Thread by @HannahLupper

Ich war bei der Anhörung von Thilo #Sarrazin bei der Kreisschiedskommission vor drei Wochen. Die Sitzung war nicht öffentlich, daher gibt es von mir nur Eindrücke, keine inhaltlichen Berichte. ich wollte verstehen, wie jemand zugleich Vordenker der neuen Rechten 1/x

sein kann und zugleich glaubt, Mitglied meiner Partei bleiben zu müssen. Auch wenn die Partei bereits durch mehrere Ausschlussversuche deutlich gemacht hat, dass sie ihn nicht mehr als Mitglied haben will. Hingegangen bin ich in etwa in der Erwartung, 2/x

wie sie @KuehniKev und viele andere formuliert haben. Ohne SPD, so dachte ich, sei Sarrazin nichts weiter als ein verbitterter Mann und so wirkmächtig wie der rassistische Onkel, für den man sich immer an Weihnachten schämt. Ich revidiere diese Einschätzung inzwischen. 3/x

Ich glaube, wir waren falsch gepolt, als wir vermutet haben, dass Sarrazin lediglich die Verkaufszahlen seiner Bücher erhöhen und darum SPD-Mitglied bleiben will. Thilo Sarrazin ist kein Trottel und auch kein Opportunist, er ist überzeugt. Er glaubt seine eigenen Thesen. 4/x

Er glaubt an eine genet. und kult. "Unterlegenheit" von Muslimen. Er glaubt an Imperialismus qua Geburtenzahlen. Er tut sich schwer, von der Gleichwertigkeit aller Menschen zu sprechen und verklausuliert das lieber zu "Chancengleichheit". 5/x

Sarrazin ist von sich so überzeugt wie von seinen Thesen. Er antwortet nicht, er doziert. Er erklärt ganze Wissenschaftsdisziplinen für ideologisch gesteuert und ist davon begeistert, wie wissenschaftlich fundiert er meint selbst vorzugehen. 6/x

Er gefällt sich in der Rolle eines Intellektuellen. Er zitiert oft große Namen und das gern aus dem Zusammenhang gerissen. Er ergeht sich in philosophischen Ausführungen. Dabei hat er kein Gespür für den feinen aber Unterschied zwischen belesen und intellektuell. 7/x

Er ist unempfänglich für wissenschaftliche Arbeitstechniken, die ja oft daraus bestehen, sich zu hinterfragen und die eigenen Thesen zu überprüfen. Stattdessen wühlt er in allen Disziplinen nach Erkenntnissen, die seine Thesen bestätigen. Widersprüchlichkeiten blendet er aus. 8/x

Aus diesem Überlegenheitsgefühl zieht er die Ansicht, die Öffentlichkeit, schulde es ihm, sich mit seinen Thesen auseinander zu setzen. Die Öffentlichkeit und die Partei schulden ihm in seiner Vorstellung überhaupt sehr viel. Insbesondere Anerkennung seiner Verdienste. 9/x

Er sieht sich selbst als unliebsame Person für die führenden Kader der Partei, weil er die Massen der Basismitglieder hinter sich wähnt. In diesen sieht er potentielle Unterstützer und diese will er erreichen. Er braucht die Partei nicht, 10/x

um seine Verkaufszahlen zu erhöhen, er braucht sie um diese Thesen in die Mitte der Gesellschaft zu transportieren. Vielleicht glaubt er, als Mitglied überwintern zu können, bis die Welt seine Verdienste erkennt und ihn in einer führenden Position der Partei reaktiviert. 11/x

Sarrazin sagt, dass er überzeugtes SPD-Mitglied sei. Er sagt auch, dass er ebenso Mitglied irgend einer anderen Partei hätte werden können. Ich glaube ihm beides. Ihn überzeugen weder unsere Grundwerte, noch die aktuelle Politik. Aber ihn überzeugt das Medium Partei. 12/x

Der Apparat, seine Strukturen, die Macht zu gestalten und die Macht sehr viele Menschen zu erreichen. Die SPD braucht er, weil er weiß, dass aus seinen Thesen niemals politische Praktiken werden, wenn nur der rechte Rand und ein paar Konservative von "Islamisierung" reden. 13/x

Ein Partei links der Mitte ist der perfekte Ort für ihn, weil er nicht nur schreiben will: Er will gestalten.
Sarrazin ist kein rassistischer Onkel. Er ist viel mehr. Wir sollten ihm das Machtinstrument entziehen, auf das er angewiesen ist: Die Mitgliedschaft in der SPD.14/14

Edit: Hier übrigens für Interessierte die Begründung der Kreisschiedskommission zum Ausschluss: spd-charlottenburg-wilmersdorf.de/dl/Entscheidun…

So, jetzt reicht es. Hater werden geblockt und Hasstweets gemeldet.