Als im März vom „deutschen Impfdesaster“ geredet wurde und im Internet Prognosen zirkulierten, dass Menschen im mittleren Alter erst 2023 gegen #Covid19 geimpft würden, veröffentlichten @AndrewWattEu und ich eine Projektion zum Impfpfad mit dem Titel „Yes, we can“. 1/
In dem @imkflash Policy Brief schrieben wir, dass es rechnerisch möglich sein würde, bis Ende Juli alle impfwilligen Erwachsenen in Deutschland vollständig zu impfen. 2/ imk-boeckler.de/de/faust-detai…
Tatsächlich zeigen die Zahlen und die Lage nun, Ende Juli, das es wohl tatsächlich möglich war, allen impfwilligen Erwachsenen ein Impfangebot zu machen. Leider scheint es aber nicht so viele Impfwillige zu geben, wie wir angenommen hatten. 3/
Für unsere quantitative Analyse gingen wir von 75 % Impfwilligen unter den Erwachsenen aus, und damit von grob 52,5 Mio. notwendigen Komplettimpfungen. Die 75 % hatten wir damals aus gängigen Umfragen genommen. 4/
Bis Ende Juli haben sich nun etwas mehr als 51 Mio. Menschen einmalig impfen lassen, 43,3 Mio. sind komplett geimpft. Der Grund für das Verfehlen des quantitativen Ziels war aber am Ende nicht Angebotsengpässe oder Logistikprobleme, sondern mangelnde Impfbereitschaft 5/
oder einfach Nachlässigkeit, weil offenbar viele die Impfungen als nicht so wichtig empfunden haben, um sich darum zu kümmern. 6/
Man sieht das schön an dem von uns projizierten Impfpfad und den tatsächlichen Impfungen: Bis etwa Ende Juni lagen die Verimpfungen sehr schön auf dem Pfad, danach knickten sie ab. 7/
Deutlich sieht man das Problem auch, wenn man sich die täglichen Impfungen anguckt: Bis Ende Juni hatten wir z.T. über 1,4 Mio. Impfungen pro Tag, und im 7-Tagesschnitt mehr als die eigentlich notwendigen Dosen für das Impfziel, dann knickte es ab. 8/
Das ist für die Pandemiebekämpfung tragisch. Ein schnellerer Impffortschritt würde uns eine bessere Verteidigung gegen die neuen #Delta-Welle geben und die Chancen wären größer, dass wir Herbst und Winter ohne neue Kontaktbeschränkungen überstehen. 9/
Wir fühlen uns mit unseren Projektion (war keine Prognose!) dennoch bestätigt.
Die Diskussion im März drehte sich um zwei Fragen: 1. Wird es überhaupt absehbar genug Impfstoff geben? 2. Ist es logistisch machbar, diesen Impfstoff zu verimpfen? 10/
Beides wurde damals massiv bezweifelt. Die von uns errechneten notwendigen täglichen Impfungen von 670,000 wurden als unrealistisch angesehen, die angekündigten Produktionssteigerungen bei den Herstellern auch. 11/
In persönlichen Gesprächen glaubten uns damals wenige, dass sie persönlich bis zum Sommer geimpft sein würden, wenn sie nicht zu den ersten Prioritätsgruppen gehörten. 12/
All das war übertrieben. Bei der ursprünglichen Beschaffung der Vakzine und den EU-Verträgen wurden zwar wohl große Fehler gemacht. Insbesondere #AstraZeneca und Johnson & Johnson gaben sich mit verfehlten Lieferversprechen 13/
Blößen, die ich von global führenden Pharmakonzernen nicht erwartet hätte, aber am Ende verzögerte all das die Impfkampagne gegenüber UK oder den USA um vielleicht 6 Wochen.
Am Ende funktionierte die Logistik und das deutsche Gesundheitssystem zeigte seine Skalierbarkeit. 14/
Sechs Wochen Verzögerung sind nicht trivial, dahinter stehen unnötige Tote, Kranke und wirtschaftlicher Schaden durch Kontaktbeschränkungen.
Allerdings ärgert mich derzeit die Impfzurückhaltung fast mehr, denn diese wäre praktisch ohne Kosten 15/
völlig vermeidbar: Glaubt man Umfragen, gibt es noch relevante Bevölkerungsgruppen, die sich im Prinzip impfen lassen würden, die das aber derzeit nicht tun. Warum nicht, ist unklar. Vielerorts gibt es sehr niedrigschwellige Angebote 16/
Der Streit um die #Stiko-Empfehlung zu den Impfungen von Jugendlichen und dem Vorhaben der Gesundheitsminister, diese Impfungen zu forcieren, spitzt sich zu. Ein paar Gedanken von mir zu dem Thema. 1/
Vorneweg: Ich halte wissenschaftliche Beratung für politische Entscheidungsprozesse für sehr wichtig. Und: Ich kann nicht den Nutzen und Kosten von Impfungen abwägen, da ich kein Mediziner bin. 2/
Als Volkswirt (und früherer Journalist) habe ich allerdings einige Erfahrung mit der Kommunikation wissenschaftler Empfehlungen und der Kommunikation von Entscheidungen, in die solche Expertise einfließt. 3/
Hier wurde zuletzt @michael_huether harsch kritisiert. @BachmannRudi hat JournalistInnen aufgefordert, WissenschaftlerInnen von @iw_koeln und @imkflash nicht mehr wie „ganz normale Ökonomen“ ansehen, mit dem Unterton, dass es dort einen Bias gäbe. 1/
Ein paar Gedanken hierzu aus von mir aus langjähriger Erfahrung als Journalist, Hochschullehrer (ich bin ja weiterhin an der @HTW_Berlin) und nun Wissenschaftlicher Direktor am @imkflash. 2/
Nach meiner Erfahrung sind praktisch alle ÖkonomInnen (ob Uni, Institute oder @iw_koeln/@imkflash) von ihren grundlegenden Werten und Weltanschauungen geprägt und die individuellen Forschungsergebnisse sind selten ganz unabhängig von diesen Vorprägungen. 3/
Wir haben heute unsere neue @IMKFlash Prognose veröffentlicht. Wie auch in den letzten beiden Prognosen sind wir optimistischer als etwa die Bundesregierung @BMWi_Bund. Wir rechnen für Deutschland 2021 mit einem BIP-Plus von 4,5 %, für 2022 mit 4,9 %. 1/ boeckler.de/de/faust-detai…
Wir sind damit gegenüber der Frühjahrsprognose (4,9 %) und gegenüber unserer Dezember-Prognose (ebenfalls 4,9%) leicht nach unten gegangen. Grund ist vor allem, dass sich die Kontaktbeschränkungen in Deutschland länger hingezogen haben, 2/
als wir ursprünglich erwartet hatten, zum anderen, dass die Lieferprobleme bei Halbleitern die Industrieproduktion stärker gebremst haben als bisher angenommen. 3/
Nach den sehr guten Impfzahlen von Mittwoch und Donnerstag zeichnet sich ab, dass diese Woche eine Rekordwoche bei den Impfungen gegen #Covid19 werden könnte.
Leider muss ich allerdings heute doch etwas Wasser in den Wein schütten – es zeichnen sich Schwierigkeiten ab. 1/
Auf den ersten Blick liegen die Verimpfungen gut auf dem Pfad, den @AndrewWattEU und ich nach Ostern projiziert haben, um rechnerisch 52,5 Mio. Menschen (75 % der Erwachsenen) bis Ende Juli 2021 vollständig zu impfen. 2/
ABER: Dieser Pfad war berechnet mit einem signifikanten Anteil an J&J-Impfungen. Diese Impfungen sind weit hinter unserer Projektion zurück, weil J&J einfach viel langsamer geliefert hat als ursprünglich angekündigt. 3/
Was ist eigentlich ökonomisch so problematisch an Rentenbeiträgen über 20 %, wenn damit eine längere Rentenzeit (wg. höherer Lebenserwartung) finanziert wird und wenn diese längere Rentenzeit den Präferenzen der WählerInnen entspricht? 1/
(Abgesehen davon, dass Deutschland auch schon Beitragssätze zur gesetzlichen Rentenversicherung von über 20 % hatte, ist auch das theoretische Argument gegen höhere Rentenbeiträge aus meiner Sicht schwach.) 2/
In der Vergangenheit wurde gerne diskutiert, dass die höheren Beiträge das Arbeitsangebot senken würden, weil sie ja wie eine Steuer wirkten und sich dann „Arbeit nicht mehr lohne“. 3/
Hier auf Twitter wurde diskutiert, dass die Impfzahlen für die vergangene Woche nicht gut ausgefallen seien. Das kommt darauf an, welchen Maßstab man setzt. Die Impfzahlen lagen leicht unter den Rekordwochen, waren aber keine Katastrophe. 1/
Tatsächlich liegen sie im Großen und Ganzen noch auf dem im März projizierten Impfpfad von @AndrewWattEU und mir für 52,5 Mio. Komplettimpfungen bis Ende Juli. 2/
Was eigentlich enttäuscht, war, dass nicht mehr geimpft wurde. Angesichts der vom @BMG_Bund vorher veröffentlichten Prognosen für Impfstofflieferungen wäre eine Rekordwoche möglich gewesen. 3/