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May 17 16 tweets 7 min read
Buon Giorno vom Landgericht Bonn, wo heute nach krankheitsbedingter Unterbrechung der Prozess gegen #CumEx-Schlüsselfigur Hanno #Berger fortgesetzt wird. Auf dem Programm steht die Befragung zweier Finanzbeamter. Normalerweise nichts Spektakuläres. Später mehr hier👇
Für Berger könnte es übrigens eine bewegte Woche werden. Er wird am Donnerstag als Zeuge in Wiesbaden im #CumEx Verfahren gegen frühere Verantwortliche der #Hypovereinsbank erwartet.
Der Prozessbeginn verzögert sich. Hanno #Berger kommt heute nicht mit dem Sammeltransport aus der #JVA Ossendorf und soll gegen 11 Uhr am Gericht eintreffen…
Gesundheitliche Schwierigkeiten bei Hanno #Berger waren der Grund dafür, warum der Prozess zuletzt pausierte. Diese seien ausgeräumt. Berger sei verhandlungsfähig, so Richter Zickler. "Mr #CumEx" stellte dies gleich mal unter Beweis - und lieferte sich Wortgefechte sowohl mit...
seinem Verteidiger als auch mit dem Richter.
Doch zunächst hatte ein Zeuge vom Finanzamt Düsseldorf-Altstadt seinen Auftritt. Was er zu berichten hatte, verblüffte. Der Finanzbeamte war im 2010 u.a. für die Düsseldorfer @apoBank zuständig. Zu diesem Zeitpunkt war das @BMF_Bund
dem #CumEx-Skandal bereits auf der Spur. Mit einer Verwaltungsanweisung, einem "#BMF"-Schreiben, schrieb das Ministerium strenge Regeln für manche Erstattungen von Kapitalertragssteuern vor, u.a. mussten die Banken erklären, dass es bei verdächtigen Geschäften keine Absprachen
zwischen den Akteuren gab. Ein Jahr später bekam der heutige Zeuge, immerhin Sachgebietsleiter, einen Erstattangsantrag der @apoBank auf den Schreibtisch, hinter dem ein #CumEx-Geschäft stand, wie wir heute wissen. Der Fall wurde an die #Oberfinanzdirektion gemeldet, es wurden
Formulare geprüft - mehr geschah nicht. Die Anweisung des Bundesfinanzministeriums kannte der zuständige Beamte GARNICHT. Während das @BMF_Bund im Jahr 2010 vor Milliardenausfällen warnte, machten die zuständigen Beamten offenbar munter weiter, wie zuvor. "Man kennt nicht jedes
Schreiben, man kennt nicht jede Verfügung ich kannte dieses Schreiben nicht", so der Beamte. 38 Mio wurden ausgezahlt. Wenn alle zuständigen Finanzbeamten gleichermaßen informiert waren, verwundert nicht, dass die #CumEx Geschäfte noch bis Ende 2011 munter weiterliefen.
Im Gerichtssaal wurde es trubelig, als Berger begann, den Zeugen selbst zu befragen. Sehr zum Unmut seines Verteidigers Richard Beyer. Der Anwalt fällt seinem Mandanten ins Wort, faucht ihn an: "Lass mal, der Zeuge ist doch gut". Es folgt ein Wortgefecht zwischen Berger
und dem Vorsitzenden Richter. Berger hält einen #CumEx Vortrag. Richter Zickler setzt immer wieder mit einem "Ja, aber" an, kommt aber kaum noch zu Wort. Jetzt weiß der Richter wohl, wie sich früher manch ein Top-Anwalt bei Bergers #ThinkTank gefühlt haben muss, wenn der Berger
vom Kopfende die Richtung vorgab. Jetzt Mittagspause zur Abkühlung. Für #Berger-Anwalt Beyer wohl dringend notwendig. Fluchend steht ervor dem Saal. Die Worte "Dumm wie ein Stück Sch*" fliegen durch das Foyer. Gleich geht es mit einer Zeugin vom Hamburger Finanzamt weiter..
Die im #CumEx-#Berger-Prozess als Zeugin geladene inzwischen pensionierte Beamtin des Hamburger Finanzamtes für Großunternehmen hat derweil große Erinnerungslücken und nur wenig zu berichten. Sie war zwar mehrere Jahre lang für die Sachbearbeitung für die Privatbank MM #Warburg
zuständig und erließ mehrere Jahre Erstattungsbescheide um die 40 Mio Euro, sie prüfte aber nie, ob die Steuern zuvor auch einbehalten und abgeführt worden sind. Hierfür sei die Betriebsprüfung zuständig gewesen. Oder mit anderen Worten:
Ob Steuern in zweistelliger Mio-Höhe zu Recht erstattet wurden, hat man im auf Großunternehmen spezialisierten Hamburger Finanzamt demnach immer erst im Nachhinein geprüft, nicht bei der Veranlagung.
Alle Steuerpflichtigen, die versucht haben, ein Arbeitszimmer geltend zu machen, dürfte diese Herangehensweise verwundern. Schließlich fordern hier bei den Finanzämter nicht selten Belege dafür ein, wie das Zimmer tatsächlich genutzt wird.

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Apr 7
Guten Morgen vom Landgericht Bonn! Ich beobachte heute den 2. Verhandlungstag im Prozess gegen #CumEx-Schlüsselfigur Hanno Berger. Bislang ist Bonn vom Sturmtief Nasim verschont geblieben, Mal sehen ob’s drinnen stürmischer wird. Bericht später hier👇
Heute steht die Zeugenvernehmung zweier Finanzbeamter auf dem Plan. Was dröge klingt, war in früheren #CumEx-Prozessen teils spektakulär, angesichts der erschreckenden Einblicke darin, wie achtlos Milliardensummen an Steuern erstattet wurden…
Meinen Bericht zum Prozessauftakt gibt es hier zu lesen: tagesschau.de/wirtschaft/fin…
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Dec 29, 2021
Wie die Politik den #CumEx-Skandal über Jahrzehnte geschehen ließ - dieser #Explainer @wdrinvestigativ ist mein Abschied aus diesem spannenden Berufsjahr. Wie viele andere Veröffentlichung 2021 dreht sich die Recherche um den Steuerskandal /1
Hier eine kleine Auswahl unserer #CumEx-Recherchen in 2021: Im März enthüllten wir, dass die Staatsanwaltschaft Köln schon vor einem Jahr bei Hamburger Politikern und Finanzbeamten durchsuchen wollte, die #Razzia aber intern gestoppt wurde tagesschau.de/investigativ/n… /2
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Jul 9, 2021
Die #CumEx-#Razzia bei der früheren #HSHNordbank wirft nicht nur die Frage auf, wie ernst die "vollumfängliche Kooperation" gemeint ist, die die Bank den Strafverfolgern zugesagt hat. Sie wirft auch ein Schlaglicht auf Hamburger Finanzbehörden. Thread /1 tagesschau.de/investigativ/n…
Schon 2013 meldete die #HSHNordbank #CumEx Geschäfte dem Finanzamt, bot die Rückzahlung von 127 Mio Euro an. Nun sei es an der Hamburger Finanzbehörde, die neu eingereichten Unterlagen zu prüfen und das Steuerrecht anzuwenden. Kurz darauf zahlte #HSH taz.de/HSH-Nordbank-z… /2
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Feb 5, 2021
Im #CumEx Skandal schickt Privatbankier Max #Warburg Ex-#BGH-Richter Thomas Fischer ins Feld, um die Beteiligung der Privatbank MM Warburg "in Relation" zu setzen. @gaborsteingart von @ThePioneer_one hat er offenbar überzeugt.. thepioneer.de/originals/stei… Thread /1
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#Qiagen ist ein innovatives #Biotech-Unternehmen, das in #Corona-Zeiten wichtige Produkte herstellt, u.a. Reagenzien für #COVID19-Tests. Sicherlich kann es im öffentlichen Interesse sein, Qiagen auch mit Staatsgeldern zu fördern. Jetzt könnte sich die Frage stellen: /1
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