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Dec 4 21 tweets 8 min read
@ulrikeguerot hat von Osteuropa keine Ahnung, also hat sie sich für ihr Buch Hauke Ritz als Co-Autoren engagiert: einen Philosophen, der in #Moskau sein drittes Rom gefunden hat und #Russland|s #Patriotismus lobt. Passt das zu Guérot, die doch die Nationen überwinden möchte?
1/17
Sehr gut sogar: Die gemeinsame Klammer ist ihr #Antiamerikanismus. Dass die rassistische Propaganda-Schnurre von den US-Biowaffenlaboren im Buch auftaucht, überrascht nicht, wenn man die bisherigen Äußerungen von Ritz liest und anhört.

2/17
Schaut man sich z.B. sein Gespräch mit Michael Meyen an (der auch #KroneSchmalz hostete), so findet man darin ein Kondensat der russischen Staatspropaganda wieder - von der Behauptung, die Ukraine gehöre zum russischen Kulturraum bis zur Behauptung,
3/17
die Beteiligung Russlands am Abschuss von #MH17 und den Anschlägen auf #Skripal und Navalny sei nicht belegt.
Was verbindet Ritz mit RU? Bis Juni arbeitete er als DAAD-Stipendiat in Moskau, 2014 war er für die Zukunftswerkstatt des Petersburger Dialogs tätig - geleitet vom
4/17
langjährigen hauptamtlichen Kremlpropagandisten Alexander Rahr.
(Es lohnt übrigens der Blick in den Bericht von Ritz über eine Sitzung dieser AG vom Dezember 2014 - warum hat man diesen nutzlosen Laden nicht schon damals zugemacht...?)
5/17
petersburger-dialog.de/sitzung-der-ag…
In Hauke Ritz finden wir nun den reaktionären Intellektuellen der ersten Hälfte des 20. Jhs wieder, der in RU den Rückzugsraum für die Ideen der Vormoderne (und jetzt auch Bollwerk des im Westen von der Postmoderne unterdrückten Christentums) erkennt.

6/17
Die USA dagegen wollten mittels #Globalisierung ein Mischvolk erschaffen, wie es das bei ihnen geben, „ohne eigenständige Kulturen“. Daher der postmoderne Diskurs im Westen, sich von jeglicher nationalen, kulturellen, religiösen und nun sogar sexuellen Identität loszusagen .
7/17
Die Postmoderne mit ihrer "Fetischisierung von Konsumgütern" sei von den USA systematisch als kulturelle Waffe eingesetzt worden, um zuerst das Vertrauen in den Sozialismus zu untergraben und somit die SU zu zerstören, und dann gegen das Christentum
8/17
newdaynews.ru/revolution-191…
vorzugehen, das die Basis des Sozialismus bilde und nach 1989/91 als letzter ideologischer Gegner des Kapitalismus verblieben sei. Nur im Bündnis mit RU könne Europa seine eigene Kultur und die christlichen Ursprünge der Moderne bewahren.
petersburger-dialog.ru/files/istor-pr…
9/17
Doch die EU werde "transatlantisch dominiert", erklärte er 2016 im Zinovev-Club, und das sei "kurzfristig nicht zu brechen“. Alle Kräfte Europas, die für den Erhalt der traditionellen Kulturen einträten, seien "in der Opposition" (ab 44:40, deutsch).
10/17
ria.ru/20160115/13600…
Die eigentliche Macht in Europa, so sagt er in dem Gespräch mit Meyen in Reichsbürgermanier, liege in der Hand von Think tanks, die den Regierungen die Politik vorgäben: „Vielleicht sind die Menschen, die wir für Kanzler und Präsidenten halten, nur die Moderatoren.“
11/17
Da "das kulturelle Überleben Europas“ auf dem Spiel stehe, dessen komplexe Kultur gezielt von den USA mit ihrer sehr einfachen Kultur "ausgelöscht" werde, müsse Widerstand geleistet werden. Weil die europäische Opposition aber so schwach sei, setzt er auf fremde Mächte:
12/17
Und zwar neben Russland insbesondere auf #China und Iran, die jeweils "souverän" genug seien, um ein alternatives Modell gegen den US-Kapitalismus durchzusetzen. Deren Regierungen seien auch stark genug, sich gegen die US-Technologiekonzerne zu stemmen,
13/17
„die wissen, was wir gefrühstückt haben und versuchen, den Menschen in seiner Kindheitsentwicklung zu beeinflussen“.
Das ist ein besonders lustiger Gedanke, wenn man bedenkt, wie Russland der chinesischen Big-Brother-Strategie nacheifert und für Likes Haftstrafen verhängt.
14/17
Die Kombination Guérot-Ritz ist v.a. deshalb so interessant, weil sie eine Querfront im Kleinen bilden: die als "Linksliberale" wahrgenommene Politologin, die mit ihren Europaideen bekannt wurde, schließt sich mit einem erzreaktionären Kritiker der "Postmoderne" zusammen.
15/17
Stellvertretend führen sie vor Augen, warum das kenntnisfreie "Russlandverstehertum" in Deutschland lagerübergreifend so viele Anhänger hat: Ausgehend von ihren eigenen, teils einander widersprechenden Visionen (für ein einiges Europa bzw. ein Europa christlicher Nationen)
16/17
identifizieren sie einen gemeinsamen Feind (die gottlose bzw. imperiale USA), gegen den Europa nicht ankomme, weshalb es Russland als politisches, wirtschaftliches und geistiges Gegengewicht brauche. Leider ist dieser Antiamerikanismus nicht nur an den Rändern populär.
17/17
P.S.: Danke an @moritz_gathmann für den Hinweis auf Ritz und einige seiner Ergüsse.
Je weiter man sich mit Hauke Ritz beschäftigt, desto bedenklicher erscheint er: Seine mehrmaligen Auftritte beim "Zinovev-Clubs" sind kein Zufall: Er gehört dessen "Internationalem wissenschaftlichen Beirat" an:
zinovievcenter.tilda.ws
Der Club wurde 2014 von Chef-Propagandist
Dmitrij Kisseljow (der schon im März 2014 drohte, Russland könne die USA in ein "Häufchen radioaktiver Asche" verwandeln könne) und Timofej Sergejzew gegründet.
Sergejzew hatte schon 2021 die "Entnazifizierung" der Ukraine gefordert und wurde im Frühjahr 2022 damit bekannt, dass er in einem Text auf der Seite der staatlichen Nachrichtenagentur RIA zum Völkermord an Ukrainer aufrief.
(@mgabo dazu um zum Kontext:
blaetter.de/ausgabe/2022/m…

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Dec 3
@Yascha_Mounk, der bereits forderte, Migranten härter als Deutsche zu bestrafen, hat letzte Woche in @zeitonline über die #CancelCulture geschrieben - und dabei ein Musterbeispiel für die Verzerrungen in dieser Debatte verfasst.

Einige Anmerkungen dazu

zeit.de/2022/48/cancel…
Mounk antwortet auf einen Text von @adriandaub, wonach das Gerede von der Cancel Culture Ausdruck einer Hysterie sei, die von dubiosen Stiftungen geschürt werde. Mounks Gegenargumente stützen sich einerseits auf klassische Mobbingfälle unter seinen Studis - und zum anderen auf
Umfragen zweier Organisationen, aus denen hervorgehe, dass zwischen 60 und 80% der US-Studis angeben, Selbstzensur zu üben. Eine der beiden ist die Foundation for Individual Rights and Expression, die ihre Mittel v.a. von konservativer Seite bekommt wie dem Charles Koch Institute Image
Read 10 tweets
Dec 1
Problematische Aussagen von Jörg Baberowski zur Anerkennung des #Holodomor als #Genozid durch den Bundestag:
„Das ist für die Selbstverständigung der Deutschen keine so gute Sache, dass man den #Holocaust sozusagen entsorgt, indem man sich jetzt auch…
1/6
share.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-…
…mit dem Holodomor identifiziert. Das ist eine Angelegenheit der Ukrainer, dir das als ihren nationalen Mythos brauchen; wir brauchen das nicht.“

Wieso „entsorgen“ wir das Gedenken an die deutsche Judenmord in der Ukraine, wenn wir auch den Holodomor ins Blickfeld rücken?
2/6
Bemerkenswert auch die Aussage, der deutsche Vernichtungsfeldzug habe sich „nicht gegen die Ukrainer“ gerichtet, „sondern gegen den Bolschewismus und vor allem gegen die Juden“. Das stimmt einerseits, unterschlägt andererseits aber, dass die Deutschen in den besetzten
3/6
Read 6 tweets
Dec 1
Warum, liebe @NZZ, hakt ihr bei Alice #Schwarzer nicht nach, wenn diese von "27 Millionen toten Russen" im WK2 spricht? Immerhin beruht auf dieser Fehlwahrnehmung wesentlich ihre Einstellung zum #Angriffskrieg gegen die #Ukraine: Gegenüber #Russland hätten eine historische
Verantwortung. Gegenüber den Ukrainern, die nun erneut angegriffen und ermordet werden etwa nicht? Ein solche Position lässt sich nur einnehmen, wenn man die Geschichte des Zweiten Weltkrieges so sieht wie Putin - oder eben Schwarzer.
Das Interview in der NZZ bietet weitere Klopper. Wie schon kürzlich bei @maischberger verwahrt sie sich gegen die vermeintliche "Polemik" seitens der Ukrainer - und greift dann selbst zur tatsächlichen Polemik, mit der sie die Haltung der Gegenseite perfide verzerrt.
Read 9 tweets
Nov 29
"Dann könnte sich ein kleinerer, noch härterer Kern für Entführungen und Mordanschläge begeistern." Es ist schon bemerkenswert schlicht argumentiert, wie @PeterRNeumann die Entstehung der #RAF aus der Studentenbewegung schematisch auf die Gegenwart überträgt - ohne die völlig
unterschiedlichen lebensgeschichtlichen Prägungen der Akteure damals und heute sowie die unterschiedlichen politischen, sozialen und gesellschaftlichen Kontexte auch nur zu erwähnen.
"Bereits vor drei Jahren warnte ich" vor gewaltsamen Absplitterungen. Wenn wir mal als aktuellen
Vergleich Pegida nehmen, erkennen wir, dass es keine drei Jahre braucht, um vom "Radikalismus" zur Gewalt überzugehen. Wäre es nicht sinnvoll, eine drei Jahre alte Prognose, die sich nicht bewahrheitet hat, mal auf ihre Plausibilität zu überprüfen?
Die Ratschläge, wie sich eine
Read 6 tweets
Nov 26
Nachdem der Botschafter #Russland|s letztes Jahr in der @welt seine Lügen über den #Maidan ausbreiten durfte, wählt er für seine Lügen zum #Holodomor die @jungewelt als Plattform.

Einige Anmerkungen zu seinen Geschichtsfälschungen zur Hungersnot in der #Ukraine:
Zwar stimmt es, dass die Hungersnot nicht auf die Ukraine beschränkt war, geradezu zynisch ist aber der darauf bezogene Satz "Der Hunger war massenhaft und suchte sich seine Opfer nicht aus."
Der Hunger sicher nicht, aber das Politbüro in Moskau. Denn als im Winter 1932/33 wie
schon im Jahr zuvor massenhaft Menschen aus der Ukraine und dem damals ukrainisch geprägten Nordkaukasus nach Norden flohen, wurden auf Anweisung von Molotov und Stalin Ende Januar 1933 die Grenzen nach Russland geschlossen. Die Geheimpolizei wies man an, den Verkauf von
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Nov 25
Wenn man schon Vergleiche mit dem 2.WK zieht, warum dann nicht mit Blick auf die #Ukraine? Auch #Kiew wurde letztlich nicht verteidigt. Den Panzergraben an der Degtjarevskaja nutzten die Deutschen als Sperre, hinter der sie die Juden für das Massaker von #BabynJar versammelten
1/ Image
Was wäre gewesen, wenn die SU kapituliert hätte? Oder die Rote Armee weniger heftigen Widerstand geleistet? Der ermöglichte Hunderttausenden die Flucht.
Wie in Kiew saßen auch in Paris viele Jüdinnen und Juden in der Falle (Bild: Paris Sommer 42; BArch, Bild 183–N.0619–506).
2/ Image
Allein im Juli 42 deportierten die Deutschen aus Paris 13.152 Menschen ins Gas. In Kiew erschossen sie schon in den ersten Wochen der Besatzung etwa 40.000.

In seinem Tweet unterschlägt Herr Bohn diese Folgen. Stattdessen nutzt er das Jakob-Augstein-Argument: Macht mir mein
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