Ich habe gestern beim “Prominenten-Zocker-Special” von “Wer wird Millionär” reingeschaut. Dort spielen “Stars, die das Risiko lieben” und können Geld für einen guten Zweck gewinnen. Hört sich doch gut an, oder? Na ja… (Thread)
Ich jedenfalls hatte massive Störgefühle und kam mir vor wie in einer kapitalistischen Dystopie auf Netflix: Ein paar superreiche Millionäre machen sich zusammen mit dem Publikum nen Spaß daraus, darum zu zocken, ob Hilfebedürftige ne milde Gabe bekommen oder nicht.
Und wenn irgendeine lächerliche random Quatschfrage nicht richtig beantwortet wird, haben die Benachteiligten halt nochmal Pech gehabt: “Haha, vielleicht klappt’s ja nächstes Mal!” Das wird normalisiert und weggelacht - so sind die Spielregeln halt.
Wie würden wir bei folgendem Szenario reagieren? Ein schnöseliger Youtube-”Prankster” geht zu einem hungrigen Obdachlosen und würfelt vor seinen Augen um die nächste warme Mahlzeit. Eine 6 gibt feines Happahappa, bei 1 bis 5 bleibt der Magen leer - such is life.
Danach wandert das Filmchen zu Youtube und der Unterhaltungs-Profi lässt sich feiern, weil es spannend und aufregend war. Eine Art Hunger-Games-Mildtätigkeit, bei der der Veranstalter immer gewinnt - durch Klicks und Werbung.
Versteht mich nicht falsch: Natürlich hinkt der Vergleich etwas. Selbstverständlich ist der Grundgedanke, etwas Gutes zu tun, unterstützenswert. Es kommt aber darauf an, wie man es macht. So wie es jetzt läuft, erzeugt es Störgefühle, und das merkte man sogar den Prominenten an.
Es ist alles nicht einfach, aber der ignorante und alberne Umgang mit Ungerechtigkeit zeigt ein grundsätzliches Problem auf. Es ist an der Zeit, über Regeländerungen nachzudenken. Bei RTL und in unserer Gesellschaft. Das zynische Game wird nämlich nicht nur im TV gespielt.

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14 Mar
Keine Zeit oder Lust, die Wahlsendungen zu verfolgen? Kein Problem! Hier die wichtigsten Sätze im Schnelldurchlauf: #ltwbw21 #ltwrlp21
➡️Möchte mich zunächst bei unseren Wählern und Wählerinnen bedanken.
➡️Klarer Auftrag zur Regierungsbildung!
➡️Ich gratuliere der Gegenseite!
➡️Der Souverän hat nun entschieden.
➡️Gibt überhaupt nichts zu beschönigen, aber...
➡️Wir werden uns jetzt zusammensetzen.
➡️Geschlossene Mannschaftsleistung!
➡️Kein Hinweis auf die Bundestagswahl.
➡️Dies ist heute nicht der Tag, an dem...
➡️Die Wahl ist vorbei, und der Wähler hat gesprochen.
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2 Feb
In der Politik und der Öffentlichkeitsarbeit kommt es immer wieder zum Phänomen der “Nonpology”.
Darunter versteht man eine Entschuldigung ohne echte Reue. Das Ziel: Vergebung ohne Schuldanerkenntnis.

Dieses Statement zu #DieletzteInstanz ist ein schönes Beispiel dafür. 1/15
Hallaschka wendet sich nicht auf übliche Art an die “lieben Zuschauer und Zuschauerinnen”, sondern startet mit einem distanzierten “Hallo Internet!”
Die Botschaft: Ich spreche hier nicht zu meinem TV-Publikum, sondern zu den Anonymen, dort draußen in der Onlinewelt. 2/15
Er wolle sich zu seiner “vieldiskutierten” Talkshow zu Wort melden. Damit macht sich Hallaschka zunächst selbst ein Kompliment: Diskussionen auszulösen ist schließlich der Wunsch jedes Talkmasters.
(Zutreffender wäre wohl “vielkritisierten” gewesen.) 3/15
Read 15 tweets
5 Dec 20
Dieses 30-sekündige #Merz-Video lässt Schlimmes befürchten, was den Stil deutscher Wahlkämpfe betrifft. Es ist die Inszenierung des Politikers als Heilsbringer und Übermensch nach amerikanischem Vorbild bei gleichzeitiger Inhaltsleere. 1/18

Wer Lust hat, schaut und hört sich den Clip zunächst kurz an und liest danach hier weiter. Dann kümmern wir uns nämlich um die cineastische Ausführung und die direkten und impliziten Botschaften. 2/18
Basis des Videos ist das Grußwort von Friedrich Merz beim NRW-Tag der Jungen Union in Köln. Für Merz war der Besuch dort eine Art Heimspiel: Er ist der erklärte Favorit der JU für den Parteivorsitz der CDU. 3/18
Read 18 tweets
14 Nov 20
Familienministerin Franziska #Giffey (SPD) will künftig nicht mehr auf Plagiate in ihrer Doktorarbeit angesprochen werden und hat dazu eine bemerkenswerte Erklärung voller Finten, Opfersprech und Pathos abgegeben. Wir schauen uns das mal an. 1/17
Um es vorwegzunehmen: Giffeys Text ist eine Mischung aus uneinsichtiger “Nonpology” (Nicht-Entschuldigung ohne Reue), halbherziger Rückgabe von Diebesgut in der Hoffnung auf Straferlass und Vergesslichkeit, allerlei Opfer- und Märtyrer-Getue und Wahlkampf-Geklingel. 2/17
Ihre Intro soll nüchtern, objektiv und protokollarisch klingen. Das nachträgliche Prüfverfahren wegen Plagiatsverdacht stellt sie als “Entscheidung über mein Promotionsverfahren” dar. Die Metabotschaft: Eigentlich nur ein Verwaltungsakt wie viele andere. 3/17
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28 Oct 20
Es gibt ein neues Interview mit Dieter #Nuhr. Dort verwendet er mal wieder eine seiner Lieblingsmethoden: Er verkauft Ignoranz und Borniertheit als Altersweisheit und Gelassenheit.
Lasst uns das kurz aufdröseln... 1/8
Es ist das ewige Lied des alten weißen Mannes, der Änderungen in seinem Umfeld als persönlichen Angriff auffasst.

Feminismus, Diskriminierung, Genderthemen, Sprachsensibilität, Klimawandel, Umweltbewusstsein?
Alles nur Modethemen und "Hysterie". 2/8
Beliebtes Beispiel: Die Situation des Walds. Damit kann man Punkte machen beim unbedarftem Publikum.

"Seit Jahren stirbt der Wald, aber überall sieht man Bäume. Har Har Har!" 3/8
Read 9 tweets
18 Oct 20
#Bild verfolgt in Sachen Corona eine besorgniserregende Agenda: Mit allerlei rhetorischen Tricks und dem Säen von Zweifeln werden dafür anfällige Menschen in ihrem Trotz gegen simple, aber effiziente Maßnahmen wie Maskenpflicht bestärkt. 1/13
Mal greift “Bild” zur Brechstange, mal setzt “Bild” auf das Mittel der kleinen Nadelstiche. Mal ist es Julian Reichelt mit seinen manipulierenden und suggestiven Meta- und Verschwörungsbotschaften, mal spricht z.B. Debattenchef Piatov zum Volk. 2/13
In seinem aktuellen Kommentar insinuiert Priatov einen Sinneswandel, den es nur in seiner Vorstellungswelt gibt. Schließlich sind sich alle Experten einig, dass Herbst und Winter ein weitaus größeres Ansteckungsrisiko und Erkrankungspotenzial aufweisen als der Sommer. 3/13
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