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Feb 3 8 tweets 3 min read
Es ist bemerkenswert, dass die offensichtliche Parallele zwischen dem Zerfall Jugoslawiens und dem der #Sowjetunion weiterhin vielfach ignoriert wird: In beiden Fällen gab es eine Teilrepublik (#Serbien bzw. #Russland), das sich als Primus inter Pares verstand - oder im Klartext:
deren Führer meinten, ihr Land solle weiterhin die Macht über seine Nachbarn ausüben. So wie Milošević auf Blut-und-Boden-Ideologie setzte, um vermeintlich historisch begründete Gebietsansprüche durchzusetzen, argumentiert auch #Putin nun gegenüber der #Ukraine, es handele sich
bei diesem Land um zumindest großteils "ur-russisches" Territorium. Was Milošević das "heilige" Amselfeld war, ist Putin nun die "heilige" Krim - in beiden Fällen wird gleich auf das Mittelalter zurückgegriffen, um die nationale Expansion zu legitimieren.
Es lässt sich sogar
sagen, dass Putin von Milošević gelernt hat - insbesondere, was die verdeckte Kriegsführung betrifft. Wer hierzulande vom "Bürgerkrieg" in Bosnien redete, fiel auf die gleiche Camouflage hinein, die auch im Donbas von 2014 angewandt wurde: In beiden Fällen wurden die Angriffe
von serbischen bzw. russischen Offizieren angeführt und von nur schlecht getarnten Einheiten der Armeen dieser beiden Staaten unterstützt wurden. Ohne eine solche Intervention, mit der Belgrad bzw. Moskau ihr Imperium wiederherstellen oder zumindest ein Groß-Serbien bzw. Groß-
Russland schaffen wollten, wären diese Kriege nicht möglich gewesen.
Im Westen hat man sich mitschuldig an diesen Angriffskriegen gemacht, indem man diese Propagandalügen vom ethnisch motivierten Bürgerkriegen schluckte und weiterverbreitete - und dann ein Waffenembargo gegen die
Angegriffenen verhängte. Die angeblich so komplexen "Konflikte" in Bosnien und in der Ukraine sind in Wirklichkeit sehr viel übersichtlicher. Es gibt Angreifer, die vergangener Größe nachtrauern, und es gibt Angegriffene, die in die Zukunft schauen wollten und sich wenig um die
vermeintlich "ewigen" ethnischen Fragen kümmerten. Der Bosnienkrieg begann, nachdem Heckenschützen in Sarajewo am 5. April 1992 zwei Frauen ermordet hatten, die dort gemeinsam mit Zehntausend anderen für den Frieden demonstriert hatten: eine Kroatin und ein Bosniakin.

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