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1/10 Es ist zwar alles gesagt, aber nicht von jedem und nicht überall. Deshalb hier noch einmal Harald Welzer im @dlfkultur mit einem "Einwurf" über die Schrecken der Identitätspolitik. In dem Text findet sich kein einziges Argument, dass man so und

deutschlandfunkkultur.de/identitaetspol…
2/10 anders nicht schon 10 Mal gelesen hätte, aber es sind die Klassiker und das kann man sich mal kurz anschauen.

Dabei der obligatorische Verweis auf ein „Werk“, das heute gar nicht mehr erscheinen könnte. Die Bibliothek dieser Werke ist inzwischen groß und weird, irgendwer
3/10 sollte das mal sammeln. Dass es im Fall von Welzer das kanonische Meisterwerk Don Quijo… Nein, es ist natürlich „Ein Fisch namens Wanda“ und darin speziell die Witze über einen stotternden Menschen. Die Auswahl des Beispiels zeigt wie wenig Fantasie der Kommentator
4/10 dafür hat, sich vorzustellen, was damit gewonnen sein könnte, auf diese Witze und meinetwegen dann auch auf diesen Film zu verzichten. Es fehlt außerdem an Fantasie, sich die moralische Welt derjenigen, die Welzer hier angreift, anders vorzustellen als die kleine
5/10 Welt identitätspolitische Kehrwochen-Spießer. Der Zorn über AKKs Witz war eben nicht der isolierte Shitstorm über einen vergurkten Faschings-Gag, sondern das Erschrecken darüber, was dieser Witz an tiefliegender Verachtung zum Ausdruck brachte. Gerade weil der Witz so lame
6/10 war, zeigt er die beiläufige Selbstverständlichkeit des Ressentiments, das dahinter steht. Wenn man schon für eine verbesserte Debattenkultur argumentiert, dann könnte man den konstruierten Gegnern ein Modicum an Subtilität zugestehen, das macht dann auch mehr Spaß.
7/10 Dann kommt eines meiner Lieblingsargumente: Das diskursive Reinheitsgebot, der identitätspolitische Maulkorb verhindert, dass Menschen zeigen, was sie wirklich denken, „wes Geistes Kind“ sie sind. Es sollen also Menschen diskriminierende Sprache ertragen,
8/10 damit die Diskriminierung sich besonders anschaulich entbirgt? Es geht doch gerade darum, die eigenen Ressentiments – sei es aus Respekt, sei es aus Angst – nicht offen herauszuplärren. Darin liegt ja schon der erste Schritt der politischen Veränderung. Ressentiments werden
9/10 eben nicht im Säurebad überlegener Argumente aufgelöst, sondern brechen unter der Last einer breiten gesellschaftlichen Ächtung zusammen. Schließlich das obligatorische Ausspielen von objektiven Problemen (Armut) gegen die „kostenlose“ Empörung über
10/10 identitätspolitische Vergehen. Dass beides zusammenhängt, dass Repräsentation und Ressourcen, sprachliche Sichtbarkeit und politische Macht nicht voneinander zu lösen sind, weiß Welzer als Soziologe, friemelt es hier aber im Dienste des zusätzlichen Arguments auseinander.
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