"Energiediskussionen werden oft auf technische Fragestellungen oder Kosten reduziert. Dabei geht es in ihrem Kern aber immer auch um die politische und moralische Entscheidung darüber, in welcher Gesellschaft wir leben wollen."
In was für einer Gesellschaft wollen wir leben? 🧵
Dieser Satz (ich habe ihn übersetzt) steht in einem Buch, das ich gerade lese. Man könnte alleine mit der Abhandlung dieses einen Satzes ein Buch füllen (aber dafür gibt es sicher berufenere Menschen als mich) – trotzdem ein paar (zugegeben etwas pathetische) Gedanken dazu:
Fossile Energien wie Kohle, Öl und Erdgas haben uns in den letzten 200 Jahren Wohlstand und Mobilität gebracht, ja. Sicher nicht allen Menschen und oftmals nicht jenen Ländern, wo die fossile Energie herkommt, aber grosso modo „uns“. Zu welchem Preis?
Wir wissen schon lange, dass die Förderung und Verbrennung von fossilen Energien problematisch ist und die Erde aufheizt. Eigentlich seit 1896, als Svante Arrhenius als Erster den Treibhauseffekt beschrieben hat. CO2 ist das bedeutendste Treibhausgas (THG).
Die Verbrennung von Fossilen ist für rund 2/3 der THG verantwortlich. Produktion und Transport von Öl/Gas heizen die Erwärmung durch Methanemissionen, die 30-mal schädlicher sind als CO2, zusätzlich an. Dass wir die Methanmengen bisher unterschätzen, halte ich für wahrscheinlich.
Über die Klimakrise hinaus gibt es viele Gründe, die gegen Kohle, Öl und Erdgas sprechen: Die Gesundheit, z.B.: Fossile Energie verursacht durch Luftverschmutzung 8 Mio. vorzeitige Todesfälle pro Jahr. So viele Menschen, wie in 🇦🇹 leben. (via @BenAntRaho)
Die negativen Effekte auf die Gesundheit betreffen bereits Kinder: Vermehrt Asthma durch Erdgas, Karzinogene durch Kohle. Darüber hinaus hören wir von Gasexplosionen und Zwischenfällen mit Kohlenmonoxid, Ölaustritten, Tankerunfällen und und und.
Immer wieder wird argumentiert, dass diese Energieträger einfach unschlagbar günstig sind.
Teilweise stimmt das.
Aber wieso? 1) weil Externalitäten (Gesundheitskosten, Umwelt- und Klimaschäden,...) nicht eingepreist sind und 2) weil fossile Energie massiv subventioniert wird:
In Österreich decken wir erst 34% unseres Energieverbrauchs mit Erneuerbaren, der Rest ist fossil. Hauptsächlich Öl und Gas. Kohle steckt quasi nur noch in der Stahlerzeugung. Sehr viel hat sich daran nicht verändert in den letzten Jahren.
Woher kommen unsere fossilen Energieträger?
Öl, Erdgas und Kohle müssen importiert werden. Kohle vollständig, Öl zu 95%, Erdgas zu 92% (2019). Eine hohe inländische Wertschöpfung sieht anders aus.
11,3 Mrd. € haben wir 2019 für den Import von Kohle (0,8), Erdgas (2,6) und Öl (7,9) ausgegeben. Netto sind so 9 Mrd. € aus Österreich abgeflossen.
Die österreichische Energieversorgung ist zu 71,9% vom Ausland abhängig, was deutlich über dem EU-Schnitt liegt.
Wohin fließen diese 11,3 Mrd. €?
Erdgas kommt hauptsächlich aus Russland (genaue Zahlen kenne ich nicht, qualifizierte Schätzung: 75-80% der Gasimporte).
Öl aus Kasachstan, Libyen, Irak, Aserbaidschan.
Alles „lupenreine Demokratien“? Not so much.
Der Demokratieindex des @TheEconomist misst den Grad der Demokratie in 167 Ländern. Die Länder, aus denen wir Gas und Öl beziehen werden allesamt als „autoritäre Regime“ eingestuft.
Mehr als 10 Mrd. € fließen aus Österreich für Öl und Erdgas in diese Länder.
Und ausgerechnet aus Russland wollen wir mit #NordStream2 noch mehr Erdgas nach Europa bringen? „Wir“ hätten jetzt die historische Möglichkeit, „njet“ zu sagen.
Zumal wir die Pipeline nicht brauchen, wie neben vielen anderen auch @CKemfert gezeigt hat.
Fossile Energie hat uns in der Entwicklung weit gebracht, aber jetzt ist es an der Zeit, uns von ihr zu verabschieden. #babaÖl#babaErdgas#babaKohle
Für bessere Luft, mehr Komfort, zukunftsfeste Jobs + Wertschöpfung, mehr Platz zum Bewegen, mehr Freiheit und ein gutes Gewissen.
P.S.: Gerade ist die Sanierungsoffensive des @bmk_infothek mit neuen Förderungen gestartet. Wenn ihr jemanden kennt, der*die ein modernisierungswürdiges Haus, eine alte Ölheizung hat oder noch mit Erdgas heizt, dann schickt ihm*ihr diesen Link:
Gegenüberstellung von Erzeugung und Verbrauch: Die Lücke decken wir mit Netto-Stromimporten.
Der Verbrauch/Last ist während des ersten #COVID19at-Lockdowns (März/April, rot hinterlegt) eingebrochen und dann wieder sukzessive gestiegen.
2/n
Weil wir unseren Verbrauch eben nicht mit inländischer Erzeugung decken können, liegt der Erneuerbaren-Anteil am Stromverbrauch etwas geringer, und zwar bei 72%.
(Es gibt hier verschiedene Berechnungsarten. Wundert euch nicht, wenn ihr anderswo andere Werte seht)
Wie ihr oben seht ist der Anteil Erneuerbarer in Österreich mit knapp einem Drittel schon höher als in anderen Ländern (PEV). Das liegt vor allem an der Wasserkraft und der Nutzung von biogener Energie 🌲.
Wie man an Deutschland sieht holen andere Länder aber stark auf.
Als Teil der EU hat Österreich auch ein Ziel bekommen, das bis 2020 erreicht werden muss: Einen Erneuerbaren-Anteil von 34,0 % am Bruttoendenergieverbrauch.
Das sollte sich ausgehen, 2019 sind wir bei 33,6% gelegen.
(Die Werte ab hier werden etwas anders berechnet als oben)
🚗 Österreich: Nach dem Rekordwert im September (9%) liegt der Anteil von Elektroautos an den im Oktober neu zugelassenen Pkw wieder bei 7%.
Aber: Tesla werden am Ende des Quartals ausgeliefert (September). Bereinigt man den Tesla-Effekt landen wir im September ebenfalls bei 7%.
Diesel fällt weiter und kommt im Oktober 2020 auf 33%. Der Anteil von Hybriden ist stark gestiegen und liegt bei 18%, aber nur ein Viertel davon sind plug-in-fähig.
Zum Vergleich: In Norwegen 🇳🇴 sieht die Situation schon völlig anders aus. Dort liegt der Anteil von vollelektrischen Pkw an den Neuzulassungen schon bei fast 60%! @eyaven
Die #Niederlande 🇳🇱 haben z.T. sehr konkrete Vorschläge gemacht, wie eine #EUGreenRecovery – ein grünes EU-Konjunkturpaket – ausschauen könnte und wie damit öffentliche und private Investitionen ausgelöst werden.