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Der neue Dejan Lukovic @DejanLukovic_
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#Waffenverbotszonen werden gerade stark diskutiert, doch die wenigsten wissen eigentlich, worüber sie da diskutieren. Da ich mich schon bisschen länger mit dem Thema beschäftige will ich erklären, worum es genau geht und warum wir von "Schikanierungszonen" reden sollten. Thread:
Die so genannten "Waffenverbotszonen" wurden am 07.07.2018 im Nationalrat als § 36b in das Sicherheitspolizeigesetz (SPG) aufgenommen und besteht aus drei Absätzen.
Absatz 1 definiert dabei, wie "Waffenverbotszonen" eingesetzt werden können. So geht es um "[...] bestimmte[] Tatsachen, insbesondere wegen vorangegangener gefährlicher Angriffe [...]", die an öffentlichen Orten geschahen, weshalb Waffenverbotszonen ausgerufen werden können.
Perfide ist hier die Nennung des "insbesondere wegen vorangegangener gefährlicher Angriffe", da hier aufgrund des "insbesondere" keine taxative Aufzählung geschieht, insofern viele verschiedene Gründe dazu dienen können, solche Zonen zu erlassen.
Weiter geht es im Gesetzestext um "[...] gefährliche[] Angriffe[] gegen Leben, Gesundheit oder Eigentum von Menschen kommen wird [...]", wodurch wegen jeder befürchteten Straftat eine Verbotszone ausgerufen werden kann.
Sind diese Gründe geben, so können die Sicherheitsbehörden Waffenverbotszonen verordnen, in denen das verweilen "[...] mit Waffen oder mit Gegenständen, die geeignet sind und den Umständen nach dazu dienen, Gewalt gegen Menschen oder Sachen auszuüben [...]" verboten ist.
Spannend ist hier, dass es auch um Gegenstände geht, die geeignet sind, um sie als Waffen zu verwenden. Im Endeffekt kann dies einfach jeder Gegenstand sein, den man sich bei sich trägt - man ist auf Polizist_innen angewiesen, was sie als Waffen definieren.
Im letzten Satz geht es dann darum, dass Personen, die einen Waffenschein haben und auch die Berechtigung haben, die Waffen führen zu dürfen, diese auch in den Verbotszonen führen dürfen - sprich Polizist_innen aber auch alle Personen, die diese Vorgaben erfüllen.
Absatz 2 regelt, wie die "Waffenverbotszonen" kundgetan weden müssen und wie lange sie bestehen können. Sie müssen gut kundgetan werden und müssen nach dem Ende der befürcheteten Gefahrenlage wieder aufgehoben werden.
Ändert sich während der Zeit der Zone nichts, so ist die Verbotszone spätestens 3 Monate nach der Ausrufung aufgehoben. Das Problem hierbei ist, dass die Sicherheitsbehörden die Waffenverbotszonen ohne Absprache mit anderen Insitutionen kundtun können und dies so oft sie wollen.
Dadurch, dass es auch keine wirklich klaren Bedingungen für die Verbotszonen gibt, kann nicht evaluiert werden, ob die vermeintliche Gefahrenlage zurückgeht. Zu befürchten ist also, dass die Sicherheitsbehörden ohne Chekcs and Balances wie wild mit Verbotszonen um sich werfen.
Absatz 3 regelt dann, wie "Waffenverbotszonen" durchzuführen sind. "Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, im Anwendungsbereich der Verordnung nach Abs. 1 die Kleidung von Menschen und von diesen mitgeführte Fahrzeuge und Behältnisse zu durchsuchen,
wenn auf Grund konkreter Anhaltspunkte der dringende Verdacht besteht, dass der Verordnung gemäß Abs. 1 zuwidergehandelt wird."
Dies ist der erste Satz und zeigt auf, welche Kompetenzen die Sicherheitsbehörden in solchen Verbotszonen erhalten. Sie können Menschen aufgrund einfachster Begründungen durchsuchen und dabei quasi jeden Gegenstand als Waffe gelten lassen.
Der restliche Absatz klärt nur noch, dass die Waffen/Gegenstände abgenommen werden können.
Mit was haben wir es also zu tun, wenn wir über "Waffenverbotszonen" sprechen?
Bei diesen Zonen geht es nicht um ein Waffenverbot, denn das illegale führen von Waffen ist ohnehin schon immer und überall illegal. Das legale führen von Waffen in den Verbotszonen ist weiterhin legal. Es wird in puncto Waffenverbot also keine neue Rechtsmaterie geschaffen.
Die Bedingungen zur Kundtuung einer solchen Verbotszone sind bewusst schwammig gehalten, um sie ohne Probleme kundtun zu können. Deshalb auch keine Kontrolle dessen und keine Beschräkung in der Anzahl an Kundtuungen.
Rechtssicherheit schaffen diese Verbotszonen auch nicht, da man nie wissen kann, was denn nun als Waffe gilt und was nicht. Dabei brauchen die Sicherheitsbehörden dann nichtmal trifftige Gründe zur Durchsuchung.
Da können dann schon dicke Jacken, unter denen man ja Waffen oder waffenähnliche Gegenstände mit sich führen könnte als Grund reichen.
Noch schlimmer ist die Befürchtung, dass Racial Profiling dadurch weiter legitimiert wird, denn ich kann es mir schon gut ausmalen, dass es vor allem PoC sind, die von diesen Durchsuchungen betroffen sein werden und denen dann jeder Gegenstand als waffenänhlich angeschuldet wird
Die Waffenverbotszonen sind also eine perfide Framing-Masche des Innenministers, um unter dem falschen Deckmantel einer Verschärfung des Waffenbesitzes die Bürger_innenrechte, die Unschuldvermutung und die Freiheit der Menschen auszuhöhlen.
Dazu wird es dadurch sicherlich auch zu einer Zunahme an Racial Profiling kommen und die Kriminalitätsstatistik wird künstlich nach oben getrieben.
Und warum diskutiert niemand so differenziert über Waffenverbotszonen? Es ist viel zu kompliziert dies vernünftig zu erklären. Der Frame "Waffenverbot" wirkt einfach zu stark.
Ich hoffe dennoch, dass dieser Thread zumindest ein bisschen Klarheit darüber schafft, um was es sich bei diesen "Schikanierungszonen" handelt. ris.bka.gv.at/GeltendeFassun…
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