Pandemie hin oder her. Es gibt kein Jahr ohne Debatte über das #Pensionssystem. Unverändert: die Argumente der Privatpensionsverkäufer:
- Pensionskosten steigen!
- Demografische Falle!
- Hoher Zuschuss aus Budget!
- Private Pensionen stärken!
Zeit für ein paar Fakten. Thread 1/18
Gleich vorweg: Das gesetzliche österreichische Pensionssystem ist sicher! Das sogenannte #Umlageverfahren bietet die beste aller Welten aus zwei Faktoren: Eine angemessene #Pensionshöhe, um #Altersarmut zu vermeiden. Und die Finanzierbarkeit/Nachhaltigkeit des Systems. 2/18
Staatlich funktioniert besser. In Ö erhalten Durchschnittsverdiener fast 80% (vor Steuern) und über 90% (nach Steuern) als gesetzliche #Pension im Vergleich zum Gehalt davor. OECD-Länder mit freiwilliger privater Säule zahlen trotz privatem Anteil wesentlich weniger Pension. 3/18
Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit und Finanzierbarkeit aus? Die Agenda Austria behauptet eine "Schieflage". Aber die gibt es nicht. Die #Pensionskosten bleiben stabil, vor allem wenn man das in Bezug zur starken #Alterung der Gesellschaft setzt. 4/18
Obwohl der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung bis 2060 von 19,1 auf 28,5% steigen wird, erhöhen sich die staatlichen Ausgaben für #Pensionen nur um 1,7% der Wirtschaftsleistung (von 13,5 auf 15,2%). 5/18
Natürlich: Die Alterung stellt uns vor Herausforderungen, keine Frage. Wie bauen wir ein ausreichendes, gutes Pflegesystem auf, wie erhalten wir den Zugang zur Spitzenmedizin für alle Älteren. Minimal steigende Pensionskosten sind das geringste Problem, das ist lösbar. 6/18
Gehen wir auf Argumente ein, die die Agenda in ihrem Papier macht: Der Zuschuss von Steuern zum Pensionssystem beweise, dass das System nicht nachhaltig sei. Aber: Ob Steuern oder Pensionsbeiträge, beides sind Abgaben. Das macht für die #Finanzierbarkeit keinen Unterschied. 7/18
Dass wir Teile unserer öffentlichen Pensionen mit Steuergeld finanzieren, ist sogar sinnvoll, weil damit ein sozialer Ausgleich einhergeht. Wohlhabende zahlen nämlich relativ mehr an Einkommenssteuern als Beiträge in die #Pensionskasse. 8/18
Ein #Steuerzuschuss ermöglicht auch, das Pensionssystem breiter aufzustellen als nur über Steuern/Beiträge von arbeitenden Menschen; z.B. über Verschiebung der Abgaben weg von Steuern auf Arbeit hin zu Vermögens-, Erbschafts-, Unternehmens-, Grund- und Grunderwerbssteuern. 9/18
Das öffentliche Pensionssystem in Österreich muss also nicht gerettet werden. Im Gegenteil, es steht im internationalen Vergleich sehr gut da. Aber macht eine stärkere private Säule das Pensionssystem nicht trotzdem stabiler/effizienter/besser? Nein! 10/18
Grundsätzlich muss man verstehen: Pensionen basieren immer auf dem #Umlagesystem: Erwerbstätige zahlen für die Pensionen der Älteren und erbringen immer immer die Dienstleistungen und produzieren immer die Produkte, die Pensionisten verbrauchen. 11/18
Wer private Altersvorsorge stärkt, organisiert diese Umlage über den Kapitalmarkt mit hohen Verwaltungskosten & Risiken. Uns wurde immer eingetrichtert, privat sei effizienter, aber das Gegenteil ist der Fall: Staatliche Umlagesysteme sind sparsamer. 12/18
Die Kosten der privaten #Altersvorsorge machen in Österreich 10-30% aus. Die Verwaltungskosten der gesetzlichen PVA sind nur ca. 1%. Sie sind so gering, weil die Sozialversicherung keinen aufgeblähten Werbe- und Marketingapparat braucht, um ihr #Pensionprodukt zu verkaufen. 13/18
Wer fordert, private Pensionen steuerlich zu fördern, der entzieht dem gesetzlichen System einen Teil seiner Mittel und damit die Finanzierungsgrundlage. Um das gesetzliche System noch stabiler zu machen, wäre dagegen die Abschaffung dieser steuerlichen Begünstigung nötig. 14/18
Hat das österreichische Pensionssystem überhaupt keine Probleme? Natürlich nicht. Aber im großen und ganzen funktioniert es ausgezeichnet und wird das in Zukunft auch tun. Was ist die größte Herausforderung nach Corona? 15/18
Die größte Gefahr für jedes Pensionssystem ist dauerhaft höhere #Arbeitslosigkeit. Wer unser Pensionssystem noch nachhaltiger gestalten möchte, muss deshalb vor allem für Beschäftigung sorgen. Daher braucht es 2021 ein zweites #Konjunkturpaket für mehr #Arbeitsplätze. 16/18
Sinnvoll wäre z.B. eine #Joboffensive für arbeitslose Junge aus der Corona-Generation und eine #Jobgarantie für Langzeitarbeitslose, wie sie das AMS NÖ gerade im Feldversuch im #Marienthal erprobt - das steigert die Arbeitsmarkt-Beteiligung von Jungen und Älteren zugleich. 17/18
Um #Frauenbeschäftigung zu erhöhen, braucht es bessere Bezahlung in klassisch weiblich-dominierten Branchen wie Pflege oder Kinderbetreuung. Denn zur Finanzierung des Pensionssystem tragen nur Menschen bei, die auch Arbeit haben und deswegen #Pensionsbeiträge zahlen können. 18/18

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25 Sep
Lange vom #Arbeitsministerium versteckt, jetzt endlich zur Veröffentlichung freigegeben: Die fiskalische Analyse der #Aktion20000 von @IHS_Vienna. Was steht drinnen? Nach dem ersten Drüberlesen eine Analyse als Thread: 1/15
Zuerst: Warum ist das wichtig? Weil sich das Arbeitsmarktproblem durch den Privatsektor alleine während Corona nicht lösen wird. Ohne staatliche Programme für #Langzeitarbeitslose wird die Zahl der Langzeitarbeitslosen bald neue Rekordhöhen erreichen. 2/15
Zunächst einmal ein schockierendes Bild. In rot, das passiert mit #langzeitarbeitslosen Menschen, die man sich selbst überlässt. Unternehmen stellen sie nicht ein, nur jedeR Zehnte findet etwas (gelb). Deswegen flüchtet sich ein Viertel in die Pension (hellblau). 3/15
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10 Sep
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