Der Projektionsbericht im KSG ist ein gutes Beispiel dafür, wie man die #Klimaschutzgovernance nicht ausgestalten sollte. Eine Thread zur Einordung des Status quo und möglicher Reformoptionen. 1/9
Der Projektionsbericht ist ab 2021 all zwei Jahre nach Maßgabe des Art. 18 Governance-VO zu erstellen, § 10 II 1 KSG. Diese Pflicht besteht aber ohnehin, aufgrund des Art. 18 Governance-VO. Die Regelung im KSG ist daher lediglich deklaratorisch und ohne eigenen Mehrwert. 2/9
Um die 🇪🇺und 🇩🇪 Ebene sinnvoll zu einer wirkungsvollen Klimaschutzgovernance zu verzahnen, sollte anstelle einer bloßen Wiederholung der Pflicht besser geprüft werden, ob der unabhängig vom KSG zu erstellende Projektionsbericht zusätzlichen Nutzen im KSG stiften könnte. 3/9
Das KSG soll die zentrale Steuerung der deutschen Klimaschutzpolitik gewährleisten. Seine Funktionen bestehen daher insbesondere darin, Ziele zu definieren und im Laufe der Zeit zu konkretisieren sowie Regeln festzulegen, wie im Fall von Zielverfehlungen zu verfahren ist. 4/9
Was bei einer sich anhand des Projektionsberichts abzeichnenden Zielverfehlung passieren soll, wird aber gerade nicht geregelt. Damit unterstützt das KSG nicht die zentrale Intention der Governance-VO: Durch das Erkennen von Defiziten sollen Nachsteuerungen ausgelöst werden. 5/9
Projektionsberichte könnte genutzt werden, um bei erkennbaren Fehlentwicklungen frühzeitig gegenzusteuern. Etwa durch eine Überarbeitungspflicht des Klimaschutzprogramms, anstatt Zielverfehlungen abzuwarten und mit Sofortprogrammen zu reagieren. 6/9
Zusätzlich könnten im KSG die Anforderungen des Europarechts sinnvoll ergänzt werden, um einen für die angestrebte Steuerungswirkung passenden Rahmen zu schaffen. So könnte der Projektionsbericht für das KSG besser nutzbar gemacht und Prozesse vereinheitlicht werden. 7/9
Das könnte z.B. durch die Verbindung des Projektionsberichts mit dem zweijährigen Gutachten des @ERK_Klima nach § 12 IV 1 KSG erfolgen. Würde statt zwei getrennten Analysen nur der Projektionsbricht vom Exertenrat erstellt, würde seine Wirkung sogar erhöht. 8/9
Eine solche Ergänzung könnten weitere Frühindikatoren sein. Diese helfen dabei auch die essentiellen Entwicklungen zu erfassen, die den THG-Minderungen vorgelagert sind und daher bisher nicht systematisch erfasst und in die Bewertung einbezogen werden. 9/9
In den letzten Tagen mehren sich skeptische Einschätzungen zu den Möglichkeiten des Gesetzgebers, den #Windenergieausbau zu beschleunigen. Nicht alle Ideen sind umsetzbar, aber wir sehen durchaus viele Stellschrauben. 👇Ein🧵zur Einordnung aus rechtswissenschaftlicher Sicht. 1/12
Für eine kurzfristige Beschleunigung ist der Rechtsrahmen zur Anlagengenehmigung entscheidend. Parallel muss auch direkt das Planungsrecht geändert werden, um die #Flächenverfügbarkeit zu verbessern und einen zielpfadkonformen Ausbau zu ermöglichen. Beides geht Hand in Hand. 2/12
Der Schlüssel für die Beschleunigung der Genehmigungen liegt eindeutig in Reformen des Fachrechts, nur am Rande im Verfahren- und Prozessrecht. Für eine Beschleunigung des Windenergieausbaus sollte der Gesetzgeber umfassend das Prüfprogramm entschlacken und klarstellen, ... 3/12
#Klimaschutzgovernance: Aktuell werden die #Sektorenziele im Bundes-Klimaschutzgesetz kritisieren („zu eng“, „zu unflexibel“) und Änderungen am KSG gefordert. Die Kritik setzt aber am falschen Punkt an. Eine Thread zur Einordnung aus rechtswissenschaftlicher Perspektive. 1/
Trotz sektorspezifischer Jahresemissionsmengen ist das KSG gar nicht so unflexibel wie behauptet: Erstens können die #Sektorenziele von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages i.R.d. Gesamtemissionsbudgets angepasst werden, § 4 Abs. 5 S. 1. 2/
Zweitens sieht das KSG die geforderte Flexibilität ausdrücklich auch im Fall einer Zielverfehlung vor. § 8 Abs. 2 verpflichtet dazu „im betroffenen Sektor oder in anderen Sektoren oder (…) sektorübergreifende(n) Maßnahmen“ zu beschließen. 3/
Der Beschluss des @BVerfG zum #Klimaschutzgesetz ist auch ein Paradebeispiel für gelungene #Gewaltenteilung und ein Meisterwerk richterlicher Selbstbeschränkung. Wie es weitergeht, hängt jetzt von der Reaktion des Gesetzgebers ab: Versuch einer rechtspolitischen Einordnung👇.
Das BVerfG hatte weitreichende Anträge zur verfassungsrechtlichen Bewertung des deutschen Klimaschutzrechts vorliegen. Solche Verfahren bieten ein großes Konfliktpotenzial, weil die Judikative Gefahr läuft, zu weit in den Bereich der Legislative vorzudringen.
Das BVerfG als „Hüter des Grundgesetzes“ hat die Aufgabe, die verfassungsrechtliche Ordnung einschließlich der Grundrechte und des Umweltstaatsprinzips zu schützen. Dazu muss es den Gesetzgeber begrenzen, wenn und soweit dieser die verfassungsrechtlichen Grenzen überschreitet.
Die Entscheidung kann auch auf den zweiten Blick nicht unterschätzt werden und zwar in mehreren Dimensionen. Dies gilt für den Klimaschutz, aber noch mehr für das Umweltstaatprinzip aus Art. 20a GG allgemein und die Rechte zukünftiger Generationen auf eine lebenswerte Umwelt.
Bisher war die Rolle des Art. 20a GG in der Rechtsprechung des BVerfG nicht in dieser Art konkretisiert worden. Dies Lücke schließt das BVerfG heute und wertet das Umweltstaatsprinzip deutlich auf. Verstöße gegen Art. 20a GG können Grundrechtsverletzungen darstellen.
Damit wird Art. 20a GG justiziabel, auch wenn das BVerfG zu Recht feststellt, dass Art. 20a GG "keinen unbedingten Vorrang" gegenüber anderen Verfassungsrechtsgütern zukommt. Es bleibt zuvorderst eine politische Aufgabe, einen Ausgleich zu finden.
Heute Morgen war ich neugierig, was hinter dieser Meldung zu den geplanten 1.000-Meter-Abständen für Windenergieanlagen steckt. Habe dann von verschiedenen Seiten das Dokument erhalten und durchgesehen. Hier eine erste rechtliche Einordnung. 1/1
Die Wirkung ist wie beim Referentenentwurf des Kohleausstiegsgesetz vom 11.11.2019: Innerhalb eines Abstandes von 1.000 Meter zu bestimmten Gebieten können keine Windenergieanlagen genehmigt werden ("Ein öffentlicher Belang … steht entgegen"). 2/2
Neu sind die Anknüpfungspunkte für die Abstände: Waren dies zunächst 3 (Reine & Allg. Wohngebiete und Dorfgebiete), sind es nun min. 7 Gebiete. § 35a I 1 BauGB-E (neu) erfasst alle Gebiete, in denen bauplanungsrechtlich "Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind". 3/3
Der Entwurf zum nationalen Emissionshandel für den Wärme- und Verkehrsektor (nEHS) ist da. Das neue Gesetz soll Gesetz über ein nationales Emissionshandelssystem für Brennstoffemissionen (BEHG) heißen und soll 23 Paragrafen umfassen (inkl. eines Platzhalters für § 10). 1/22
Seit September wird die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des von der Bundesregierung zunächst in den Eckpunkten und diese Woche im Kabinett beschlossenen Vorgehen diskutiert. Hier eine Zusammenfassung der Entwicklungen und eine verfassungsrechtliche Einordnung. 2/22
Schon im Vorfeld des Klimakabinetts wurde die Frage aufgeworfen, ob ein „Emissionshandel“ mit Fixpreis verfassungsrechtlich möglich sei. Stefan Klinski von und Friedhelm Keimeyer vom haben Zweifel angemeldet (Hervorhebungen hier und im Weiteren nicht im Original). 3/22