Thread by @Johannes42

Der französische Autor Yann Moix (ja, der der der Anfang des Jahres gesagt hat, "mit 50 Jahren bin ich nicht in der Lage, eine Frau mit 50 zu lieben“) steht gerade wieder im Mittelpunkt eines Skandals, genaugenommen sind es sogar zwei.

Der eine Bezieht sich auf antisemitische und rechtsradikale Karikaturen, die Moix in seiner Jugend veröffentlicht hat. Dafür versucht der Autor sich gerade zu entschuldigen.

Der andere Skandal bezieht sich auf das autofiktionale Buch „Orléans“, in dem Moix mit seinem Vater abrechnet, der ihn in seiner Jugend schwer misshandelt haben soll. Ein klassischer Fiktionsskandal, denn man hat es nun mit dem seltsamen Umstand zu tun, dass ein realer Mensch

auf einen als fiktional markierten Text reagieren. Im Bericht der FAZ heißt es: "Die Familie des Autors war wenig amüsiert; José Moix, ein 75 Jahre alter pensionierter Physiotherapeut, hat sich in den Medien zu Wort gemeldet."

faz.net/aktuell/feuill…

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang vor allem eine Polemik, die Jürgen Ritte im Interview mit dem @dlfkultur gegen den Trend der "Autofiktion" vorbringt. Darin wird die angebliche Fiktionalität der Gattung als "Alibi" bezeichnet, hinter dem man sich verstecken kann.

Die ethischen Probleme der Gattung, das zeigt Rittes Polemik, sind noch nicht ausreichend diskutiert.

deutschlandfunkkultur.de/affaere-um-fra…

Nicht nur, weil man Autofiktion nutzen kann, um scheinbar verantwortungslos gegen reale Menschen zu schießen, sondern auch, weil von den Leser*innen eine Form von emotionaler Investition eingefordert wird, die darauf angewiesen ist, dass die geschilderten Erlebnisse real sind.

@threadreaderapp unroll