Eine #Ausgabenbremse richtet mehr Schaden an als sie hilft. Die Ausgaben der Gesellschaft für Alterung und gegen Klimakrise werden in den nächsten Jahren/Jahrzehnten steigen. Sie sind notwendig und gehören vernünftig finanziert, nicht im Keim erstickt. Ein Thread: 1/18
Die Lebensqualität in Österreich ist eine der höchsten weltweit. Das liegt auch an den Ausgaben, die der Staat für uns tätigt: Absicherung im Alter, bei Armut oder Krankheit, Bildung für die Jugend, exzellente Infrastruktur. 2/18
Der Sozialstaat hebt hierzulande 600.000 Menschen bis 65 über die Schwelle, unter der sie armutsgefährdet wären. Da sind Pensionisten, die ohne Mindestpension in Altersarmut leben würden, noch gar nicht eingerechnet. 3/18
Zehntausende Kinder können jährlich gratis oder billig Kindergarten, Schule oder Uni besuchen. Anderswo sind dafür Tausende Euro pro Jahr zu zahlen. Das alles sind Staatsausgaben (Lehrer, Polizisten, Kindergärtner, usw.). 4/18
Hier auf die "Ausgabenbremse" zu steigen, gefährdet direkt die Finanzierung dieser staatlichen Aktivitäten, und damit auch der Lebensqualität und des Wohlstandes der breiten Masse in Österreich. 5/18
Das sehen wir in Schweden. Die Ausgabenbremse dort hat unter anderem zu massiven Einsparungen im Gesundheitssystem geführt. In den 1890ern hatte Schweden noch 4300 Intensivbetten, heute nur mehr 500. Während Corona hätte das Land aber mindestens dreimal so viele benötigt. 6/18
Deutschland ist ein Land mit strenger Schuldenbremse und einer Ideologie des immer zwingend ausgeglichenen Haushalts. Die Folge: Es wird so wenig investiert, dass Schulen, Autobahnen, und öffentliche Gebäude schleichend verfallen. Von Ausbau keine Rede. 7/18
Es gibt also konkrete Gefahren einer Ausgabenbremse. Sie kann zu dramatischen Kürzungen in den falschen Bereichen führen, weil staatliche Ausgaben pauschal als schlecht und ineffizient vorverurteilt werden. 8/18
Als Gesellschaft stehen wir heute vor drei großen Herausforderungen. Die Klimakrise bekämpfen, Jobs für 400.000 Arbeitslose schaffen, und die Organisation eines menschenwürdigen Lebens für mehr ältere Menschen als früher. 9/18
Die Aufgaben unserer Gesellschaft (Klimakrise: Umstieg auf Öffis, Alterung: Pflegeausbau, Arbeitslosigkeit: Öffentliche Beschäftigung) spielen sich zunehmend in Wirtschaftsbranchen ab, die staatlich organisiert oder finanziert sind. 10/18
Auch wenn es vielen aus ideologischen Motiven nicht gefällt. Um eine zeitlich begrenzte deutliche Erhöhung der Staatsquote in den nächsten Jahrzehnten werden wir kaum herumkommen. Sonst lassen sich die Herausforderungen nicht bewältigen. 11/18
In Österreich verzichteten wohlhabende Gesellschaftsschichten in den letzten Jahrzehnten auf einen ausreichenden Beitrag zur staatlichen Finanzierung unserer stark gestiegenen Lebensqualität. Das hat schleichend die staatliche Verschuldung in die Höhe getrieben. 12/18
Seit 2008 gibt es keine Erbschaftsteuer mehr. Seit 1993 keine Vermögensteuer. 2004 wurde die Gewinnsteuer für Konzerne gesenkt, die zudem noch Gewinne ohne Besteuerung ins Ausland verschieben. Eine ausreichende Besteuerung von Grund & Boden - wie im Ausland üblich - fehlt. 13/18
Vor allem eine Ausgabenbremse gemeinsam mit der Forderung, keine neuen (oder alten) Steuern wiedereinzuführen, erzwingt reale Kürzungen im Sozialstaat und bei anderen essenziellen staatlichen Aufgaben. 14/18
Solch einen erzwungener Rückzug des Staates aus seinen Aufgaben ersetzt der Privatsektor nur für zahlungskräftige Kunden. Qualitätsvolle Pflege gibt es nur mehr für Wohlhabende. Pensionen nur mehr für Leute, die sich Privatpensionen leisten können. 15/18
Bleibt die reale Gesamtsumme für staatliche Aufgaben zwingend konstant, gibt es künstlich hergestellte „Sachzwänge“: Mehr Arbeitslose bedeutet dann weniger Arbeitslosengeld pro Person, weil sonst das Geld fehlt. Mehr Pensionisten eine Kürzung der individuellen Pension. 16/18
Statt einer Ausgabenbremse braucht es eine Mindestbesteuerung aller Einkommensarten. In Zeiten der Klimakrise und hoher Arbeitslosigkeit sind steuerliche Privilegien, die sich gesellschaftlich mächtige, besitzende Gruppen herausgeschlagen haben, nicht mehr angebracht. 17/18
Für die Finanzierung der künftigen Aufgaben braucht es daher eine Diskussion, wer in Zukunft wie viel beitragen soll. Reiche Menschen mittels „Keine neuen Steuern“ pauschal auszunehmen, aber ärmeren Menschen "Ausgabenbremsen" umzuhängen, geht in die falsche Richtung. 18/18
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Das heute gestartete Arbeitsmarktprogramm #Sprungbrett der Bundesregierung für Langzeitarbeitslose dürfte für 2021 eine ziemliche 'Mogelpackung' werden. Thread 1/6 derstandard.at/story/20001278…
Laut Artikel gibt es 2021 keinen einzigen Cent mehr für Arbeitslose. Man verpackt einfach bestehende Programme neu, nennt sie aber jetzt Sprungbrett. Das Zauberwort heißt Umschichtung. 2/6
Auf Deutsch: Falls es mehr Geld für Langzeitarbeitslose geben soll, müsste es bei gegebenem Budget bei anderen Gruppen (Wiedereinsteigende Mütter, Über 50, Junge unter 25) gekürzt werden. 3/6
2,8% Preissteigerung zum Vorjahr. Wird die Teuerung in Zukunft schlimmer? Die Antwort: Nein. Höchstwahrscheinlich ist die leicht höhere Inflationsrate nur vorübergehend. Derzeit wirken einmalige Effekte aus der Pandemie nach. 1/11 derstandard.at/story/20001274…
Aktuell erleben wir folgendes Phänomen: Während der Pandemie letztes Frühjahr sind die weltweiten Ölpreise und damit auch die Benzin/Dieselpreise an der heimischen Zapfsäule stark gesunken. Niemand brauchte Öl, wenn alles stillsteht. 2/11
Jetzt passiert das Umgekehrte: Wie in jeder Wirtschaftserholung zuvor steigt auch der Ölpreis wieder. Weil er aber letztes Jahr so stark gesunken ist und daher auf einem niedrigen Level lag, wirkt der prozentuelle Anstieg der Treibstoffpreise jetzt umso größer. 3/11
Die Wissenschafter am @IHS_Vienna fürchten um politische Einflussnahme, schreibt @KordikHanna. Mich treibt eine weitere Frage um: Kämen wir mit @Lars_Feld als IHS-Chef zusätzlich zu @GFelbermayr als WIFO-Chef einem weltanschaulichen Einheitsbrei zu nahe? Eine kurzer Thread 1/6
Der eine gilt deutschen Medien als 'Streiter für den Markt', der andere als 'Stimme, die für den freien Markt einsteht'. Der eine war Beiratsvorsitzender der marktliberalen @Eco_Austria, der andere ist es noch von der wirtschaftsliberalen @AgendaAustria. 2/6
Zumindest die Übernahme der Chefsesseln der beiden größten Wirtschaftsforschungsinstitute in Österreich wäre den Wirtschaftsliberalen damit gelungen. Die wirtschaftspolitische Beratung wird künftig daher kaum jemals den Staat, dafür fast immer den Markt als Lösung sehen. 3/6
Der wichtige Player Wirtschaftsbund schlägt die Pflöcke für eine Reform des Arbeitslosengeldes ein, berichtet @DiePresse_Eco heute. Seine extremen Vorschläge kommen zur Unzeit mitten in die größte Arbeitsmarktkrise Österreichs seit dem zweiten Weltkrieg. Ein Thread 1/13
Zum Setting: Aktuell zahlt das AMS arbeitslosen Menschen zunächst 55%-60% des vorherigen Einkommens. Das ist im internationalen Vergleich mit west- und nordeuropäischen Sozialstaaten einer der geringsten Werte überhaupt. Das soll nun „reformiert“ werden. 2/13
Im Verlauf der rund 12 Monate könnte zunächst leicht mehr gezahlt werden, z.B. 70% für 2-3 Monate, die aber mit der Zeit absinken auf 40% des vorherigen Nettoeinkommens. Das ist noch viel weniger als die 55%, die jetzt als Grundbetrag gezahlt werden. 3/13
Ist #Sprungbrett das gleiche wie die #Aktion20000? Bringt sie den Langzeitarbeitslosen gleich viel? Nein. Es gibt einen entscheidenen Unterschied. Ein Thread 1/11
Die Aktion 20.000 setzte auf öffentliche Jobs, Sprungbrett setzt auf private Jobs bei Betrieben. Klingt beides gut, ist aber ein anderes Konzept mit ganz anderen Wirkungen. 2/11
In Sprungbrett bezahlt der Staat den Unternehmen Lohnzuschüsse an Betriebe, damit sie Arbeitslose anstellen. Problem dabei: Welcher Betrieb wird wirklich einen zusätzlichen dauerhaften Arbeitsplatz schaffen, nur weil er für 12 Monate eine 50%-Förderung des Gehalts bekommt. 3/11
Man kann es nicht weniger drastisch formulieren, das würde dem Anlass nicht gerecht: Im November 2020 räumen die Unternehmervertreter den Staat aus. Solch eine Regelung ist dem Steuerzahler gegenüber absolut unverantwortlich. #Umsatzersatz 1/13
Zunächst: Der Ersatz des Umsatzes bezieht sich nicht auf November 2020, sondern auf November 2019. Außerdem werden andere Förderungen nicht abgezogen, die es schon gibt: Kurzarbeit, und eventuell (?) der Fixkostenzuschuss. Warum ist das hochproblematisch? 2/13
Wer andere Förderungen für Kosten der Unternehmer nicht auf den #Umsatzersatz anrechnet, der bezahlt die Unternehmer doppelt. Sie bekommen ihre Personalkosten zwei Mal! Einmal durch die #Kurzarbeit, einmal durch den Umsatzersatz. Das ist eine massive Überförderung! 3/13