Ein paar Worte zum Thema Meinungsfreiheit, Twitter und die so genannte Cancel Culture, weil gerade wieder passiert, was in einer differenzierten Öffentlichkeit eigentlich nicht passieren sollte: Rhetorischer und argumentativer Einbahnstraßenfußball.
Also: Eine Entschuldigung einer Zeitung ist erstmal keine Bedrohung der Meinungsfreiheit, sondern das Ergebnis von Meinungsfreiheit - neu daran ist (jedenfalls für die deutsche Öffentlichkeit), dass einzelne Personen dazu in der Lage sind, Institutionen zu widersprechen.
Das ist ein Emanzipationsakt, der durch die digitalen Medien möglich ist, die wiederum den traditionellen Medien die wirtschaftliche Grundlage nehmen - aber eben mehr und mehr auch die Grundlage ihrer Bedeutung im demokratischen Diskurs.
Die Bedrohung ist also doppelt - weil aber viele Medien nicht in der Lage sind, über die eigene Krise angemessen zu berichten, behandeln sie etwa Twitter und alles, was auf Twitter geschieht, nicht als das, was es ist: die radikale Erweiterung des Diskurses,
die viele neue Allianzen, Kraftzentren und Argumentationsmechanismen mit sich bringt, in vielem, wie das Neue meistens, auch verwirrend - aber eben, durch die technologisch-ökonomische Realität, nichts, was man einfach abtun oder abschalten kann.
Die Reaktionen und Aktionen der vergangenen Tage haben das gezeigt; unlauter und teils verlogen freilich wird es, wenn die Scharfrichter der Meinungsfreiheit, die sie immer genau dort bedroht sehen, wo es ihnen beliebt, diese Realität ausblenden oder verdrängen.
Was sie als Einschränkung ihrer Meinungsfreiheit empfinden - und sie sind eben oft nur vorgeblich rational, tatsächlich extrem gefühlsgesteuert -, ist tatsächlich eine Einschränkung ihrer bisherigen Machtposition, die sie versuchen, auf dem Feld der Diskurskritik oder -kontrolle
zu verteidigen. Dadurch wird ihr eigenes Tun und Handeln aber letztlich selbst ein Problem für den Diskurs und damit für die Meinungsfreiheit - weil sich die vom Kult der Cancel Culture gern auf andere Meinungen stürzen, die ihnen nicht passen, und: Verbot! rufen.
Sie sind es, die damit der Meinungsfreiheit schaden, weil sie andere Meinungen und deren Verbreitung delegitimieren - unter Ausblendung ihrer eigenen sehr konkreten Motive und Motivationen.
Was wir sehen, ist, wieder einmal, der Kampf des Alten gegen das Neue. Ein Drama, das dann besonders langweilig wird, wenn die, die für die Vielfalt zu kämpfen vorgeben, besonders einfältig und erwartbar agieren.
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
Ein paar Worte zum tieferen Drama der @cdu, das mit den Buchstaben #akk nur unzureichend beschrieben ist: Die Funktion der Konservativen war es, die Faschisten einzuhegen, nicht indem sie deren Positionen übernehmen, sondern indem sie deren Positionen delegitimieren.
Das Problem dabei war immer, dass es innerhalb des konservativen Lagers verschiedene Lager gab, die konkurrierten- @CoreyRobin hat das für die USA gut beschrieben, aber auch für D gilt: Konservative wollen nicht per se „bewahren“, es gibt auch ein genuin revolutionäres Potential.
Für die @cdu heißt das: #akk war die Falsche, sie war aber vor allem die Falsche zum falschen Zeitpunkt - ihr Scheitern ist persönlich, mehr aber noch darüber hinaus relevant, weil es die grundlegende Ruptur im Gefüge des Konservatismus offenlegt.
Ich störe die Party ja nur ungern, aber die gleichen konservativen oder, well, liberalen Publizisten und Politiker, und es waren vor allem Männer, die jetzt mit den progressiven Kräften gegen die AFDP ziehen wollen, haben genau das, was jetzt passiert, mit vorbereitet.
Es ist genau deren jahrelange Demogogie von „Sozialismus“, „Enteignung“, „Verbote“, „Umerziehung“, die das Feld bereitet hat für die Angst- und Abgrenzungsargumentation, die gerade von #ChristianLindner wieder verwendet wird, um diesen Fünf-Prozent-Coup zu legitimieren.
Und es ist genau die verzerrte Polit-Architektur derer, die von der „Mitte“ reden, als sei das eine reale Kategorie und die Welt eine Scheibe, die die Worte „bürgerlich“ und „demokratisch“ usurpiert, missbraucht und entwertet haben.
Ein paar Worte zum politischen Journalismus in diesem Land, #SPD weil diese Mischung aus Untergangssehnsucht, Personenfixiertheit, Entpolitisierung und Dünkel, vor allem männlichem Dünkel sehr gefährlich ist, wie ich glaube.
Gefährlich, weil sich hier zeigt, wie wichtig die freie Presse ist - und wie wichtig es ist, dass sie diese Freiheit verantwortlich einsetzt, ohne sich an der eigenen Macht oder der eigenen Meinung zu berauschen.
Was sich aber zeigt, seit der Wahl der beiden neuen SPD-Vorsitzenden, ist eine beleidigte Berauschtheit an den eigenen Möglichkeiten in den demokratischen Prozess einzugreifen, ohne dafür den demokratischen Prozess durchlaufen zu müssen.
Ein paar Worte zur Frage der Meinungsfreiheit in diesem Land, weil da, wie ich finde, so viel falsch läuft, symptomatisch falsch läuft, und die Konsequenzen für die demokratische Praxis zu gravierend sind, weil der Mainstream immer mehr rechte Memes übernimmt.
Denn nichts anderes ist die Rede von der bedrohten Meinungsfreiheit - jedenfalls so, wie sie in den vergangenen Wochen diskutiert wurde: Einseitig wurden ein paar Beispiele ausgewählt, Lucke, de Maizière - während Beispiele von Meinungseinschränkungen von rechts ignoriert werden.
Das ist im Übrigen nicht nur die klassische Methode rechter Argumentation, der Einzelfall über das Strukturelle, es ist umgekehrt auch ein Zeichen der Schwäche linker Positionen oder Argumente, die Meinungsfreiheit ist nur ein Beispiel für Ideen, die sie sich wegnehmen ließ.
Wenn ich einen Text wie den von @PaulZiemiak in der @faznet lese, stellt sich doch die Frage, ob Deutschland ein Bildungsproblem hat, bei denen, die in gesellschaftlicher Verantwortung stehen.
Ich halte es für sehr problematisch etwa, die offensichtlichen Widersprüche des gegenwärtigen wirtschaftlichen Systems einfach wegzuwischen, in dem man Soziale Marktwirtschaft schreibt, mit großem S, und Kritik pauschal als möglichen Systemwechsel diffamiert
Es ginge doch gerade von konservativer Seite darum, diese Widersprüche, die entstehende Ungerechtigkeit, die Angst der Mittelschicht, einst Wähler der @CDU, ernst zu nehmen
Ein paar Worte zur Kandidatur von #OlafScholz - das Problem ist nicht Scholz und die @spdde, sondern die Parteiendemokratie in Struktur und Praxis, die so eng verwoben ist mit der medial-politischen Rationalität dieses Landes, dass eine andere Demokratie unerreichbar scheint.
Das heißt nicht, dass Scholz nicht der falsche Kandidat ist, er ist es, meiner Meinung nach, weil er in allem für das steht, was die SPD in den Bereich der Zehn-Prozent-Partei gebracht hat.
Das heißt vielmehr, dass doch auch die @CDU ein massives personelles Problem hat, weil #akk nicht die Statur, Substanz oder Strahlkraft hat, eine Politik zu definieren, die überzeugend auf die Herausforderungen unserer Zeit reagieren würde.