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1) Feministische Denkerinnen haben immer wieder selbstkritisch gefragt, inwiefern die permanente Beschäftigung mit "Gegnern", mit Diskriminierung und Ausbeutung sie dazu zwingt, sich ständig auf die Logik dessen einzulassen, was sie eigentlich ablehnen.
2) Es bestehe, so die Philosophin W. Tommasi, die Gefahr einer «rebellischen Abhängigkeit», bei der man sich zwanghaft um den Gegner bewege u. ununterbrochen auf das beziehe, aus dem man sich eigentlich befreien will.
3) Ich denke deshalb: wir sollten unsere Aufmerksamkeit immer wieder bewusst weg rücken von Nazis, von Rückschlägen und Katastrophen. Wir sollten auch Dinge sichtbar machen, die sonst noch geschehen, das «Anderswo» der Geschichte.
4) wir sollten die emanzipatorischen Sprünge (Benjamin), Praxen, Möglichkeiten und Existenzweisen sichtbar machen und multiplizieren, die trotz diskriminierender Machtsysteme stattfinden und die es umso dringender zu zeigen, in Umlauf zu bringen gilt.
5) Die Kritik des Faschismus und die Ablehnung ungerechter Verhältnisse sind wichtig, genauso wichtig ist aber die Multiplikation des Emanzipatorischen, das hoffnungsvolle Verweisen auf Möglichkeiten, die Entwicklung eigener Utopien.
6) Pessimismus ist nachvollziehbar, aber Pessimismus und Untergangsgejammer sind auch Kollaboration (S. Haffner). Wer den Bettel wirft, überlässt sich dem Gegner und beraubt sich der eigenen Handlungsfähigkeit.
7) Die queerfeministische marxistische Theoretikerin Bini Adamczak schreibt, ich paraphrasiere: Es gibt einen Mangel an positiver Bestimmung der Befreiung. Eine zu starke Orientierung an der Negation.
8) Der einseitige Fokus auf Negation, Widerstand und Umsturz ist eine „verantwortungslose Resignation vor d. Möglichkeiten“ (Brie, zit. n. Adamczak). Der Fokus auf Destruktion u. Umsturz ist auch eine sehr patriarchale Idee von Revolution. Sie stiehlt sich aus der Verantwortung.
9) Wir können uns nicht zurücklehnen mit der Haltung: 'So lange nicht der ganz grosse Umsturz, die umfassende Revolution da ist, ist diese Welt für meine Ansprüche ungenügend'. Das ist eine bequeme und, pardon, oft männliche Position.
10) Selbstverständlich geht es nicht darum, sich damit zu begnügen, innerhalb der bestehenden Verhältnisse Dinge zu verbessern, sondern darum, die Verhältnisse und Bedingungen selbst zu verändern. Aber der Weg dort hin muss mehr als Negation im Angebot haben.
11) Mit Negation allein kriegen wir niemanden aus dem Sessel! Wir müssen auch die Frage stellen: Was wollen wir? Was täten wir, wären wir frei (Adamczak)? Welche Welt wollen wir erschaffen?
12) Es liegt in unserer Verantwortung, bessere und überzeugendere Bilder und Angebote als jene der Reaktionären, der Faschisten und Nationalisten in Umlauf zu bringen. Wir können ihnen unmöglich das Feld überlassen.
13) Es liegt in unserer Verantwortung,auch für eine unperfekte Welt zu sorgen,mit ihr das Beste zu machen, was wir können. Es liegt in unserer Verantwortung, ja es ist eine Frage des Überlebens,Utopie nicht auf 'nach dem Umbruch' zu vertagen, sondern in die Gegenwart zu holen.
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