Ich habe mal mit mir selbst geredet und die Frage diskutiert, warum ich Institutionen, Behörden und deren Vertreter:innen so scharf kritisiere. Meine vorläufige Antwort: weil ich mich damit auch immer selbst kritisiere.
Konkret wird das bei mir derzeit in der Auseinandersetzung darum, ein Kind vom Präsenzunterricht zu befreien. Hier steht meine Risikobewertung im fundamentalen Gegensatz zu dem der @RegHessen. Es ist nicht so, dass ich die grundsätzliche Entscheidung, die Schulen zu öffnen, ...
... nicht verstehe. Für viele Eltern und Kinder ist es genau das, was sie brauchen und sie sind bereit, das damit verbundene Risiko einzugehen. Wir nicht. Von kluger Politik erwarte ich deshalb in einer Ausnahmesituation, dass sie Entscheidungsfreiheit ermöglicht.
Das würde nämlich auch Funktionsträger:innen ermöglichen, freier zu agieren. Nochmal konkreter: Schulleitungen und Lehrer:innen wären dann nicht gezwungen, autoritär zu agieren (ganz losgelöst davon, dass ich persönlich von einer Schulleitung erwarte, dass sie freier agiert).
Warum also kritisiere ich so scharf? Weil ich mir Sorgen um den Zusammenhalt unserer Gesellschaft mache. Nochmal zum Beispiel Schule: Lehrer:innen sind ja nicht nur Funktionspersonal, sondern Menschen, mit denen wir in ganz vielen Kontexten und Rollen agieren.
Sie sind Freund:innen, Vereinskamerad:innen, Ehrenamtler:innen etc. Wie stellen wir uns vor, sollen wir in diesen Bereichen zukünftig miteinander umgehen, wenn ein:e Lehrer:in den Druck des Dienstherren an eine Familie weitergibt und dabei – bewusst oder unbewusst – vor allem ...
... sozialen Druck auf Kinder aufbaut, und dann ausgerechnet dieses Kind erkrankt, das Virus weiterträgt, jemand in der Familie erkrankt, stirbt? Wie soll das gehen, ohne dass selbst der schicksalergebenste Mensch nicht danach fragt, warum das passiert ist, und ob nicht doch ...
... jemand schuld ist? Starre Politik in einer Ausnahmesituation zerstört damit gesellschaftlichen Zusammenhalt, vor allem, wenn sie auf Funktionsträger:innen trifft, die es nicht wagen, auszuscheren. Kluge Politik würde dagegen solche Situationen vermeiden, in dem sie ...
Freiheit im Denken und Handeln ermöglicht. Eine passende Leitidee hat übrigens Heinz von Foerster in seiner KybernEthik formuliert: „Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird!“ Im konkreten Fall hieße das: Präsenzunterricht UND Wahlfreiheit ermöglichen.
So machen es beispielsweise andere Bundesländer als Hessen, und ich halte das für vernünftig. Und wo bleibt die Selbstkritik? Ich bin im Ton manchmal zu scharf. Das führt dazu, dass andere sich als Person angegriffen fühlen, wo ich ihr Handeln in bestimmten Rollen meine.
Und ich habe es über lange Jahre versäumt, noch viel klarer und ausdauernder die Fehlentwicklungen, bspw. im Schulsystem anzusprechen, die ich gesehen habe und die uns jetzt auf die Füße fallen. Warum? Weil ich kaum Bewegung gesehen habe. Weil es für unsere Kinder doch gut lief.
Weil es sich viel besser anfühlt, Dinge besser wissen zu können als besser machen zu müssen. Und vor allem, weil ich im privaten Umfeld einfach keine Lust auf Streit mehr hatte. Aber genau das müssen wir lernen: Streiten, konstruktiv. Denn die eigentliche Diagnose ...
... der Pandemie ist nicht Staatsversagen – das. gibt es auch –, sondern Gesellschaftsversagen. Wir haben versagt. Ich habe versagt. Ich habe zugelassen, dass Rassimen uns spalten, Schulen zu Selektionsstationen wursen und wir unsere Lebensgrundlagen zerstören.
Bisschen pathetisch? Klar. Aber nur wenn ich sage, dass und wo ich versagt habe, kann ich lernen und es besser machen. I am starting with the man in the mirror. Passt auf Euch auf, Ihr Versager:innen :-) Try again. Fail better.

#Coronatagebuch

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11 Mar
So, zum Abend ein kleiner Thread für alle #Corona-Logik-Freund:innen. Wir setzen uns ja gerade mit der Schule auseinander, unter welchen Bedingungen ein Kind vom Präsenzunterricht befreit werden kann. Auf unsere erste Erklärung, dass uns das Risiko zu hoch ist, weil ...
... in einer Pandemie mit steigendem Infektionsgeschehen und Virusmutationen, nicht ausreichend verfügbare Schutzmöglichkeiten genutzt werden, konkret:
- verpflichtende medizinische Masken
- Lüftungsanlagen
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Auf diese Argumente reagierte die Schule autoritär unter Verweis auf das Schulamt und informierte uns, dass die Abwesenheit als unentschuldigte Fehlstunden eingetragend werden müssten. Dahinter steckt eine Eskalationslogik, die bis zu Bußgeldern und Strafverfahren führen kann.
Read 10 tweets
7 Mar
In diesen Tagen jährt sich mein positiver #Corona-Test. Bereits als ich wusste, Kontaktperson 1. Grades zu sein, habe ich u.a. dank der Hilfe von @csommer den Weg für uns als Familie in die Quarantäne geplant, meine Kontakte informiert und über die 116117 einen Test anberaumt.
Der Prozess, den ich dann erlebte, war eine Begegnung mit Dilettantismus und Überforderung, den ich in Deutschland nicht für möglich hielt. Angefangen bei einer Ärztin im Bereitschaftsdienst, die mich zunächst nicht testen wollte, weil ich ja keine klaren Symptome hätte, über ...
... ein Gesundheitsamt, das nach dem Test zunächst sagte, keine Daten zu mir zu haben, um mich dann acht Tage später über einen positiven Test zu informieren, der schon eine Woche zurücklag, bis zu einem anderen Gesundheitsamt, deren Mitarbeiterin ich erst erklären musste, ...
Read 14 tweets
2 Mar
Warum das Vertrauen in Regierungen (nicht die Demokratie) sinkt. Ein kurzer Thread.

Im September 2020 verbreitet @RegHessen mit einigem Tamtam, dass @StM_Klose @CiesekSandra mit einer Studie zum Einsatz von #Corona-Schnelltests an Schulen beauftragt: kultusministerium.hessen.de/presse/pressem…
SAFE SCHOOL lautet der verheißungsvolle Titel. Über die Ergebnisse der Studie findet sich dort aber nichts.

Über die schreibt @CiesekSandra selbst.

Die Pressemitteilung des Universitätsklinikums Frankfurt dazu: kgu.de/ajax/news-deta…
Dort heißt es u.a.: "Für die Schule kann man (...) ableiten, dass der Einsatz von Antigen-Tests mit hoher Frequenz dazu beitragen kann, das schulische Umfeld (...) sicherer zu machen (...)". "(...) besonders in Phasen, in denen es in der Bevölkerung viele Infektionsfälle gibt."
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1 Mar
Wer Kampagnen vrantwortet, egal ob privat oder beruflich, sollte immer den Kontext einbeziehen. Wer als Soldat:in der #Bundeswehr ein Projekt wie #WirGegenExtremismus startet, sollte wissen, wann @BMVg_Bundeswehr seinen Extremismusbericht veröffentlicht: bmvg.de/de/aktuelles/e…
Die Verantwortung, den Kontext zu beachten, gilt in besonderer Weise für Führungskräfte. Sie müssen außerdem den Prozess immer vom Ende her denken. Insbesondere dann, wenn sie andere, die diese Kontexte nicht kennen, zum Mitmachen animieren wollen.
Dazu gehört auch, klare Regeln aufzustellen, wie die Kampagne darauf reagiert, wenn andere auf den Zug aufspringen wollen. Vor allem, wenn diese sich regelmäßig gegen das kommunizierte Ziel der eigenen Kampagne positionieren.
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27 Feb
Wenn ich es richtig verstanden habe, sind wir uns in Deutschland einig, dass der Mittelstand das Rückgrat unserer Wirtschaft ist. Deshalb erlauben wir es auch, dass Unternehmen komplexe Produkte herstellen und vielfach mit gefährlichen oder sogar toxischen Materialien arbeiten.
Was ich nicht verstehe, ist, dass wir den gleichen Unternehmen offenbar nicht zutrauen, wirksame Hygienekonzepte zu entwickeln und im Rahmen einer umfassenden Teststrategie einen wichtigen Beitrag zu leisten, um die Pandemie aktiv zu bekämpfen.
Mein Eindruck ist, dass von den so genannten „preußischen Tugenden“, für die uns vor allem auch Menschen in den asiatischen Ländern bewundern, nur noch autoritäres Denken und Rechthaberei übrig geblieben sind, nicht aber Gemeinsinn und Konsequenz im Handeln.
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7 Aug 20
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Auf meine vor knapp zweich Wochen gestellten Fragen, finde ich weiterhin keine Antworten. Das heißt auch: Die Stellungnahme an sich ist kein journalistischer Beitrag, sondern PR und die Redaktion vermischt dort bewusst Fakten.
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