In den letzten Tagen mehren sich skeptische Einschätzungen zu den Möglichkeiten des Gesetzgebers, den #Windenergieausbau zu beschleunigen. Nicht alle Ideen sind umsetzbar, aber wir sehen durchaus viele Stellschrauben. 👇Ein🧵zur Einordnung aus rechtswissenschaftlicher Sicht. 1/12
Für eine kurzfristige Beschleunigung ist der Rechtsrahmen zur Anlagengenehmigung entscheidend. Parallel muss auch direkt das Planungsrecht geändert werden, um die #Flächenverfügbarkeit zu verbessern und einen zielpfadkonformen Ausbau zu ermöglichen. Beides geht Hand in Hand. 2/12
Der Schlüssel für die Beschleunigung der Genehmigungen liegt eindeutig in Reformen des Fachrechts, nur am Rande im Verfahren- und Prozessrecht. Für eine Beschleunigung des Windenergieausbaus sollte der Gesetzgeber umfassend das Prüfprogramm entschlacken und klarstellen, ... 3/12
… Prüfungsmaßstäbe soweit wie möglich gesetzlich konkretisieren sowie den #Windenergieausbau gegenüber anderen Belangen priorisieren. Und zwar nicht nur punktuell, sondern bei allen für Genehmigungen relevanten Gesetzen. Es braucht ein schlüssiges #Gesamtkonzept. 4/12
Das #Europarecht schränkt gerade im Arten- und Naturschutz Handlungsmöglichkeiten ein, belässt aber anders als oft behauptet erhebliche Gestaltungsräume. Unter Einbeziehung weiterer Bereiche können sinnvolle Win-Win-Situationen für #Windenergie und #Artenschutz entstehen. 5/12
Der #EUGreenDeal sollte auch dazu genutzt werden, die europarechtlichen Regelungen zugunsten von #Windenergie und #Artenschutz fortzuentwickeln. Das #Fitfor55 Paket eröffnen hierzu ein politisches window of opportunity. 6/12
Manch einfach wirkender Ansatz entpuppt sich als #Scheinlösung. Bei Präklusion oder Verbandsklage gibt es kaum europarechtliche Spielräume. Klagen relativieren sich, je eindeutiger Genehmigungen fehlerfrei & rechtssicher sind. Daher: Fokus auf Reformen im materiellen Recht. 7/12
Das #Planungsrecht muss ebenfalls kurzfristig geändert werden, auch weil es danach noch längere Zeit dauert, bis die Neuerungen wirken und sich die #Flächenverfügbarkeit verbessert. Die Neuregelungen müssen zunächst durch Planung umgesetzt werden, das nimmt Zeit in Anspruch. 8/12
Die strategische Stellschraube beim Planungsrecht sind bundesgesetzliche #Flächenziele. Wegen unklarer Abweichungsmöglichkeiten der Länder sollten diese mit der #Außenbereichsprivilegierung verbunden werden: Diese entfällt nur, wenn die vorgegeben Flächen ausgewiesen wurden. 9/12
Besonders dann eröffnen sich vielfältige Verbesserungsmöglichkeiten, die Planungen vereinfa-chen und beschleunigen würden, etwa durch eine Weiterentwicklung in Richtung #Positivplanung. Aber Achtung: Es braucht weiterhin Maßstäbe zur Untersuchungs- und Abwägungstiefe … 10/12
… damit ein „Mehr“ an Fläche am Ende auch ein „Mehr“ an geeigneten Flächen und damit ein „Mehr“ an Vorhabenrealisierung bedeuten. Wichtig sind auch Erleichterungen bei der punktuellen Ausweisung zusätzlicher Flächen und Neuregelungen zu Rechtsfolgen von Planungsfehlern. 11/12
Wichtig ist auch, dass es nicht zum Fadenriss kommt und dass #Abstandsflächen und andere gesperrte Gebiete wie der Ausschluss von Wind im Wald zurückgeführt werden. Auch hier kann der Bundesgesetzgeber handeln, direkt oder indirekt über die #Flächenziele. 12/12
P.S.: Hier noch der Link zum ganzen Hintergrundpapier:

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13 Oct
#Klimaschutzgovernance: Aktuell werden die #Sektorenziele im Bundes-Klimaschutzgesetz kritisieren („zu eng“, „zu unflexibel“) und Änderungen am KSG gefordert. Die Kritik setzt aber am falschen Punkt an. Eine Thread zur Einordnung aus rechtswissenschaftlicher Perspektive. 1/
Trotz sektorspezifischer Jahresemissionsmengen ist das KSG gar nicht so unflexibel wie behauptet: Erstens können die #Sektorenziele von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundestages i.R.d. Gesamtemissionsbudgets angepasst werden, § 4 Abs. 5 S. 1. 2/
Zweitens sieht das KSG die geforderte Flexibilität ausdrücklich auch im Fall einer Zielverfehlung vor. § 8 Abs. 2 verpflichtet dazu „im betroffenen Sektor oder in anderen Sektoren oder (…) sektorübergreifende(n) Maßnahmen“ zu beschließen. 3/
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2 May
Der Beschluss des @BVerfG zum #Klimaschutzgesetz ist auch ein Paradebeispiel für gelungene #Gewaltenteilung und ein Meisterwerk richterlicher Selbstbeschränkung. Wie es weitergeht, hängt jetzt von der Reaktion des Gesetzgebers ab: Versuch einer rechtspolitischen Einordnung👇.
Das BVerfG hatte weitreichende Anträge zur verfassungsrechtlichen Bewertung des deutschen Klimaschutzrechts vorliegen. Solche Verfahren bieten ein großes Konfliktpotenzial, weil die Judikative Gefahr läuft, zu weit in den Bereich der Legislative vorzudringen.
Das BVerfG als „Hüter des Grundgesetzes“ hat die Aufgabe, die verfassungsrechtliche Ordnung einschließlich der Grundrechte und des Umweltstaatsprinzips zu schützen. Dazu muss es den Gesetzgeber begrenzen, wenn und soweit dieser die verfassungsrechtlichen Grenzen überschreitet.
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29 Apr
Die Entscheidung kann auch auf den zweiten Blick nicht unterschätzt werden und zwar in mehreren Dimensionen. Dies gilt für den Klimaschutz, aber noch mehr für das Umweltstaatprinzip aus Art. 20a GG allgemein und die Rechte zukünftiger Generationen auf eine lebenswerte Umwelt.
Bisher war die Rolle des Art. 20a GG in der Rechtsprechung des BVerfG nicht in dieser Art konkretisiert worden. Dies Lücke schließt das BVerfG heute und wertet das Umweltstaatsprinzip deutlich auf. Verstöße gegen Art. 20a GG können Grundrechtsverletzungen darstellen.
Damit wird Art. 20a GG justiziabel, auch wenn das BVerfG zu Recht feststellt, dass Art. 20a GG "keinen unbedingten Vorrang" gegenüber anderen Verfassungsrechtsgütern zukommt. Es bleibt zuvorderst eine politische Aufgabe, einen Ausgleich zu finden.
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29 Jan 20
Heute Morgen war ich neugierig, was hinter dieser Meldung zu den geplanten 1.000-Meter-Abständen für Windenergieanlagen steckt. Habe dann von verschiedenen Seiten das Dokument erhalten und durchgesehen. Hier eine erste rechtliche Einordnung. 1/1
Die Wirkung ist wie beim Referentenentwurf des Kohleausstiegsgesetz vom 11.11.2019: Innerhalb eines Abstandes von 1.000 Meter zu bestimmten Gebieten können keine Windenergieanlagen genehmigt werden ("Ein öffentlicher Belang … steht entgegen"). 2/2
Neu sind die Anknüpfungspunkte für die Abstände: Waren dies zunächst 3 (Reine & Allg. Wohngebiete und Dorfgebiete), sind es nun min. 7 Gebiete. § 35a I 1 BauGB-E (neu) erfasst alle Gebiete, in denen bauplanungsrechtlich "Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind". 3/3
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20 Oct 19
Der Entwurf zum nationalen Emissionshandel für den Wärme- und Verkehrsektor (nEHS) ist da. Das neue Gesetz soll Gesetz über ein nationales Emissionshandelssystem für Brennstoffemissionen (BEHG) heißen und soll 23 Paragrafen umfassen (inkl. eines Platzhalters für § 10). 1/22
Seit September wird die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des von der Bundesregierung zunächst in den Eckpunkten und diese Woche im Kabinett beschlossenen Vorgehen diskutiert. Hier eine Zusammenfassung der Entwicklungen und eine verfassungsrechtliche Einordnung. 2/22
Schon im Vorfeld des Klimakabinetts wurde die Frage aufgeworfen, ob ein „Emissionshandel“ mit Fixpreis verfassungsrechtlich möglich sei. Stefan Klinski von und Friedhelm Keimeyer vom haben Zweifel angemeldet (Hervorhebungen hier und im Weiteren nicht im Original). 3/22
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