Thread by @F_I_Briest

Wenn der Vorsitzende einer Ärztevereinigung Aussagen tätigt wie „Meine große Sorge ist, dass es zu einer Variante kommen könnte, die so infektiös ist wie #Delta und so gefährlich wie #Ebola“ und die Schließung von #Weihnachtsmärkten fordert, dann ist nicht nur jegliches Mass an

Anstand in der Kommunikation von Pandemierisiken verloren gegangen.
Es lässt mich auch fassungslos zurück, wie wenig Kompetenz manche Personen, deren Wort in der #Pandemie politisches Gewicht hat, so stellenweise mitbringen.

Ein Corona-Virus, das so tödlich wäre wie Ebola, ist

extrem unwahrscheinlich, da eine Virusevolution hin zu einer tödlicheren Variante dem Virus keinen Selektionsvorteil bietet. Ein Träger, der früh stirbt, gibt ein Virus an weniger Menschen weiter, als einer der das nicht tut, damit hat eine solche Variante immer das Nachsehen vor

einer harmloseren Variante, ausser, die Tödlichkeit hängt direkt mit dem Lebenszyklus des Virus zusammen, zB. indem es Blut-, Nerven- oder oder andere sehr zentrale Zelltypen des Körpers befällt. Aber das ist

nicht der Fall, da die Zielzellen eben durch den Rezeptor definiert sind, an den die Zellen andocken und der kann sich nicht mal eben durch Mutationen ändern.
Diesen Rezeptor finden wir aber nur auf bestimmten Zelltypen bestimmter Gewebe (ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/P…) und

nebenbei haben wir einen Impfstoff (der übrigens bei den Vektorimpfstoffen dem Prinzip des Ende 2019 zugelassenen Ebolaimpfstoffes entspricht), der genau auf das Protein immunisiert, das den „Schlüssel“ zu diesem Rezeptor darstellt.

Auch wenn die Impfungen etwas weniger effektiv werden könnten - ein vollständiger Verlust von Impfimmunität durch Mutation ist extrem unwahrscheinlich, denn mutiert das Virus derart, dass

Antikörper es nicht mehr erkennen, verliert das Virus eben auch zunehmend Eigenschaften, den Rezeptor überhaupt zu binden. Es gibt natürlich Eigenschaften des Immunsystem, die kontraproduktiv für den Impfschutz sein könnten, zB eine gewisse Faulheit, an neue Varianten angepasste

Antikörper zu bilden wenn es mit neuen Varianten in Verbindung kommt („Erbsünde“). Aber auch hier müssten alle ursprünglichen Epitope verloren gehen, um einen vollständigen Verlust der Immunität zur Folge zu haben. Da aber zumindest einige dieser Epitope in der Rezeptor-

Bindungsdomäne liegen (genomemedicine.biomedcentral.com/articles/10.11…), ist eine Mutation in diesem Bereich, die einer Immunreaktion entgeht aber gleichzeitig weiterhin den Rezeptor binden kann sehr, sehr unwahrscheinlich.
Und selbst mit vollständigem Verlust eines Impfstoffe wäre das Virus nicht

tödlicher, wir wären nur wieder bei Null. Wobei das mE., wie eben erläutert, extremst unwahrscheinlich ist (aber als Nicht-Virologin bin ich mir bewusst, dass ich möglicherweise einen Aspekt übersehe, den es hier noch zu beachten gilt).

Zuletzt noch die Aussage zu den Weihnachtsmärkten:
Solange der DFB weiterhin Zehntausende singende Fans in Fußballstadien steckt, möchte man gar nicht darüber diskutieren, aber das wäre nur Whataboutismus. Politisch ungerechte Signale, über die man sich politisch ärgern kann,

wenn Laternenumzüge für Kinder nicht oder unter Singverbot stattfinden.
Weihnachtsmärkte finden unter freiem Himmel statt und weil man sich dort recht gut warm halten kann, sind Sie mE deutlich besser geeignet um soziale Kontakte zu haben, als jedes Treffen in Innenräumen.

Anstatt Weihnachtsmärkte zu verbieten, sollten sie eher ausgeweitet werden und soziale Kontakte nach draußen zu verlegen.
Wir WISSEN mittlerweile seit einem Jahr dass Aerosole in der Übertragung zentral sind draußen kaum Infektionen stattfinden.
Ja, sie bringen Mobilität mit

sich. Aber ich wage zu bezweifeln, dass sich dieses Jahr noch viele Menschen an Kontaktbeschränkungen halten werden. Ohne den Faktor Mensch funktionieren Maßnahmen nicht und ich denke, dass ein Verlagern nach außen machbar ist, ein Unterbinden nicht.

Warum in aller Welt fordert

man also einen solchen Unsinn und spekuliert über wissenschaftlich völlig unsinnige Horrorszenarien, in dem man den Menschen mal so eben das Wort „#Ebola“ vor die Nase wirft.

Schämen Sie sich, Herr #Montgomery! Das ist unethisch, unwissenschaftlich und peinlich!

Nachtrag: das Wort „Lebenszyklus“ oben ist für ein Virus etwas ungünstig gewählt, da ein Virus nicht lebt, sondern sich nur repliziert.
Müsste im Kopf bitte einmal korrigiert werden ;).