Der Bundeskanzler #Kurz tritt im #ibizaUA auf, bei dem die ÖVP in den Fokus gerückt ist. Seine rhetorischen Tricks und die Ablehnung des parlamentarischen Kontrollgremiums sind so dreist, dass man beim Zuhören rot wird. Ihm ist wirklich nichts wichtig - außer er selbst.
Kurz fängt an, dem U-Ausschuss "Hass" + "vergiftete Stimmung" zu unterstellen. Er kommt hier als Opfer einer irrationalen, emotionalen Opposition. Aus einem ganz normalen Vorgang in einer Demokratie macht er eine Gefühlssache, man soll nicht denken, sondern mit ihm mitfühlen.
Kaum jemand hat so eine Machtkonzentration in der Republik aufgebaut wie Kurz im Kanzleramt. Aber wenn Kurz spricht, glaubt man, er ist da irgendwie unschuldig reingeraten. Er ist kein kalkulierter Medien- und Politstratege, sondern ein naives Opfer einer mächtigen Opposition.
Zur Falschaussage im letzten U-Ausschuss: Nicht er hat falsch ausgesagt und trägt Verantwortung dafür. Nein! Er hat den Fehler gemacht, zu unbedarft auf Fragen geantwortet zu haben. Dann hätten ihn Abgeordnete angezeigt und damit verhindert, dass er jetzt diesmal offen antwortet.
Kurz führt seine Falschaussage im Ausschuss auf die aufgeheizte Stimmung und Zwischenrufe dort zurück, er wurde unter Druck gesetzt. @KrainerJan schlägt vor, die Stelle nachzuhören (zackzack.at/2021/06/30/exk…), um das zu widerlegen. Die ÖVP ist dagegen - warum eigentlich?
Nach einer längeren Geschäftsordnungsdebatte darf die Aufnahme abgespielt werden. Wir hören eine sehr ruhige Befragung durch @steffi_krisper und @KrainerJan - kein Zwischenruf ist zu hören. Ob Kurz das mit der aufgeheizten Stimmung meint? Sobotka lässt die Frage nicht zu.
Zur Justiz: Kurz macht seit Monaten Stimmung gegen die Justiz, z.B. das Hintergrundgespräch, wo er von "roten Netzwerken" sprach, die die Justiz instrumentalisieren. Beweise hat er dafür keine, jede_r, der die österr. Justiz kennt, findet das absurd. derstandard.at/story/20001143…
Aber selbst hier schafft er es, sich zum Opfer zu machen. Diesmal sind die "Verteidiger der Justiz" schuld. Denn wenn sich andere demonstrativ "hinter die Justiz stellen", entstehe der Eindruck, er würde die Justiz pauschal kritisieren - die sind schuld, nicht er.
Das findet Kurz "schade". Er will einzelne Institutionen (konkret die wksta, die gegen ihn und Blümel und andere ÖVP-Politiker ermittelt) kritisieren (eher ohne Grundlage angreifen), ohne von diesen bösen Anderen als "Kritiker der Justiz" verunglimpft zu werden.
Jetzt ist einem eigentlich schon schwindelig. Aber es wird noch dreister: Kurz vergleicht seine Anschüttungen der wksta mit der Kritik an der Katholischen Kirche nach den Missbrauchsfällen: "Man kann ein sehr guter Gläubiger sein und dennoch die Kirche kritisieren"
Und diese Vergleiche, deren einziger Sinn die Vernebelung und das säen von Zweifel ist, werden dann immer mehr: ÖVP bekam Großpenden in einmaliger Höhe und verschleierte sie zum Teil, aber auch bei "den Roten" redet die Gewerkschaft mit, bei den Grünen die NGOs.
Den Zusammenhang sucht man vergeblich. Dass die Interessen von 4 Milliardären nicht das gleiche sind wie die von 4 Mio. ArbeitnehmerInnen ist das eine. Dass es in einem Fall um den Vorwurf der Bestechlichkeit geht, im anderen um normale politische Repräsentation das Eigentliche.
Kurz versteckt seine hemmungslos aggressive Machtpolitik, in der alles kalkuliert ist, hinter einer naiv-ahnungslosen Opferrolle - Beschädigung von Parlament und Justiz inklusive. Wer ihm das noch glauben soll, weiß ich nicht. Man wird sehen, was morgen in den Zeitungen steht.

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