Martin Kocher vs. #Mindestlohn in der EU ist eine Geschichte, die mehr Aufmerksamkeit verdient. Dass ein Arbeitsminister sich monatelang gegen eine Initiative für höhere Mindestlöhne und mehr Kollektivverträge stellt, ist übel und auch nicht unwichtig für Beschäftigte in Ö.
Worum geht's? In vielen osteuropäischen Ländern verdienen ArbeiterInnen < 1/3 von dem, was ArbeiterInnen in Ö verdienen. Seit der EU-Osterweiterung sind die Lohnunterschiede kaum kleiner geworden: kontrast.at/gruende-fuer-u… oder wiiw.ac.at/die-lohnentwic…
Kritiker meinen, das war politisch gewollt, weil es Extraprofite durch grenzüberschreitendes Lohndumping ermöglicht. In vielen Ländern Süd- und Osteuropas wurde das KV-System seit der Finanzkrise zerstört – nicht zuletzt auf Anraten der EU. ZB: ec.europa.eu/info/sites/def…
Das hat nicht wenig Schaden angerichtet und die EU will den Trend jetzt umkehren. Es ist gar nicht so schwer, etwas gegen Lohnkonkurrenz in der EU zu machen. Seit Oktober 2020 wird jetzt zumindest der Richtlinienvorschlag für höhere Mindestlöhne verhandelt.
Der EU-Vorschlag will, dass in jedem Land 70% der Beschäftigten kollektivvertraglich geschützt sind (in Ö sind es 98%). Nur wenn die Abdeckung unter 70% fällt (das EU-Parlament wollte 80%), sollen (vorübergehend) gesetzliche Mindestlöhne eingeführt werden.
Kochers begründet seine "Skepsis" damit, dass das in die KV-Autonomie der Sozialpartner eingreift. Wie wenig ehrlich das Argument ist, sieht man daran, dass ÖGB-Chef Katzian sich stark für die Richtlinie ausspricht: oegb.at/themen/gewerks…
Jeder, der den ÖGB kennt, weiß, wie wichtig ihnen die KV-Autonomie ist und wie kritisch sie gesetzlichen Mindestlöhnen gegenüberstehen. Der Europäische Gewerkschaftsbund ist dafür, sie alle haben großes Interesse daran, ihre Kompetenz in Lohnverhandlungen nicht zu gefährden.
Kocher hat die Initiative nie unterstützt -wie alle Arbeitgeberverbände. Er hat einen Brief GEGEN verbindlichen Vorgaben zu Mindestlöhnen unterschrieben, weil: "eine Empfehlung ein besseres rechtliches Instrument ist". Warum sieht er das bei Sanktionen gegen Arbeitslose nicht so?
Der Grüne Sozialminister Mückstein sieht das übrigens anders. Er hat einen anderen Brief unterschrieben, der höhere Mindestlöhne unterstützt. Mückstein durfte daraufhin gar nicht am Sozialgipfel in Porto teilnehmen: kontrast.at/eu-mindestloeh…
Walter Gagawczuk, AK Experte für Lohn- und Sozialdumping, meint: Aktuell haben in ÖVP/WKÖ jene das Sagen, die das Lohngefälle für Profite nutzen. Dass sie mittlerweile sogar gegen eine kleine Initiative zur Anhebung der Löhne in Osteuropa sind, ist eine
neue Entwicklung.
Kocher hat sich am Montag bei der Ratssitzung enthalten. Bei der Abstimmung ging es noch nicht einmal um die Annahme der Richtlinie selbst, sondern nur um grünes Licht für weitere Verhandlungen im Trilog. Mehrheit gab es auch ohne Österreich (dagegen waren noch DK, Ungarn).
Auch das EU-Parlament hat grünes Licht für die Verhandlungen gegeben, der Vorschlag der Abgeordneten geht sogar weiter als der von Rat und Kommission. So haben die österreichischen Abgeordneten im EU-Parlament gestimmt (Karas hat nicht dagegen gestimmt).
Die Verhandlungen für eine finale Richtlinie starten jetzt trotzdem. ExpertInnen meinen aber, die Mindestlohn-Richtlinie könnte trotzdem noch u.a. an Österreich scheitern: boeckler.de/de/boeckler-im…
Dass Kocher nicht zugestimmt hat, hat gestern übrigens nicht nur der ÖGB kritisiert, sondern auch der grüne Koalitionspartner: ots.at/presseaussendu…
Das Thema droht etwas unterzugehen, aber man kann Druck aufbauen, weil es wichtig ist. Man kann es z.B. weitererzählen und auch an martin.kocher@bma.gv.at schreiben und an seine Pflichten als Arbeitsminister erinnnern.
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Der Bundeskanzler #Kurz tritt im #ibizaUA auf, bei dem die ÖVP in den Fokus gerückt ist. Seine rhetorischen Tricks und die Ablehnung des parlamentarischen Kontrollgremiums sind so dreist, dass man beim Zuhören rot wird. Ihm ist wirklich nichts wichtig - außer er selbst.
Kurz fängt an, dem U-Ausschuss "Hass" + "vergiftete Stimmung" zu unterstellen. Er kommt hier als Opfer einer irrationalen, emotionalen Opposition. Aus einem ganz normalen Vorgang in einer Demokratie macht er eine Gefühlssache, man soll nicht denken, sondern mit ihm mitfühlen.
Kaum jemand hat so eine Machtkonzentration in der Republik aufgebaut wie Kurz im Kanzleramt. Aber wenn Kurz spricht, glaubt man, er ist da irgendwie unschuldig reingeraten. Er ist kein kalkulierter Medien- und Politstratege, sondern ein naives Opfer einer mächtigen Opposition.
Politiker sagen, wir brauchen kein Vermögenssteuern und keinen Corona-Lastenausgleich. Sie sagen aber auch, der Staat könne sich nicht leisten, 24 Stunden Betreuerinnen anzustellen und anständige Löhne zu bezahlen statt drei Euro Stundenlohn als Scheinselbständige.
Dass man diese Betreuerinnen normal bezahlt und absichert, ist möglich - wenn man es nicht macht, dann weil man die zigtausenden Frauen, die wir aus Osteuropa nach Ö karren, missachtet und einen in Wahrheit auch die zu Pflegenden nicht interessieren.
Das Argument: Wenn die BetreuerInnen anständig verdienen, können sich das die Betroffenen nicht mehr leisten, ist blödsinnig. Fast niemand könnte sich eine Krebsbehandlung leisten oder einen Aufenthalt in der Intensivstation, bei der alle Beteiligten normal verdienen.
Als die Regierung die Corona-#Wirtschaftshilfen für November und Dezember präsentierte, gab es Bedenken: Es scheint der Wunsch der ÖVP gewesen zu sein, bestimmten Eigentümern auch im Krisenjahr Gewinne zu finanzieren – aus Steuergeldern. Ökonom:innen warnten vor Verschwendung.
Ein paar Beispiele: Der Motorradhersteller #KTM bekam rund 11 Millionen Euro Corona-Hilfen in Form von Kurzarbeitsgeldern. Die wurden ausgezahlt, um Firmen durch die Krise zu helfen. Doch von Krise ist bei KTM keine Spur.
ÖVP-Großspender und KTM-Chef Stefan #Pierer schüttet an sich selbst 7 Millionen Euro Dividende aus und erhöhte für sich und seine Vorstandskollegen die Bezüge im Corona-Jahr um 30 Prozent. Pierer ist bereits Milliardär. kontrast.at/ktm-corona-hil…
Man kann statt *Erkrankung* sagen, Beziehung zwischen Ärztin und Patient spitzt sich zu. Und man kann die Parlamentsvorladung des Kanzlers, gegen den ermittelte wird, Streit zw. ÖVP und Opposition nennen. Aber warum sollte man das tun, wenn man die Dinge beim Namen nennen kann?
Es lähmt nicht der Streit die Republik, sondern die Tatsache, dass gegen ÖVP-Regierungsmitglieder und -Mitarbeiter wegen Korruptionsvorwürfen und Falschaussagen zu diesen Vorwürfen ermittelt wird. Das lähmt die Republik mehr als demokr. Institutionen wie Parlament und Opposition.
„Tiefes Niveau“ ist nicht zu thematisieren, dass die Regierung in der schwersten Wirtschafts- und Sozialkrise mit Selbstverteidigung in Strafangelegenheiten beschäftigt ist. Tiefes Niveau ist, dass sie damit beschäftigt ist.
1 Woche ist die Abstimmung der #MAN Beschäftigten in #Steyr jetzt her. Die Reaktionen der Bundes- und Landesregierung sind ziemlich erschütternd. MAN ist profitabel, hat zuletzt 20 Mio. Gewinn geschrieben und will Rendite auf 8% erhöhen. Die Politik tut, als wäre MAN defizitär.
MAN will den Standort Steyr schließen und Arbeitsplätze nach Polen verlagern, obwohl es eine Beschäftigungsgarantie bis 2030 gibt. Im schlimmsten Fall muss der Konzern 1 Mrd. Kündigungsentschädigungen zahlen, meint der Rektor der Uni Linz Meinhard Lukas. traktuell.at/a/beschaeftigu…
Rückendeckung von der Regierung bekommen die Beschäftigten keine. Im Gegenteil stellt sich Wirtschaftsministerin #Schramböck auf die Seite des Konzerns, der den Vertrag brechen will und sagt:
Ihr müsst "wettbewerbsfähiger" (billiger) werden (20 Mio. Gewinn reichen halt nicht.)
9x hat sich #Blümel bei seiner Befragung im #ibizaUA entschlagen. Leider werden die Befragung nicht öffentlich übertragen, sonst wäre heute ein anderer Minister zurückgetreten. Hier eine Chronologie der Antwortverweigerung eines Ministers, der Transparenz versprochen hat.
Vorab: Im U-Ausschuss des Parlaments gilt Wahrheitspflicht. Anders als in Medieninterviews oder vor Gericht darf hier auch ein Beschuldigter in einem Strafverfahren nicht lügen, um sich zu entlasten. Müsste sich eine Auskunftsperson durch eine wahrheitsgemäße Antwort belasten,
darf sie sich entschlagen. Das regelt § 43.1. in der Geschäftsordnung des U-Ausschuss: Eine Aussage darf verweigert werden, wenn eine Antwort "die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung nach sich ziehen würde". Auf diese Paragraphen hat sich Blümel bei 9 Fragen berufen: