Isabel Ruland Profile picture
Mar 10 36 tweets 11 min read
Nächtliches Date mit @DJanecek und was dazu zu sagen ist.
Gestern Abend bot unser lieber @Berater_1 einen spontanen Space zum Entwurf des neuen IfSG an, eine erkleckliche Anzahl einiger Hundert Nachtschwärmer fand sich ein, darunter @_MartinHagen (FDP) und @DJanecek (Grüne).
1/
Dazu Familien mit und ohne vorerkrankte(n) Kindern, LuL, Berufsschüler:innen und eine Reihe interdisziplinärer Fachleute aus Sozialarbeit, Psychologie, Pädagogik und Medizin. Den Space kann man hier ⬇️ nachhören. Es lohnt sich, weil...
2/
... sich @janecek der mehrstündigen, tief in die Nacht dauernden Diskussion stellte.
Das verdient an dieser Stelle meine Wertschätzung. Danke!
@Berater_1 und @mfresow moderierte den tw. "turbulenten" Space so, dass eine Diskussion auf Augenhöhe (Zitat Dieter) gelang. Danke!
3/
Ich glaube, dass solche Gespräche enorm wichtig sind, mein Eindruck war, dass ein Bundespolitiker (zwar selbst Vater, aber dennoch nicht mit Fokus auf der "Erde") wenig Einblick in die Realitäten an Schulen und in die unglaublich breiten Bedarfe der Familien hat. Das werfe ich
4/
nicht mal vor; Gespräche bringen dem Abhilfe.
Diese Perspektive brachten v.a. @SozialarbeitNRW und @AStaar8 ein, die tagtäglich die Situation vieler Familien(situationen) vor Augen haben und wissen, welche Realität von politischen Entscheidungen getroffen wird. Diese Gespräche
5/
mit Fachleuten von der Basis (und nicht mit Verbandsfunktionären) könnten die Perspektive immer wieder gerade rücken, v.a. wenn politische Entscheidungen in der Realität zu fatalen Situationen für Kinder und Familien führen.
Wiederholte Infektionen, Quarantäne ohne sozialpäd.
6/
Begleitung und ohne Anspruch auf Bildung, mangelnder Zugang zu persönlichen Hygieneschutzartikeln, beengte Wohnverhältnisse und Überforderung trifft die Schwächsten der Schwachen - das sind die Folgen eines hohen Infektionsgeschehens unter Kindern.
Die hohen Inzidenzen unter
7/
den Kindern sind Fakt, selbst wenn wir sie nicht mehr er-testen würden, sie sind da und die Kinder werden krank und stecken andere an. Infizierte dürfen nicht in die Schule, das kann man nicht durch politische Entscheidungen "abschaffen", weil: die Ansteckungen sind da.
8/
Noch (!) sind wir nicht da, wo @DJanecek die Pandemie (und wir alle!) gerne hätten. Das anzuerkennen, ist vielleicht der schwierigste Prozess einer auf (alte) Normalität drängenden Politik.

Weiterhin sind solche Gespräche m.E. wichtig, um die Situation einer besonderen Gruppe
9/
darzustellen, der #Risikohaushalte #Schattenfamilien. Ich nahm einen gewissen Unglauben wahr, wie viele Menschen davon betroffen sind (und bin mir auch noch nicht sicher, ob die eindringlichen Berichte Betroffener und die Bedeutung der übergeordneten Darstellung verstanden
10/
wurden). Daher hier nochmal eine Zusammenstellung der Daten und Quellen ⬇️
11/
Ich nutzte die Gelegenheit, nach Lösungen für diese Familien zu fragen, was bislang noch nie von einem Politiker beantwortet wurde. Die Antwort zeigte mir, dass man für diese Familien keine Lösung hat/haben kann und es als nicht möglich erachtet, diesen Bedarfen durch
12/
Maßnahmen für alle gerecht zu werden. @DJanecek, bitte korrigiere, wenn ich das falsch wiedergebe.

Individuelle Konzepte liegen aber in den Ländern nicht vor, Risikohaushalte müssten wirtschaftlich/betreuungsechnisch/bildungspraktisch unterstützt werden, ein Attest für die
13/
Aussetzung der Schulpflicht reicht nicht, weil sie Folgen hat, mit denen Familien (wieder) sich selbst überlassen sind - auch hier sind es die Schwächsten der Schwachen. Die Situationen, in die diese Familien gestürzt werden, sind unzumutbar, viele nehmen das "Angebot" nicht
14/
wahr, weil sie es nicht können.
Ich nahm wahr, dass auch hier Bilder existieren, die nicht mit der Realität übereinstimmen. Wenn ich argumentiere, dass Eltern das Angebot der Aussetzung der Präsenzpflicht nicht in großer Anzahl wahrnehmen, muss ich fragen, warum das so ist.
15/
Erst dann sehe ich, ob das "Angebot" überhaupt den Bedarf und die Möglichkeiten abbildet oder ob durch Unterstützungsleistungen flankiert werden muss. Ein Angebot, das kaum jemand annehmen kann, ist keines. Die Verantwortung dafür liegt nicht bei den Familien...
16/
Auch das ist ein schwieriger Anerkennensprozess der Politik und ihrer Protagonisten. One size fits all bedeutet, dass Menschen vom Wagen fallen und verloren gehen. Dürfen wir uns das bei Kindern, unabhängig von Vorerkrankung/Behinderung/Benachteiligung wirklich leisten?
17/
Dritter Punkt, der mir wichtig erschien, ist die Frage des Umganges mit Wissenschaft (und ihren Erkenntnissen). #falsebalance schwebte auch gestern Nacht durch den Äther. Es kann nicht darum gehen, nur anzuerkennen, was einem selbst "evident" erscheint, sondern was einem
18/
wissenschaftlichen Konsens entspricht. Die großen seriösen (internationalen) Quellen sprechen eine deutliche Sprache und es wäre geraten, weniger auf Einzelmeinungen (auch Berufsverbandspolitiker) zu fokussieren, als auf den wiss. Diskurs.
@Doc_OnTheRocks hat dazu Keypoints
19/
vorgetragen und vertwittert.
Für Kinder muss gelten: better safe than sorry. Das ist unser tiefstes moralisches Prinzip der seriösen (!) Pädiatrie, in das ich auch als Mutter immer mein Vertrauen lege und dass ich erschreckt erstmalig aufgebrochen sehe. Politiker sollten das
20/
reflektieren und ihre politischen Ziele begrenzen, wenn dieses Prinzip verletzt zu werden droht. Es wäre unmoralisch. Der Umgang mit (zunemend sichereren) Daten zu Kindern muss diesem Prinzip folgen.
Die Stellungnahme um @JSchmitzLeipzig legt einen Lösungsvorschlag vor,
21/
eine Befriedung und eine Balance der Ziele "psychische Gesundheit" und "Infektionsschutz" zu erreichen: der dritte schwierige Anerkennensprozess für Politik, die sich m.E. in ihre einmal eingenommenen Positionen verrannt hat. Diese Balance kann nur erreicht werden, wenn
22/
"Politik" anerkennt, dass Infektionsschutz notwendig ist (um gleich vorzugreifen, niemand spricht von 100%, aber was wir an Instrumenten haben, sollte genutzt werden) - und zwar um der Kinder selbst willen und nicht als Stellschraube für höher gefährdete Erwachsene.
23/
Schutzmaßnahmen, die Erwachsene sich ohne große Diskussion genommen haben (& Politiker allen voran: #Luftfilter im Landtag, Maskenpflicht, Zugangsbeschränkungen, Plexiglaswände, Homeoffice, Kontaktpersonen-Familienquarantäne im Hotel etc. etc. etc.) müssen # kidsfirst Kindern
24/
und Familien zur Verfügung stehen, zuallererst in #Kitas und #Schulen. Es ist feige und egoistisch, sich zu nehmen, was man den Schwächsten mit rhetorischen Winkelzügen verweigert - und ihnen auch noch darstellt, die Verweigerung sei in ihrem Interesse.
25/
Zu dieser Anerkenntnis und der Umsetzung des better-safe-than-sorry gehört auch, das noch-nicht-abschließend-Gewusste (aber doch nach und nach Erkannte wie bspw. "kein respiratorisches, sondern ein Multiorganvirus, 1:3000 PIMS, 1:1000 LC-Kids") nicht als irrelevant für
26/
politische Entscheidungen vom Tisch zu wischen. Denn ein "sorry" würde unverzeihlich (ja, Herr @spahn) sein.
Es gibt Zugang zu diesem wiss. Konsens, bitte @DJanecek, nimm dir Zeit dafür. Vielleicht kann @Doc_OnTheRocks auch noch Unterstützung leisten.
27/
Letzter Punkt meiner Einschätzung, solche Gespräche öfter zu führen: ich wünsche mir, dass du, @DJanecek, der sich in der Sache hart, aber doch zuhörend zeigte, deine Kommunikation in den sozialen Medien erwachsen werden lässt und reflektierst, was du da hinterher ziehst.
28/
Nein, du kannst nichts dafür, dass jemand anders beleidigt, aber du kannst etwas für deine (!) Kommunikation. Viele Tweets setzen bösartige Nadelstiche, die v.a. diejenigen verletzen, die zu den Schwächsten gehören und diejenigen, die sich für sie einsetzen. Die
29/
(twitter-)Bevölkerung in zwei Gruppen zu polarisieren und (billigend) aufeinander zu hetzen, ist kein Spiel. Ja, in jeder der vielen (!) bubbles ist der Ton rau. Angriffe, Beleidigungen und Diskreditierungen lehne ich in jeder bubble ab.
30/
Aber: was war zuerst da, die Henne oder das Ei? Wenn man verletzt und diskreditiert hat und dafür angegriffen wird, darf diese (billigend in Kauf genommene, provozierte) Gegenwehr für einen reflektierten erwachsenen Menschen nicht als Rechtfertigung benutzt werden, mit den
31/
Verletzungen weiter zu machen. Von einem Bundespolitiker erwarte ich, dass er sich des Grundsatzes: „Kommunikation ist Wirkung“ bewusst ist, zumal er mit diesem Grundsatz ja sehr bewusst arbeitet, um politische Botschaften zu setzen. Im menschlichen Umgang muss das seine
32/
Grenze in der Verletzung des anderen finden.

Gesprächsbrücken kann man aufbauen (das haben wir glaube ich gestern getan), wir sollten sie nicht wieder einreißen, sondern stabilisieren. Der Umgang auf twitter mit den am Space Beteiligten und Nachhörenden wird zeigen, ob es
33/
dir, Dieter @DJanecek, auch ernst damit ist. Das wäre sehr zu begrüßen.
Wir kommen nur gemeinsam aus dieser Pandemie – auch du und ich, auch ihr (Politiker) und wir (Bevölkerung).
34/34
Addendum: zu @_MartinHagen, den ich eingangs erwähnte, kann ich nichts Reflektierendes schreiben, weil er leider nicht als Diskutant, sondern nur als Zuhörer teilgenommen hat. Ich hoffe auf eine spätere Diskussionsmöglichkeit.
Vielleicht liest er hier mit.
Ich muss hier eine KORREKTUR vornehmen, bezgl. LC-Kids (Tippteufel). Der gestern diskutierte Prozentsatz benannte 1%, also 1:100.
Als Diskussionsanregung hier eine Veröffentlichung des @BVKJ über eine größere kanadische Studie ⬇️, die von 6% spricht.
kinderaerzte-im-netz.de/news-archiv/me…

• • •

Missing some Tweet in this thread? You can try to force a refresh
 

Keep Current with Isabel Ruland

Isabel Ruland Profile picture

Stay in touch and get notified when new unrolls are available from this author!

Read all threads

This Thread may be Removed Anytime!

PDF

Twitter may remove this content at anytime! Save it as PDF for later use!

Try unrolling a thread yourself!

how to unroll video
  1. Follow @ThreadReaderApp to mention us!

  2. From a Twitter thread mention us with a keyword "unroll"
@threadreaderapp unroll

Practice here first or read more on our help page!

More from @IsabelRuland

Mar 5
Wie können wir mit Kindern und Jugendlichen über den Krieg sprechen?
Eine Handreichung auf @Publikum_net und ein Thread.

Am 24. Februar 2022 brach in Europa ein Krieg aus. Wir alle, Eltern wie Kinder sind an diesem Morgen in einer anderen Welt aufgewacht. Es stellte sich sehr
1/
schnell die Frage, wie wir mit unseren Kindern und
Jugendlichen darüber sprechen können, ohne uns zwischen Verdrängen, Angst und fehlenden Informationen zu verlieren. Kinder und Jugendliche
haben auch Angst. Als hätten Klimaschutz und Pandemie nicht schon genug für die Kinder
2/
aufgebürdet, türmt sich nun noch Kriegsangst oben auf.

Aber wir können unseren Kindern helfen, wenn wir in Gesprächen einige Punkte beachten:
1. Wie geht es dir? Machst du dir Sorgen? Worüber genau? Was hast du gesehen, gehört?
Nehmen Sie die Gefühle ernst und hören Sie gut
3/
Read 14 tweets
Feb 11
Da sitzt eine junge Frau, die nach 2 Jahren Stillhalten endlich der Gesellschaft sagt, was ihre Generation über die Pandemie weiß, wie es ihr geht und was sie braucht. Um sie herum sitzen 3 Erwachsene, seit 2 Jahren erfahren in der Platzierung von Narrativen über Kinder &
1/
Corona und in manipulativer Rhetorik versiert und drehen ihr jedes Wort im Munde herum. Die junge Frau schlägt sich tapfer - und sie bekommt 1 Stunde eingehämmert, dass sie falsch fühlt und falsch denkt und falsch weiß und dass ihr Empfinden angezüchtet sei.
2/
Mir wird schlecht. Es gibt kaum Schlimmeres, was wir Kindern (& Jugendl.,) antun können als ihnen wider besseres Wissen zu sagen, dass sie FALSCH EMPFINDEN. Ich habe selten so eine toxische öffentliche Inszenierung mit der jungen Generation gesehen. Ein
3/
Read 7 tweets
Feb 9
"Das gilt vor allem für jene aus stabilen Familienverhält­nis­sen..."

Von Beginn an haben Fachleute, die Kinder und Familien wirklich im Blick hatten, darauf hingewiesen, dass Eltern gestärkt und begleitet werden müssen, um ihren Kindern Krisensicherheit zu geben. Eine
1/
Pandemie ist eine globale Krise. Jede seelische und körperliche, jede soziale Reaktion von Kindern ist eine NORMALE Reaktion auf eine UNNORMALE Situation. Statt die Eindämmungsmaßnahmen zu framen und die Reaktionen der Kinder von der Ursache, der Pandemie abzukoppeln, braucht
2/
es geeignete krisenkompetenzenstärkende Interventionen. Das Leugnen dieser Zusammenhänge richtet mehr Schaden an, als wir durch das Aufreißen von Schulen und Vereinen wieder gut machen können, weil es am Ziel vorbei geht. Ja, es ist gut, dass Kinder wieder zum Sport können.
3/
Read 10 tweets
Feb 9
Erinnerung!
Heute Abend, 19.30 Uhr.
Save the date.

Einwahl über den in der Ankündigung veröffentlichten Zoomlink.
1/
oder auf @Publikum_net in etwas leichter als Fließtext lesbaren Form. ⬇️
3/3

Read 4 tweets
Feb 6
Liebe Frau @GoeringEckardt, zu einigen Punkten aus @PSHolstein s Abendspaziergang möchte ich Bemerkungen machen:
1. Sie merkten an, dass es nicht "die Wissenschaft" gibt und auch in den Bewertungen sehr konträre Positionen diskutiert würden. Dem möchte ich widersprechen.
1/
Es gibt durchaus einen wissenschaftlichen Konsens, v.a. nach nun 2 Jahren. Ich erwarte von Politiker:innen, dass sie in der Lage sind, diesen zu erkennen und die Fakten zur Grundlage ihrer Entscheidungen zu machen. Dass die Bewertungen von wiss. Fakten unterschiedlich
2/
sind, unterliegt auch oft einer #falsebalance und ist in politischen Zielen begründet. D.h., die Divergenzen liegen bei denen, die sie diskutieren und Narrative schaffen, nicht bei den Fakten. Ich würde mir wünschen, dass sich gerade die @Die_Gruenen als Wissenschaftspartei
3/
Read 25 tweets
Feb 3
Wie viele #Schattenfamilien leben in Deutschland?
Ein Thread. Lang.

Spätestens seit @janfleischhauer s Entschuldigungstweet an @ebonyplusirony, seinem exzellenten Artikel über die Situation der Familie von @semanthis
focus.de/politik/deutsc…

sowie dem zum Thema veranstalteten
1/
Abendspaziergang von @PSHolstein nebst After-Space von @Berater_1 kursieren aufgeregte Fragen und wilde Vermutungen, wie viele #Schattenfamilien in Deutschland leben. Ich will diese Frage hier erhellen, bin ich doch nicht ganz unbeteiligt daran, dass die Thematik langsam in
2/
die Köpfe sickert und diese Fragen nach den Zahlen überhaupt aufkommen.

Ich setze hier als #Schattenfamilien diejenigen Familien voraus, in denen mindestens ein vorerkranktes Kind lebt, also #Risikohaushalte, in denen die Kinder selbst Risikopatienten sind. Zu den
3/
Read 49 tweets

Did Thread Reader help you today?

Support us! We are indie developers!


This site is made by just two indie developers on a laptop doing marketing, support and development! Read more about the story.

Become a Premium Member ($3/month or $30/year) and get exclusive features!

Become Premium

Don't want to be a Premium member but still want to support us?

Make a small donation by buying us coffee ($5) or help with server cost ($10)

Donate via Paypal

Or Donate anonymously using crypto!

Ethereum

0xfe58350B80634f60Fa6Dc149a72b4DFbc17D341E copy

Bitcoin

3ATGMxNzCUFzxpMCHL5sWSt4DVtS8UqXpi copy

Thank you for your support!

Follow Us on Twitter!

:(