So geht Diskursverschiebung. Anstatt über die berechtigte Verzweiflung von Eltern, die Kinder mit besonderen Risikofaktoren haben, reden wir über einen missglückten Nazivergleich. Super! Wann lernen wir es endlich mal? Nicht ablenken lassen vom Wesentlichen! 🧵 1/
Das gilt zum Einen für meine Bubble. Nazivergleiche sind ein schwieriges Terrain. Grundsätzlich sind sie möglich, denn es lassen sich viele Vergleiche anstellen und Ähnlichkeiten feststellen, ohne die Naziverbrechen mit gegenwärtigen politischen Handlungen gleichzusetzen. 2/
Doch es wird viel zu oft eine Gleichsetzung der heutigen Coronapolitik mit der damaligen sogenannten "Vernichtung lebensunwerten Lebens" suggeriert. Auch der Begriff "Eugenik" ist unpassend - vielmehr muss von Diskriminierung gesprochen werden. 3/
Diskriminiert werden nämlich Menschen mit besonderen Risikofaktoren, denen nicht das gleiche Recht auf Leben und Gesundheit zuerkannt wird. Es wird in Kauf genommen, dass sie aufgrund einer unverschuldeten Veranlagung höhere Risiken tragen, obwohl wir dies verhindern könnten. 4/
Für mich ist es eine der verstörendsten Erscheinungen dieser Zeit, dass als radikal gilt, wer es nicht als selbstverständlich hinnehmen will, dass einige Menschen - darunter Kinder - nun mal früher sterben. Es wäre auch Aufgabe der Medien, dem entgegenzuwirken. 5/
Doch die Medien spielen das Spiel mit. Sie bagatellisieren in Unkenntnis der internationalen Forschung regelmäßig die Risiken insbesondere für Kinder. Ständig hört man von Lockerungen, obwohl mal wieder die Überlastung des Gesundheitssystems droht. 6/
Schattenfamilien kommen jedoch kaum zu Wort, ihre Anliegen werden größtenteils ignoriert. Man kann sich nur darüber wundern, dass die Gesundheit der Kinder so wenig Wertschätzung erhält in den Medien - vor zwei Jahre schien das noch undenkbar. 7/
Das Framing, "Rotpunkte" seien radikal, ist nur zu verlockend, bedient es doch das Bedürfnis nach einer Balance - hier die Querdenker, da die Rotpunkte und dazwischen ist irgendwo die vernünftige Mitte zu finden. #FalseBalance 8/
Man fragt sich, was wohl das richtige Maß zwischen Weltkrieg und Weltfrieden wäre. Und so wundert es nicht, dass die Empörung über Priens Tweet, in welchem sie das Sterben von Kindern bagatellisierte und falsche Fakten über die Todesursache von an Covid erkrankten Kindern 9/
verbreitete, als kennzeichnend für eine radikalisierte Twitter-Bubble begriffen wird, für die - o, wie verwerflich! - jede Infektion eine zuviel sei. Wird man so ein Framing zukünftig auch in der Klimadebatte sehen? 10/
Dabei ist es eine neue Entwicklung, mit Krankheiten leben zu wollen. Die Zahl der Toten, die man früher als akzeptabel erachtete: Null. Wohin ist es mit uns nur gekommen? Ist es etwa mit unseren Werten vereinbar, eine gewisse Zahl von Toten, 11/
die wir doch verhindern könnten, als akzeptabel zu erachten? Wir erinnern doch gerade deswegen an die "Vernichtung lebensunwerten Lebens", um uns auf die für uns maßgebliche Wertschätzung jeden Lebens zu besinnen. 12/
Auch deswegen ist die Erinnerung an die Naziverbrechen für uns heute so wichtig, weil wir darin gefährliche Denkmuster erkennen, die in abgeschwächter Form heute wiederkehren. Dazu gehört Sozialdarwinismus - selbst wenn sich die Verbrechen von damals heute nicht wiederholen. 13/
Damals war die Denkweise: Ein starkes Volk kann sich den Schutz von Schwachen nicht leisten. Heute denken viele latent: Wenn wir die Normalität zurückhaben wollen, dann können wir nicht auf jeden Rücksicht nehmen. Die sollen sich halt einsperren. 14/
Das ist nicht das Gleiche, aber die Ähnlichkeiten liegen auf der Hand. Manchmal werden sogar recht explizit sozialdarwinistische Meinungen geäußert, die dahingehen, dass sich der Mensch evolutionär auf das Virus anpassen soll. Dürfen wir das akzeptieren? 15/
Ich würde mir also wünschen, dass sich die Medien nicht instrumentalisieren lassen, sondern den Wert des Lebens verteidigen und Ansätze von sozialdarwinistischem Denken bloßlegen.
Und and meine Bubble geht der Wunsch, vorsichtiger mit Nazivergleichen zu hantieren. 16/
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@AnjoGenow Vielleicht hier in den Drukos, kann so schlecht zwei Sachen gleichzeitig hören.
Die Frau Hummers von der Stiko wird den Ruf dieses Gremiums leider kaum verbessern können - mokiert sich über angeblich "strenge Maßnahmen" von Söder, von denen man nicht sähe, dass die viel brächten
@AnjoGenow Dann macht sie die meines Erachtens sehr waghalsige Prognose, dass es im Frühling und Sommer ziemlich ruhig sein werde. #Lanz
@AnjoGenow Wann liegen eigentlich genug Daten für eine allgemeine Impfempfehlung vor? Die letzte Impfempfehlung war vor zwei Monaten. #Stiko
Die Begründung überzeugt nicht - sollen wir denn noch weniger Daten erfassen? Es ist wichtig, den Überblick über die Situation zu behalten. Zudem heißt es im Artikel, die Probleme würden "derzeit behoben". 2/
Also geht es wohl darum, den Blick auf die Pandemie zu verschließen - egal, dass wir Rekordinzidenzen haben. Egal, dass diesen und nächsten Monat die Überlastung des Gesundheitssystems droht. 3/
Waffenlieferungen in die #Ukraine könnten eine abschreckende Wirkung auf Russland entfalten und den Frieden sichern. Wer jetzt nicht die Ukraine militärisch unterstützen will, setzt sich nicht für den Frieden ein, sondern verschafft Putin Rückendeckung. 2/ #AnneWill
#Servicetweet: Wenn Putin mit einer Invasion in der Ukraine durchkommt, dann würde er es in anderen Ländern vielleicht wieder tun. Und China könnte eine Invasion in Taiwan planen. 3/ #AnneWill
Kennt ihr #MECFS? ME/CFS ist im Grunde das, wovor euch bei Long Covid am meisten graut. Es gibt keine Heilung, weil es kaum Forschung gibt. Doch jetzt macht ein Spezialagent Hoffnung - und braucht eure Spenden. 1/ #FundraisingBC007MECFS
BC007 ist ein Medikament, das eigentlich zur Behandlung von Glaukomen eingesetzt wird. Nun wurde aber festgestellt, dass es offenbar auch gegen Autoantikörper wirkt, die bei Long Covid eine Rolle spielen. Diese Antikörper kommen auch bei ME vor. 2/ berliner-zeitung.de/gesundheit-oek…
Eine vom Bundesforschungsministerium finanzierte Studie soll die Wirksamkeit von BC007 gegen Long Covid untersuchen. Doch für eine Parallelstudie zu ME kann kein Antrag gestellt werden - und das, obwohl die Ampel laut Koalitionsvertrag Forschung zu ME fördern will. 3/
Kennzeichen einer liberalen Demokratie ist, dass sie politischen Entscheidungen Grenzen setzt und Grundrechte in der Verfassung verankert, die nicht dem demokratischen Willen unterworfen sind. Zu denen gehört laut Art 2 Abs 2 GG das Recht auf Leben und körperl. Unversehrtheit. 1/
Es ist der erkennbare politische Wille, die Durchseuchung nicht zu verhindern, sondern allenfalls etwas abzubremsen, ihre Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft abzumildern und das Ausmaß des gesundheitlichen Schadens zu verschleiern. 2/
Grundrechte schützen den Bürger nicht nur vor übermäßigen Eingriffen des Staats (Übermaßverbot), sondern verpflichten ihn auch zu Maßnahmen zum Schutz der durch die Grundrechte garantierten Güter (Untermaßverbot). 3/
Dieser Thread kann als typisches Beispiel dafür dienen, wie viele, die früher das Virus durchaus ernstnahmen, ihre Unlust auf eine weitere Pandemiebekämpfung rationalisieren. Daher ein kommentierender Thread zu einigen Tweets. 1/
Hier wird leider gar nichts erklärt. Offenbar ist das Argument, dass die Impfquote so hoch und Omikron so "mild" sei, dass eine Überlastung der Intensivstationen als unwahrscheinlich anzusehen sei. 2/
Nur ist Omikron gar nicht mild - zwar milder als Delta, aber virulenter als Alpha und erst recht als der Wuhan-Typ, wegen dem wir vor fast zwei Jahren die Schotten dicht machten. 3/