Was mich bei der Debatte um Verbote beim #CO2-Sparen überrascht, ist, wie viele ÖkonomInnen lange bekannten Erkenntnisse der Realoptionstheorie ignorieren.
Diese (anerkannte) Theorie deutet darauf hin, dass Technologieoffenheit Investitionen in Klimaschutz deutlich verzögert. 1/
Was genau sagt diese Theorie? Sie besagt, dass man beim Umsetzen einer Investition sich die Option nimmt, in der Zukunft anders zu entscheiden. Die Option aufzugeben kommt mit Kosten, und diese Kosten sind für Investitionsentscheidungen wichtig. 2/ muse.jhu.edu/book/64842
Wenn die Unsicherheit steigt, steigt der Wert der Option, abzuwarten. Investitionen heute legen Unternehmen und Haushalte für die Zukunft fest. Diese Festlegung ist umso unangenehmer, je unsicherer die Zukunft ist. 3/
Konkret: Wenn ein Unternehmen weiß, dass seine Produkte in den kommenden Jahren mit 50 % Wahrscheinlichkeit für 40 € und mit 50 % Wahrscheinlichkeit für 60 € verkauft werden können, wird es eher investieren, als wenn die möglichen Verkaufspreise 30 € und 70 € sind, 4/
weil der Optionswert für das Abwarten bei höherer Unsicherheit größer ist. 5/
Diese Logik gilt natürlich auch etwa bei der Frage, welche neue Heizungstechnologie eingesetzt wird. Die Entscheidung, heute eine Wärmepumpe einzubauen, legt uns für längere Zeit fest (bzw. ist sehr teuer zu revidieren). 6/
Wenn die Chance besteht, dass sich in zwei oder drei Jahren herausstellt, dass vielleicht doch eine Wasserstoffheizung günstiger ist, dann wartet man lieber ab. 7/
Dieses Abwarten ist umso attraktiver, je größer die Unsicherheit um die richtige Heizung ist. Anders ausgedrückt: Die aktuelle Diskussion um die Technologieoffenheit und die damit wahrgenommene höhere Unsicherheit über künftige Preise und Kosten 8/
erhöht den Optionswert, mit dem Heizungstausch zu warten, und dürfte damit nach gängiger ökonomischer Theorie dazu führen, dass mehr Menschen diesen Heizungstausch herausschieben. 9/
Oder wie Dixit und Pyndick schreiben: „If governments wish to stimulate investment, perhaps the worst thing they can do is to spend a long time discussing the right way to do so.” 10/
Nimmt man das ernst, erweist die #Ampel und besonders die #FDP gerade dem Klimaschutz einen Bärendienst, weil sie zum einen immer mehr Tore zur Technologieoffenheit öffnet, zum anderen an den Rahmenbedingungen des Klimaschutzgesetz schraubt. 11/
Nach der Realoptionstheorie würde ein Festlegen auf bestimmte Technologien (bzw. das Verbot bestimmter Optionen) den Optionswert des Abwartens senken und damit heute schon mehr Investitionen in den Klimaschutz anregen. 12/
Nun kann man sagen, dass es vielleicht besser ist, wenn wir alle warten, welches die beste Technologie ist, bevor wir unsere Heizung austauschen. Dies ist allerdings beim Klimaschutz keine gute Option. 13/
Das Abwarten mag einzelwirtschaftlich sinnvoll sein, angesichts dessen, dass durch das Abwarten aber bis der Entscheidung mehr insgesamt schädliches CO2 emittiert wird, ist dieses Abwarten gesamtwirtschaftlich schädlich. 14/
(Man könnte jetzt natürlich argumentieren, dass die Gefahr besteht, dass eine Technologie jetzt abgeschnitten wird, die sich am Ende als derartig vielfach ökologischer rausstellt, dass es den zusätzlichen CO2-Ausstoß in der Zwischenzeit wert ist, 15/
und man quasi den Mehrausstoß an CO2 jetzt in vier oder fünf Jahren durch die bessere Technologiewahl rausholt. Das scheint aber in den Fällen von H2-Heizungen oder H2-Autos sehr unwahrscheinlich. 16/
Kurz: ÖkonomInnen, die gängige Investitionstheorien kennen und ernst nehmen, müssten sich jetzt gegen Technologieoffenheit und für bestimmte Ge- und Verbote aussprechen. Warum tun das so wenige?) /END
Recommended reading: @paulkrugman makes some very important points in his @nytimes newsletter.
Quick summary: 1) The economy is less flexible than economists have thought. 2) We should put more emphasis on resilience.
A #thread. 1/ nytimes.com/2023/03/07/opi…
Krugman argues that in the short run, empirical, real-life production functions are rather in a form which resembles a Leontief production function than a CES or Cobb-Douglas production function. 2/
Substitution between different factors of production and different goods produced is hence much MORE difficult than it is included in the thinking of many economists (and widely used economic models). 3/
Hier auf #Econtwitter wurde zuletzt viel darüber geschrieben, dass man jetzt sehe, dass die deutschen Unternehmen wesentlich besser Gas gespart hätten, als es gängige Studien im Frühjahr, die vor einem #Gasembargo gewarnt haben, angenommen hätten.
Das ist eine Fehlwahrnehmung. 1/
Fangen wir einmal an: Was haben diese Studien angenommen, wie viel Gas ohne größere Probleme gespart werden könnte? 2/
Die meisten Studien damals bezogen sich auf eine Aufstellung des @bdew_de vom 17.3.22. Diese Aufstellung gab ein kurzfristiges Substitutionspotenzial der Gesamtwirtschaft von 19 % an, d.h. 19 % seien durch Fuel Switch etc. ohne signifikante Produktionsausfälle einzusparen. 3/
Die wirtschaftlichen Aussichten für die deutsche Wirtschaft haben sich deutlich gebessert – anders als z.T. wahrgenommen heißt das aber nicht, dass der Schock durch Energiepreise und Ukraine-Krieg vernachlässigbar klein wäre. Ein 🧵1/
Die Medien haben zuletzt auf die dadurch verbesserte Wirtschaftslage abgestellt. Und auch wir haben in unseren jüngsten "wirtschaftspol. Herausforderungen" darauf hingewiesen, dass die Situation deutlich besser ist als es zeitweise zu befürchten war. 2/ imk-boeckler.de/de/faust-detai…
Zwei Hauptgründe gibt es, warum die Wirtschaft jetzt besser läuft: Erstens ist der Gaspreis im Großhandel massiv gefallen. Zuletzt kostete Gas zur Lieferung im Frühjahr 2023 rund 75 €/MWh, oder etwa ein Viertel des Wertes aus dem Herbst. 3/
There has been a fascinating debate on #Econtwitter (started by @ojblanchard1) on distributional origins of #inflation.
Interestingly, the distributional view has been (implicitly) taken into account into policy making in Germany over the past year.A 🧵1/
In the past summer, when inflation in Germany skyrocketed, chancellor Scholz invited social partners (unions and employer federations) and @bundesbank to confidential discussion rounds which he called “Konzertierte Aktion” (“concerted action”). 2/ tagesschau.de/inland/inflati…
With this term, Scholz made a reference to a similar approach from the 1960s, when the Stabilitätsgesetz (“Stability Law”) had mandated a regular coordination between wage bargaining partners, the different levels of government and the @bundesbank. 3/ zdf.de/nachrichten/wi…
Hier auf #Econtwitter gab es gestern erneut eine Debatte darum, inwieweit unsere Sorgen vor Lieferkettenproblemen/„Kaskadeneffekten“ für den Fall hoher Gaspreise und mit der Gaspreisbremse subventionierten Stilllegungen gerechtfertigt sind.
Ein 🧵. 1/ imk-boeckler.de/de/faust-detai…
Eine unserer Sorgen ist, dass mit Gaspreisbremse für Untern. & der Regel, dass die Industrie ihr subventioniertes Gas pauschal weiterverkaufen kann, die Produktion ZU WEIT heruntergefahren wird und u.a. Vorprodukte fehlen, sodass die Produktion auch in anderen Branchen leidet. 2/
Wie relevant aber sind solche Lieferketteneffekte? Potenziell recht groß. In der ersten #Covid19-Welle etwa ging deutlich mehr als die Hälfte des Wirtschaftseinbruchs (das BIP fiel im Quartalsvergleich mehr als 10 %) auf das Verarbeitende Gewerbe zurück, 3/
Zunächst: Die Gaspreisbremse für Haushalte wird einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung von Konjunktur und Gesellschaft leisten. Die Kaufkraft wird um 35 Mrd. € gestützt, was 1 % BIP-Wachstum ausmachen könnte, die Inflationsrate dürfte zwei Prozentp. niedriger ausfallen. 2/
Nach unseren Berechnungen übernimmt der Staat durch die Gaspreisbremse im Schnitt etwas mehr als 40 Prozent der Heizrechnung aller Haushalte, die mit Gas heizen (unter der Annahme, dass sie ihren Vorjahresverbrauch nicht reduzieren). 3/