Viel ist noch nicht im Detail bekannt vom neuen TERRORISMUSPAKET (orf.at/stories/318938…). Die wenigen Details lassen einem aber alle rechtsstaatlichen Haare zu Berge stehen. Kogler sagt zB "trifft eh auch Nazis" als ob es das besser machen würde. Hier ein etwas längerer THREAD:
Ausgangspunkt: Es gibt schon viele vorhandene Regeln und schon jetzt mit Missbrauchspotential. Man erinnere sich nur an den Tierschützerprozess (de.wikipedia.org/wiki/Wiener_Ne…). "Trifft eh auch Tierschützer".
Was will die Regierung also insgesamt:
1) Unterbringung von terroristischen Straftätern in potentiell lebenslanger Präventivhaft bis zur "Entradikalisierung": Verfassungsrechtlich nicht möglich wegen Art 2 des Gesetzes über die persönliche Freiheit ris.bka.gv.at/GeltendeFassun…
2) elektronische Überwachung von "Gefährdern" via Fußfessel: Same as above; außerdem wie entscheidet man wer ein "Gefährder" ist, der derzeit noch nicht in Haft genommen werden kann zB in Untersuchungshaft wegen Tatbegehungsgefahr (§173(2)Z3 StPO).
3) Die Schaffung einer Anti-Terror-Staatsanwaltschaft: Wieso nicht, wenn es die Ressourcen dazu gäbe, zB Jabloner-Bericht (justiz.gv.at/home/justiz/ak…).
Wichtiger wäre aber wohl die Einstellung besseren Personals bei der Polizei, das Bedrohungsszenarien richtig beurteilen kann.
4) Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft: Ist jetzt schon nach dem StbG 1985 möglich. Staatenlosigkeit muss aber so weit wie möglich vermieden werden, dazu gibt es auch ein Int. Abkommen ris.bka.gv.at/GeltendeFassun… Ein Anschlag eines Staatenlosen ist um nichts besser.
5) Führerscheinentzug: Wieso? Was soll das bewirken, außer eine Benachteiligung am Arbeitsmarkt nach der Entlassung aus der Haft, die dann erst zur Entfremdung und Radikalisierung führen kann???
6) Strengere Waffengesetze: Ein Waffenverbot ist bereits jetzt nach §12 Waffengesetz möglich und nach §8(3)Z5 bei Terrorismustaten auch verpflichtend. ris.bka.gv.at/GeltendeFassun… Notwendig wäre eher die Kontrolle falls slowakische Kollegen etwas melden 🥴
7) Straftatbestand „Politischer Islam“: Das ist so jenseitig, dass juristisch kaum fassbar. Vielleicht so: es gibt bereits derzeit im StGB unzählige Bestimmungen, die div terroristische Verhalten erfassen. Hasspredigten sind zB bereits jetzt Verhetzung nach § 283 StGB.
8) Schließen extremistischer Vereine und Moscheen: Vereine können bereits jetzt nach §29 Vereinsgesetz behördlich aufgelöst werden. Moscheenschließungen hatte damals Blümel 2018 als Marketingmaßnahme versucht (natürlich rechtlich erfolglos): wien.orf.at/v2/news/storie…
9) Imameverzeichnis: Unklar was das bedeuten oder bringen soll. Systematische Auflistung von Religionsangehörigen durch den Staat ist immer problematisch. Genereller Eingriff in die Auswahl von religiösen Ämtern ebenso. Tipp: Religionsfreiheit
10) Finanzielle Leistungen entziehen:
Wird wohl nicht sinnvoll gehen. Entweder Sozialversicherungsleistungen, auf die man bei Bezahlung von Beiträgen einen Rechtsanspruch hat. Bei den minimalen beitragsunabhängigen Leistungen? Was soll es bringen Menschen verhungern zu lassen.
11) "Systematischer" Daten- und Informationsaustausch zwischen Sicherheitsbehörde, Vereinsbehörde und Kultusamt: No, no, no,
mit guten Gründen regelt das §141 StPO bereits jetzt und zwar gerade noch ausreichend streng im Enizelfall. Datenvernetzung insb Kultusamt ist sensibel.
12) Meldestelle für gewaltverherrlichende dschihadistische Onlineinhalte: Ja eh, keine schlechte Idee. Dazu braucht es aber keine Gesetzesänderung, sondern nur einen Programmierer, der auf der Innenministeriumsseite ein Eingabefenster macht. Und vielleicht etwas Personal.
FAZIT: Rechtspopulismus pur. Für alles mögliche gibt es bereits rechtskonforme Regeln. Wenn man etwas Rechtskonformes nur wegen türkis-grünem Marketing ändert, dann ist die Chance groß, dass etwas Rechtwidriges heraus kommt. Lieber Nicht! Gesetz ersetzt keine Polizeiarbeit!
Bonus-Track: Aufhebung der wesentlichen Teile des letzten türkis-(damals)blauen Überwachungspaket 2018 im Wortlaut durch den Verfassungsgerichtshof (Warnung: nur für echte Aficionados geeignet)
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Zuerst Vorstoß zur Entschlüsselung privater Kommunikation, neues Überwachungspaket gegen alle Bürger*innen, präventive Haft ohne Straftat und nun soll es ein Delikt "politischen" Islam geben? Also wir zerstören unseren Rechtsstaat, damit es Terroristen nicht mehr tun können???
Wegen "politischem Islam": Finde den Ausdruck in diesem Verständnis vollkommen ungeeignet. Interessante Diplomarbeit dazu: othes.univie.ac.at/3449/ Muss der Kabinettschef des Kanzlers dann auch bald wegen politischem Katholizismus in Untersuchungshaft?
Na schau der Koalitionspartner ist voll auf Linie. Demokratie und Freiheit vereidigen, dadurch dass man sie zerstört. Soviel verbrannte Erde wird unsere ethische CO2-Bilanz wohl nicht sehr positiv beeinflussen. 🤢
Kurz-THREAD: Erste neue Maßnahmen sind heute da. ris.bka.gv.at/Dokumente/Bgbl… Sie enthalten vorwiegend die Herabsetzung der Sperrstunde auf 19 Uhr und Überarbeitung des Spitals- und Plfegebereichs
Vermutlich ist die Vorverlegung auf 19 Uhr als Anpassung an die Sperrstunde um 20 Uhr gedacht. Der Sinn erschließt sich aber nicht ganz, weil dadurch ja weniger Zeit zum Einkauf zur Verfügung steht und sich das Gedränge eher erhöht als verringert.
Ich traue es mich ja schon nicht mehr sagen, aber verfassungsrechtlich hält das aufgrund des Gleichheitssatzes wohl nicht. Es wird nämlich differenziert zu diversen Geschäften und insbesondere auch Tankstellen, die offen lassen dürfen. Gibt es wenig Grund für den Unterschied.
Gerade zum ersten Mal gesendet mein heutiges Interview zur neuen Lockdown-Verordnung. Musste etwas lachen, dass ich als "renommierter Jurist" eingeleitet wurde 😆 So alt bin ich wieder auch nicht
RECHTSSTAAT und LOCKDOWN (Thread): Eines vorausgeschickt, es ist eine extrem unangenehme Gratwanderung für mich. Grundsätzlich wären verhältnismäßige Maßnahmen notwendig, aber eine eklatante Missachtung des Rechtsstaats bleibt einfach inakzeptabel.
Erstes Problem ist die Bestimmung zur AUSGANGSSPERRE: Da ist bereits der Gesetzestext im CovidMG wegen der weiten und unklaren Ausnahmen problematisch. Ich bezweifle, dass das mangels „Bestimmtheit“ hält und zwar sowohl Gesetz als auch VO („alles ausgenommen“).
Außerdem verlangt §5 CovidMG, dass die Maßnahme 1. unerlässlich ist, und 2. kein gelinderes Mittel zur Verfügung steht. Diese Hürde ist nach den derzeit bekannten Informationen nicht übersprungen. Viel einfacher wären zB Abendparties einfach zu verbieten. Das wäre gesetzeskonform
UPDATE zum 10.04.2020: #Rechtslage zu #COVID19at zu Einschränkungen des täglichen Lebens. Teilweise klarer als bisher. Neuerungen: #Maskenpflicht gibt es nun wirklich. Aufgrund des Umfangs geteilt, THREAD Nr 1: PRIVAT (1)
Disclaimer: Auch ohne Verbote bei Epidemien vernünftig verhalten, dh 1. Nicht krank in die Arbeit, 2. Niemanden anhusten, 3. Abstand halten, 4. Hände waschen, 5. Risikogruppen keiner Gefahr aussetzen (2)
UPDATE zum 05.04.2020: #Rechtslage zu #COVID19at zu Einschränkungen des täglichen Lebens. Es ist für morgen auch ein „Gesamterlass“ angekündigt, der offenbar Regeln kodifizieren und zusammenfassen soll. Es bleibt abzuwarten, ob damit weitere Änderungen verbunden sind (1)
Wieder vorangestellt sei, dass sich jeder auch ohne Verbote bei Epidemien vernünftig verhalten sollte: 1. Nicht krank in die Arbeit, 2. Niemanden anhusten, 3. Abstand halten, 4. Hände waschen, 5. Risikogruppen keiner Gefahr aussetzen (2)