Vor sechs Jahrzehnten kamen die ersten Gastarbeiter*innen nach Deutschland. Ich und meine Familie sind ein Teil dieser Geschichte. Meine Eltern kamen hierher, weil sie von einem Leben fernab von Sorgen und Armut träumten.

#60JahreAnwerbeabkommen

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Dieses Land war ihnen fremd – die Menschen, die Sprache sowie die Kultur und Wertevorstellungen. Sie versuchten sich anzupassen, doch es war nicht immer einfach.Irgendwann kam ich auf die Welt. Sie begannen Wurzeln in Deutschland zu schlagen. Aus der „Fremde“ wurde ihre „Heimat“.
Ohne eine Ausbildung und mit keinerlei Sprachkenntnissen arbeitete mein Vater Tag und Nacht, auch dann wenn es seiner Gesundheit schadete. Er war auf das Geld angewiesen, weil er damit uns ein besseres Leben schenken wollte.
Mein Vater leistete sich von seinem hart erarbeiteten Geld sein erstes Auto. Stolz präsentierte er es an einem Abend der gesamten Familie. Ein Auto zu besitzen war für ihn zum damaligen Zeitpunkt ein unermesslicher Reichtum.
Meine Eltern waren bescheidene und hart arbeitende Menschen. Mit ihrem kleinen Budget versuchten sie uns ein gutes Leben zu ermöglichen. Anstatt sich selbst etwas zu gönnen, investierten sie ihr ganzes Hab& Gut in unsere Bildung.
Mein Vater war damals schon ein „Feminist“. Immer wieder erzählte er mir und meinen Geschwistern, wie wichtig es sei als Frau unabhängig und gebildet zu sein. Heute bin ich mir ziemlich sicher, dass ich meine rebellische und kämpferische Seite von ihm habe. 😉
Für damalige Verhältnisse war es unüblich sein Kind in den Kindergarten zu schicken. Viele waren der Meinung, dass die Schule zum Spracherwerb ausreichen würde. Mein Vater schickte uns in den Kindergarten, weil er schon früh erkannte, dass die Sprache der Schlüssel zu allem ist.
Auf die Frage warum er das tat, sagte er: „Sie sind hier geboren. Wenn sie eines Tages studieren möchten, dann soll die Sprache kein Hindernis sein. Keiner soll sie respektlos behandeln.“ - Die Vision von meinem Vater war: Unabhängige und selbstständige Frauen zu erziehen! ✊🏽
Meine Eltern waren keine Akademiker. In ihrer Heimat hatten sie lediglich die Grundschule besucht. Ich wuchs in armen Verhältnissen auf. Mein Vater war ein einfacher Arbeiter. Meine Mama eine Hausfrau. Wir lebten in beengten Wohnverhältnissen und hatten kaum Geld.
Wenn ich heute auf meine Familie zurückblicke, kann ich meine Großeltern und Eltern nur bewundern. Mit null Sprachkenntnissen in ein fremdes Land zu migrieren, sich ein Leben aufzubauen, Kinder und Enkelkinder großzuziehen ist ein mutiger Akt! 🖤
Darf ich vorstellen? Ich und meine Geschwister: Geboren und aufgewachsen in „Kölle am Rhing“💓 Oder wie ich immer gerne sage: „Mir sin echt kölsche Mädche“ 🎉
Unsere Familie lebt mittlerweile in „vierter Generation“ hier in NRW.

Köln ist unsere Heimat! ❤️
All das was ich bin, habe ich diesen beiden wunderbaren Menschen zu verdanken! 💛 Durch ihren Mut, ihren Fleiß und unermüdlichen Kampf, bin ich da wo ich heute stehe. ✊🏽
Es ist an der Zeit „Danke“ zu sagen und die Lebensleistung von Gastarbeiter*innen zu würdigen, indem wir ihre Geschichten erzählen und teilen. 🖤 Diese Biografien sind keine fremden Geschichten, sondern eng verwoben mit der Vergangenheit und Zukunft unseres Landes! ✊🏽

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