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Das Problem lieber @christianbangel ist: Ich habe keine Lust mehr an diesem Ergründen des Ostdeutschseins, an diesem Verstehenwollen & SchuldigeimWestensuchen. Bei Christoph Dieckmann in den 90ern & 00ern war die Erkundung des Ostens noch nahe - vor allem am Leben. #Thread 1/14
Jetzt aber wirkt es wie eine Erkundung ohne Erdung, wie bei @jana_hensel wie eine Selbstdarstellung als Ostversteher. Eine Studie zitiert, dann Deutung. Die Geschichte der Bundesrepublik ins eigene Brennglas setzen, das passende Bild dann 30 Jahre in die Zukunft beamen. 2/
Am Ende sogar die Abkehr der Westdeutschen beklagen. Alles andere ist bekannt: Wie die rechte Szene funktioniert, dass die Führungskräfte aus dem Westen kamen und kommen. (Wo bleibt die Ossiquote bei rechten Führungskräften?) 3/
Vieles an der Diagnose mag stimmen. Und doch bleibt es nur Identitätsgeraune und Stückwerk. Der Ostdeutsche - wer ist das und gibt es ihn? Hilft es, den Ostdeutschen als Identitätsbild zu pflegen? Was ist mit dem Ruhrpottler, mit dem Bremerhavener? 4/
„Die ganze Aufmerksamkeit, die der Osten gerade in der Politik erfährt, könnte schlicht und erbärmlich mit der Angst vor den drei ostdeutschen Landtagswahlen im Herbst zu tun haben.“ Ach was. Tatsächlich? Könnte? Könnte auch mit 30 Jahre Wiedervereinigung zu tun haben. Könnte. 5/
Wo bleibt die Frage, was zweifache Diktaturerfahrung mit den Menschen gemacht hat? Wo bleibt das Versagen der Landespolitiker, die Anfang der 90er nicht erklärt haben, was Demokratie bedeutet und warum Wohlstand etwas anderes ist? 6/
Warum spielt so wenig eine Rolle, warum Führungskräfte der Rechten im Osten fruchtbaren Boden vorfinden? Und warum ist der Osten gleich ein Innovator für Entwicklungen, die auch sonst in Europa zu entdecken sind. Ist der Osten nicht einfach nur ein Labor des Umbruchs? 7/
Wieso soll der Westen für eine erdachte Wiederholung der Geschichte verantwortlich sein? Wird dem Osten hier ein Aufmerksamkeitsdefizit attestiert? Und warum wird immer Hilfe erwartet? Für wen? 8/
Und was soll schiefgelaufen sein, über das sich nicht demokratisch streiten ließe, ohne gleich AfD zu wählen? Aus dem Hamburger Wohlfühl-Kosmos wieder den Osten zu entdecken, muss wirklich schlimm sein. 9/
Es ist auch etwas anderes, den Osten der Nazis aus den Berichten der Kollegen vom geschätzten Störungsmelder wiederzuentdecken, als selbst als Journalist den Nazis gegenüberzustehen, bedroht zu werden und jeden Tag weiter zu machen. 10/
Praktikum/Volontariat bei einer Lokalzeitung in den Weiten des Ostens schult da den Blick. Und mit Verlaub: Ende der 90er und die Nazis in FFO ? Ja, gab es. Doch die ganz große Zeit der Bordsteinkicks war da schon vorbei. 11/
Ja, meine Kritik ist polemisch. Aber mich als „Ossi“ nervt dieses literarische Gejammer, die Identitätsprosa, dieser Versuch der Opfer-Diagnose, dieses Spiel zwischen Gefühl und halbfertiger Analyse zunehmend. 12/
Das Gefährliche ist: Hensel und Bangel @zeitonline setzen ein Bild vom Osten in die Welt, ein Gefühls-Bild. Und in einer paar Monaten wird gefeiert, dass die halbgare Analyse, die Prophezeiung richtig gewesen sein „könnte“. 13/
Das ist zu viel Ostgefühligkeit, zu viel Uwe Tellkamp mit anderen Mitteln.
Und es ist zu wenig Ingo Schulze - mit kühler Sicht, ohne Weinerlichkeit & ohne (ostdeutsches Selbst-)Mitleid. Gute Nacht.
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Und es ist zu wenig Ingo Schulze - mit kühler Sicht, ohne Weinerlichkeit & ohne (ostdeutsches Selbst-)Mitleid. Gute Nacht.
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