Letzte Woche fand im Schulausschuss des Landtages NRW eine Anhörung zu einem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auf Einrichtung einer staatlichen kostenlosen Online-Schule für SuS, die zeitweise keine Regelschule besuchen können, statt. Dazu wurden verschiedene Sachverständige
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befragt, was aus ihrer jeweiligen Sicht dazu anzumerken sei. Ich hatte die Ehre, als Sachverständige fünf Initiativen vertreten zu dürfen, die sich - auch - für Risikofamilien in der Pandemie einsetzen. Nicht umsonst heißen diese Familien #Schattenfamilien, da sie in der
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Pandemie im Schatten jeglicher Diskussion stehen. Bei allen Maßnahmen (und -zurücknahmen) finden sie mit ihrer besonders belastenden Situation keine Beachtung und müssen ihre Kinder tw. seit über 1,5 Jahren isolieren - Teilhabe Fehlanzeige.

Die beantragte Online-Schule beruht
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auf einer schon vorpandemisch lückenhaften Beschulungssituation längerfristig erkrankter Kinder, die nicht in die Regelschule gehen können. Sowohl die Schule für Kranke (für den stationären Aufenthalt), als auch private (teure) nicht-anerkannte Online-Schulen decken den Bedarf
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nicht. Diese Lücke könnte eine staatliche kostenlose Online-Schule füllen mit dem m.E. charmanten Detail, dass diese Schulvariante staatlicher Aufsicht unterläge und damit ein besser angekoppeltes Vergleichsangebot zur Regelschule darstellen könnte.

Die Pandemie hat mit
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einem Schlag über 95.000 SuS zwischen 12 und 17 Jahren in NRW in die Situation gebracht, dass der Schulbesuch lebensgefährlich werden könnte, wenn das Kind dort infiziert würde. Hinzu kommen Risikokinder u12, über deren Zahl (noch) keine Daten vorliegen UND Familien, in denen
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nicht das Kind, sondern ein Elternteil oder enger Angehöriger zur COVID-19-relevanten Risikogruppe gehören. Wir sprechen hier also über an die 100.000 Familien (konservativ geschätzt), die völlig unverständlicherweise "im Schatten" stehen.
Eine Online-Schule würde hier große
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Entlastung der Stammschulen bedeuten, die mit der parallelen Beschulung der in Präsenz und der in Distanz lernenden Risikokinder allein gelassen sind. Zudem wäre den Familien, die schon ohne Pandemie tagtäglich um die Gesundheit, das Leben und Wohl ihrer Kinder kämpfen, ein
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Stück Sorge genommen. Ihre Kinder könnten in Sicherheit ihren Bildungsweg weitergehen.

Eine weitere digitale Möglichkeit stellen Telepräsenzroboter (Avatare) dar, mit denen einzelne Kinder per Videoroboter, den sie von zu Hause steuern können, in ihrer eigenen Klasse am
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Regelunterricht teilnehmen können, im sozialen Klassenverband integriert bleiben sowie keine Einschnitte in ihrer Lernbiographie erleiden müssen.
Auch hier sprechen sich Bündnis 90/Die Grünen für eine Förderung und leichtere Zugänglichkeit aus.

Ich konnte die Sicht von
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Familien darstellen, die ob mit oder ohne Pandemie die Situation erleiden, ihr Kind nicht in der Regelschule lernen lassen zu können.

Ebenfalls in der vergangenen Woche besuchte Ministerin #Gebauer die schöne Stadt @BundesstadtBonn am Rhein und stellte sich den Fragen von
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Eltern, LuL und SuS. In ihrem Eingangsstatement verwies Frau Gebauer vehement darauf, dass die Zukunft digital sei, SuS bestens darauf vorbereitet sein müssen, um die Herausforderungen meistern zu können. Informatikunterricht in der GS bspw. soll schon früh digitale Bildung
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auf den Weg (und in die Köpfe bringen). Also - die Zukunft ist digital (die Gegenwart noch nicht).
Wenn ich diese (richtigen) Äußerungen mit dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zusammendenke, dann ist die Einrichtung einer staatlichen Online-Schule eine passende
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Maßnahme, um nicht nur die Zukunft als digital zu bezeichnen, sondern ihr auch digitalisierte Bildung zugrunde zu legen.

Der Anhörung werden vor einer Entscheidung weitere Beratungen folgen. Es wäre eine große Bereicherung der Schullandschaft, wenn diese um eine digitale
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Komponente ergänzt der von Frau #Gebauer benannten digitalen Zukunft ein Stück näher käme.

Für die Risikokinder diese Pandemie kommt das zu spät, aber für Kinder, die aus welchen Gründen auch immer zukünftig länger nicht in die Regelschule gehen können, wäre das eine große
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Erleichterung, um Bildungsbiographien nicht zu brechen und die Sorgen der Familien zu mindern.
Insofern hat die Situation der geschätzt 100.000 Familien in NRW das pandemische Brennglas auf eine schon vorher lückenhafte Bildungssituation erkrankter Kinder gelegt.
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Hier finden sich Antrag und Dokumente der Anhörung "Aus der Pandemie lernen: Chancen der Digitalisierung für die Inklusion nutzen" vom 23.11.2021.
landtag.nrw.de/home/der-landt…

Ich danke
@HEPA_Luftfilter
@TKinderschutz
@SichereBildung
@BildungSicher
@risikohaushalte

dafür,
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dass ihr die Stellungnahme unterstützt habt. Das Anliegen der #Schattenfamilien, für ihre Kinder gleichberechtigte Teilhabe AUCH in der Pandemie zu erlangen - im 21. Jh im Herzen Europas eigentlich als Selbstverständlichkeit zu erwarten - konnte hier einfließen. So fällt für
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einen Moment ein Lichtstrahl auf die Risikofamilien, so dass sie zu sehen sind.

Ob und falls ja in welchem Format oder Umfang eine staatliche Online-Schule und Avatare in Zukunft im Bildungsgeschehen der 2,5 Mill. SuS eine Rolle spielen können, ist noch nicht gesprochenes
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Wort, aber die Stichworte #Pandemie und #Digitalisierung haben das Thema in die Diskussion gebracht. Und das ist der erste (wichtige) Schritt.

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31 Oct
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Schauen wir uns einige davon an.
Ein Thread ⬇️

Medizinische Aspekte (Sauerstoffmangel, Todesfälle, Verunreinigung mit
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1. Probleme beim (Fremd-)Sprachenerwerb: zum (Fremd-)sprachenerwerb gehört
2/
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1/n
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29 Jun
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1. Die Vermutung, Sicherungsmaßnahmen suggerierten Beteiligten eine ungerechtfertigte Gefahr, verkehrt grundlegend psychologische Faktoren der Risikoanalyse/Prävention
1/
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2/
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8 Jun
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19 May
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