Thread by @VeganCardio

Heute wie versprochen mein Thread zum Thema vegane Kinderernährung. Weil dieses Thema so stark emotional besetzt ist, werde ich mich auf reine Fakten beschränken und weder eigene Erfahrungen (wir ernähren unsere Kinder vegan) noch adekdotische Evidenz einfließen lassen. Wer sich

die Studienlage und Empfehlungen anschaut, wird relativ schnell sehen, dass vegane Ernährung von Kindern gut möglich und (wenn richtig durchgeführt) auch ungefährlich ist. Die Academy of Nutrition sowie die Fachgesellschaft aus Kanada hatten bereits 2009 in einem Positionspapier

bekundet: "Gut geplante vegane Ernährung sind für alle Lebensphasen geeignet, einschließlich Schwangerschaft und Säuglingsernährung." In Deutschland war die DGE lange Zeit skeptischer und hat erst nach den Daten der VECHI-Studie (Vegetarian and Vegan Children Study) ihre Position

öffentlich geändert und bekundet mittlerweile ebenfalls, dass vegane Ernährung auch für Kinder geeignet ist. Die Studie hatte u.a. gezeigt, dass vegan ernährte Kinder im Vgl. zu Vegetariern und Omnivoren eine normale Entwicklung von Gewicht, Größe und geistiger Entwicklung zeigen

Allerdings möchte auch ich betonen, dass die Ernährung von Kindern immer kritischer beurteilt werden sollte als die eigene Ernährung, denn schließlich treffen wir hier eine Entscheidung für einen Schutzbefohlenen. Daher ist es unerlässlich, sich mit dem Bedarf von Kindern und der

veganen Ernährung auszukennen, wenn man Kinder vegan ernähren möchte. Ein wichtiger Aspekt: Fast alle von uns möchten Kinder ja aus ethischen Aspekten vegan ernähren und nicht aus gesundheitlichen. Es geht also bei der Bewertung nicht darum, ob vegane Ernährung besser für Kinder

ist, sondern darum, ob sie nicht schlechter als eine Mischkosternährung ist. Dazu muss man wissen, welche Nährstoffe im Kindesalter besonders kritisch sind und welche bei veganer Ernährung ins Auge gefasst werden müssen. Es handelt sich dabei vor allem um B12, Omega-3-FS, Vit. D,

Eisen, Calcium, Jod und Proteine. B12 sollte wie bei allen Veganern substituiert werden. Vit. D insbesondere im Winter auch. Den Omega-3-FS kommt insbesondere beim Säugling und Kleinkind eine besondere Bedeutung zu, da diese für die Entwicklung des Gehirns und der Sehschärfe

essentiell sind. Hierzu empfiehlt sich die Verwendung von DHA-reichem Mikroalgenöl sowie Leinöl, da die Zufuhr über Nüsse und Samen in diesem Alter noch schwierig erscheint. Hinsichtlich der Proteinzufuhr sollten Eltern auf hochwertige pflanzliche Proteinquellen und Kombination

verschiedener Getreidesorten achten. Hülsenfrüchte können im ersten Lebensjahr in pürierter Form angeboten werden, werden aber teilweise nicht so gut vertragen (Blähungen). Ergänzend können Samen und Nüsse fein püriert dem Brei beigegeben werden.Als vegane Variante zur Einführung

der Beikost empfiehlt das FKE z.B. statt der Fleischkomponente einen Gemüse-Kartoffel-Getreide-Brei. Hierüber kann auch der Eisenbedarf gedeckt werden. Zur besseren Resorption des Eisens empfiehlt es sich, das Getreide einzuweichen und zum Brei Vitamin-C zu geben(z.B. 2 EL O-Saft

oder etwas püriertes Obst). Calcium ist entgegen der landläufigen Meinung kein so großes Problem. Zum einen gibt es Ca-angereicherte Sojadrinks, zum anderen kann man aber auch einfach ein calciumreiches Mineralwasser verwenden (in Teilen des Landes hat auch Leitungswasser einen

hohen Ca-Gehalt). Man könnte jetzt noch ganz viel zu den wichtigen Nährstoffen und der veganen Kinderernährung erzählen (was aber die Kapazität dieses Threads übersteigen würde). Wer sich tiefer einlesen möchte, dem empfehle ich wärmstens das tolle Buch "Vegane Kinderernährung"

von E. Gätjens und M. Keller, die sich seit vielen Jahren intensiv mit diesem Thema wissenschaftlich befassen. Ich möchte am Ende mit zwei Optionen zusammenfassen: 1. Wer sein Kind aus ethischen Gründen vegan ernährt und kein Problem mit einer Supplementierung hat, kann die

potentiell kritischen Nährstoffe über ein Multinährstoffpräparat abdecken. Hier gibt es mittlerweile auch kindgerechte Applikationen wie Säfte, Gummibärchen etc. Statt den Kind ungesunde Haribos anzubieten, kann man so einfach morgens und abends zwei Vitamin-Gummibärchen geben.

2. Wer hingegen sagt, Substitution sollte vermieden werden (eine Ausnahme: B12, ohne geht's nicht und wäre bei Kindern verantwortungslos), der kann (ich berufe mich hierbei auf die Empfehlungen der Fachgesellschaften) sein Kind mit gutem Gewissen vegan ernähren.Hierzu sollte aber

eine gute Grundkenntnis über Ernährung und Bedarf des Kindes da sein und die Ernährung dementsprechend geplant werden. Wer hier Defizite hat, sollte sich entsprechende Literatur besorgen und/oder sich an einen Ernährungsberater*in oder Ernährungsmediziner*in wenden. Zum Abschluss

noch Folgendes: Es wird immer so viel über die angebliche Mangelernährung von Veganern und deren Kindern gesprochen. In der Praxis sehe ich hingegen überwiegend mangelernährte Omnivoren plus deren übergewichtige Kinder. Viele Omnivoren machen sich überhaupt keine Gedanken um die

Ernährung ihrer Kinder und deren potentielle Mangelstoffe. Oft werden Kinder mit Junkfood und Süßigkeiten gemästet, gesunde Nahrungsmittel sind da oft eine Ausnahme. Die Veganer und insbesondere die veganen Eltern, die ich kenne, sind das krasse Gegenteil. Die meisten Veganer

machen sich so viel Gedanken um ihre Ernährung und übernehmen dementsprechend ganz viel Verantwortung für die Ernährung ihrer Kinder. Es gibt einzelne Fälle von Extrembeispielen aber auch hier muss man fragen: Wie viele omnivore Kinder werden vernachlässigt und sind unterernährt?

Mein Fazit lautet daher: Wer verantwortungsvoll ist und sein Kind vegan ernähren möchte, der kann das selbstverständlich tun. Die Studienlage und Empfehlungen der Fachgesellschaften bestätigen das. Wer sich hingegen unsicher ist, der sollte Fachpersonal hinzuziehen, das ist keine

Schande, sondern spricht für einen gewissenhaften Umgang mit dem Thema Kinderernährung. #goVegan #vegan #plantbased #Kinderernährung #Ernährungsmedizin