Warum die #Inzidenz ein wichtiger Indikator war und ist und warum das aktuelle #IfSG dem nicht ausreichend Rechnung trägt.
Ein 🧵 aus mathematischer Sicht. 1/N
#Inzidenz basierend auf PCR-Tests spiegelt das (mehr oder weniger) aktuelle Infektionsgeschehen wider. Letztendlich lässt sich fast jede Kenngröße der #Pandemie mithilfe der #Inzidenz abschätzen, d.h. modellieren und vorhersagen. 2/N
Beispiel 1: Multiplizieren wir die aktuelle #Inzidenz mit der Fallsterblichkeit (CFR), so erhalten wir eine Schätzung für die Anzahl (pro 100.000 Einwohner & Zeitfenster), die aufgrund von #COVID19 versterben werden. Diese Schätzung wird präziser, wenn wir 3/N
#Inzidenz & Fallsterblichkeit verschiedener Altersgruppen differenzieren und getrennt betrachten. Das werden wir im Folgenden der Verständlichkeit zuliebe ignorieren.

Beispiel 2: Analog #LongCovid statt Tod, d.h. wir erhalten eine Schätzung für die Zahl neuer Betroffener. 4/N
Beispiel 3: Anhand der heutigen #Inzidenz lässt sich die morgige Inzidenz, diejenige in einer Woche, usw. schätzen. Das ist Recht aufwendig: Hier gehen R0, Impfquote, geltende Maßnahmen, Varianten, etc. ein. 5/N
Wesentlich ist die Erkenntnis, dass die Fallzahl bzw. Inzidenz von heute die Opfer von morgen in den diversen Kategorien bestimmt, und zwar in "linearer Weise": Ist die #Inzidenz heute um das x-fache größer (oder kleiner), reduzieren sich auch die Opferzahlen um das x-Fache. 6/N
Dieser lineare Zusammenhang besteht jedoch nur fort, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht wesentlich ändern.

Eine solche wesentliche Änderung wäre beispielsweise eine Überlastung des Gesundheitssystems: Es würden überproportional mehr Menschen versterben. 7/N
Aus diesem Grund (und wegen der resultierenden unschönen TV-Bilder) ist es daher die höchste Priorität, diese Überlastung zu vermeiden.

Mathematisch bedeutet dies: Wir haben eine (von der Variante, Impfquote & Krankenhausbelegung abhängige) Höchstgrenze für die Inzidenz, 8/N
die nicht überschritten werden darf, da ansonsten Überlastung des Gesundheitssystems eintritt.

Seit #Pandemie-Beginn ist dies die leitende politische Handlungsmaxime und mit steigender Immunität und milderen Varianten wie #Omikron steigt diese unsichtbare Inzidenzobergrenze 9/N
immer weiter an, weswegen unsere Entschdungsträger gewillt sind, mehr Inzidenz zuzulassen, was es ihnen in ihren Augen erlaubt, Maßnahmen zurückzunehmen.

Die neueste Revision des #IfSG illustriert dies eindrücklich.

Die Maxime lautet nicht Infektionsvermeidung, sondern 10/N
Vermeidung zu vieler Infektionen in einem zu kurzen Zeitraum.

Das tragische an diesem Handlungsprinzip ist, daß die tatsächlichen Opferzahlen (Tote, #LongCovid, ...) insgesamt betrachtet auf größer ausfallen, als eine singuläre Überlastung an Opfern fordern würde. 11/N
Kurzum: Die Politik ist gewillt, langfristig viele Opfer anzuhäufen. Es dürfen nur nicht zuviele auf einmal sein.

Ironischerweise führt dies mathematisch gesehen dazu, dass die Opferzahlen _maximiert_ werden, und zwar unter der Nebenbedingung, das Gesundheitssystem nicht zu 12/N
überlasten.

So lange das Gesundheitssystem nicht kollabiert, sind (viele) Opfer in den Augen der Entscheidungsträger tolerierbar.

Dies lässt sich elementar bildlich erklären:
Die #Inzidenz ist eine Kurve. Die Überlastungsgrenze ist eine Kurve über dieser Kurve und es ist 13/N
zu vermeiden, daß die Inzidenzkurve jemals die Überlastungsgrenzkurve überschreitet.

Problem: Die Opferzahlen (Tote, #LongCovid, ...) sind proportional zur _Fläche_ unter der Inzidenzkurve und obwohl die Inzidenz nicht beliebig wachsen darf, wird die Fläche unter ihr 14/N
langfristig trotzdem beliebig groß. Damit werden ebenfalls die Opferzahlen groß, was die derzeitige Handlungsmaxime ad absurdum führt.

Ein weiteres Problem besten darin, daß gewisse Opferkategorien, #LongCovid bspw., zwar durch #Impfung reduziert werden, aber nicht in 15/N
Maße wie die Impfung Hospitalisierung & Todesfällen reduziert. D.h. eine niedrigen Hospitalisierungsrate führt zu einer höheren zulässigen #Inzidenz, da keine Überlastung des Gesundheitssystems droht, aber zugleich steigt dadurch absolut das #LongCovid-Risiko für alle, 16/N
einschließlich Geimpfte. Mit anderen Worten: Wir produzieren jetzt oder in naher Zukunft nach Inkrafttreten des neuen #IfSG wahrscheinlich so viele #LongCovid-Fälle wie nie zuvor. 17/N
Gibt es einen Ausweg?

Natürlich, er ist bereits implizit diskutiert worden: Opferzahlen sind proportional zur Fläche unter der #Inzidenz-Kurve. Um Opfer zu reduzieren oder zu minimieren, muß konsequenterweise die Inzidenz reduziert oder minimiert werden. 18/N
Paradoxer Nebeneffekt: Ist niedrige #Inzidenz einmal erreicht, ist es einfacher, Infektionsketten zu identifizieren & zu brechen. Daher ist es einfacher & billiger, niedrige #Inzidenz zu halten anstatt bei hoher Inzidenz die Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. 19/N
Summa summarum bedeutet dies mehr Freiheit für alle und dabei gleichzeitig weniger Opfer insgesamt, win-win sozusagen.

Das war und ist schon lange bekannt, seit Beginn der #Pandemie.

Das Gros der #COVID19-Opfer wäre vermeidbar. Die Schuld wiegt schwer.

20/20

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Mar 8
Dieser Tage verbreitet sich Resignation bei #Schattenfamilien und #TeamVorsicht.
Es ist nicht alles verloren und #Infektion ist nicht zwangsläufig, auch wenn dieser Eindruck oft vermittelt wird.
Zur Abwechslung ein aufmunternder🧵 1/8
Mythos: Wir werden uns alle infizieren.
Realität: Langfristig werden wir in Kontakt mit dem Virus kommen. Das bedeutet aber nicht, daß wir uns alle infizieren werden.
Insbesondere ist die Lage derzeit noch nicht hoffnungslos. 2/8
Grund: In zwei Jahren #Pandemie hat sich bisher nur jede*r 5 bestätigt infiziert. Mit Dunkelziffer ca. jede*r 2.
Selbst bei einer #Inzidenz von 1000 würden sich über ein Jahr 2/3 (bzw. 1/3 mit Dunkelziffer) der Bevölkerung NICHT infizieren.
Das gilt für den Durschnittsbürger. 3/8
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