)
...eigene Abwägungen die dem Normgeber vorbehalten bleiben müssen.
Die Richter stellen allen Ernstes eigene Betrachtungen zur Gefährlichkeit der Omikron-Variante an und denken über die Wirksamkeit von FFP2-Masken im Einzelhandel nach. Dazu haben die keine Expertise. (2/8)
Für Lage im Einzelhandel werden RKI-Aussagen aus dem September bemüht, als sich die Lage deutlich anders darstellte. Vor allem: kein Wort dazu dass die 2G-Regel auch Anreizfunktion hat, um die Impflücke zu schliessen. Indirekt liefert das Gericht damit gute Argumente ... (3/8)
Kollege Lepsius wütet weiter gegen das BVerfG. Der Beitrag ist demokratierelativierend fahrlässig & unklug. Staatsrechtslehre hat bei der Akzeptanz von Urteilen auch eine Verantwortung. Kritik gehört klar dazu. Aber derart polemisch mitten in der Pandemie das Gericht zu... (1/5)
...attackieren welches ausdrücklich eine Orientierung geben wollte beschädigt die Pandemiebekämpfung, gewollt oder nicht.
Was steckt dahinter?
Demokratie & Rechtsstaat stehen nun einmal auch im Spannungsverhältnis, man kann das eine oder das andere wichtiger finden. (2/5)
Bezeichnend aber dass „Demokratie“ bei L nur als „Kanzlerdemokratie“ vorkommt. Ich finde die Selbstbeschränkung des Gerichts zugunsten der demokratisch besser legitimierten Politiker richtig. Was wäre die Alternative? In Lepsius’ Pandemiebekämpfungsrechtsstaat entscheiden: (3/5)