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#SpiegelAntisemitismus #SechserBande
Hinweise zur Textanalyse, auch @bjoernstritzel

Da ich gestern fast reingefallen bin und eine aus der #SechserBande heute versuchte, eine ähnliche Unsachlichkeit in die Debatte einzuspeisen, back to the roots.
Ein Text ist vom Grundsatz sich abgeschlossen. Er trägt alle notwendigen Informationen zum Verständnis in sich.
Externe Informationen zur Interpretation des Textes können nur herangezogen werden, wenn sie bei Zielpublikum als allgemein bekannt vorausgesetzt werden können.
Wird ein in sich abgeschlossener Text nachträglich mit zuvor nicht allgemein bekannten Informationen angereichert und interpretiert, verändert sich die Interpretation gegenüber jener, die der Text an und für sich sich zulässt.
Wenn also eine aus der #SechserBande schreibt, wir
haben das ja hier und da so geschrieben, dass es neuen und vorher nicht allgemein bekannten Informationen entspricht, ist das de facto eine unzulässige Behauptung und Interpretation, die einer nachträglichen Text-Manipulation gleichkommen kann.
Auf den Text bezogen kann die Frage nicht lauten, wie bringe ich den Text in Einklang mit dem zuvor nicht Bekannten. Sondern es gilt das Zweischrittverfahren:
1. Was besagt de Text aus sich heraus?
2. Was besagen die externen, neuen Informationen für sich?
Erst der Vergleich der
Ergebnisse beider Schritte und falls notwendig eine Wertung führen zu einer zulässigen Textkritik.
Was sagt der Spiegeltext über zeitliche Abläufe zu Einladung, Dinner und Tweets?
Erste Aussage: "Im Juni 2017 lädt Elio Adler schließlich zu einem Spendendinner nach Berlin-Dahlem ein."
Es folgen mehrere Absätze, die für diese Frage nicht von Interesse sind.
Zweite Aussage: " In den Tagen rund um die Einladung äußerten sich einige der Gäste in auffallend ähnlichem Wortlaut."
Dritte Aussage: "Fünf der sechs Parlamentarier, die zum Dinner eingeladen waren, machten daraufhin Druck, etwa: ..."
Feststellungen:
Es gibt nur eine (!) absolute Zeitangabe: der Zeitpunkt der Einladung Anfang Juni.
Weiter heisst es, in den Tagen "rund um die Einladung" äußerten sich die Gäste. Rund ist ein Kreis mit einem Mittelpunkt, dem Zeitpunkt der Einladung, und bedeutet, dass die
Äußerungen vor und nach dem Erhalt gefallen sein können. "Tage" bedeutet allgemein eine Beschränkung auf eine Woche oder etwa mehr, sonst hieße es Wochen. Wir wissen bisher: Einladung Anfang Juni, davor und danach Äußerungen, die nicht beschrieben werden.
Dann kommt, wieder durch Text getrennt, die dritte Aussage. Ich stelle zunächst fest, dass es für das Dinner keine Zeitangabe gibt. Ich weiss nicht, wann es stattgefunden hat: Dort steht nicht einmal das Jahr. Zeitlichen Kontext erhalten wir nur über den Hinweis auf die
Dokumentation. Wenn ich weiss, dass sie 2017 ausgestrahlt wurde, kann ich zu Recht annehmen, dass das Dinner zwischen Juni und Sylvester 2017 stattgefunden hat. Wenn ich weiss, dass sie noch im Juni 2017 ausgestrahlt wurde, kann ich zu Recht annehmen, dass das Dinner zwischen
Anfang Juni, dem Zeitpunkt der Einladung, und der Ausstrahlung stattfand, aber die meisten müssten den Zeitpunkt der Ausstrahlung recherchieren.
Schließlich ist vom Dinner die Rede, und "daraufhin" hätten die Abgeordneten getwittert. Das ist eine klare Darstellung von vorher und
nachher. Erst das Dinner, dann Twitter. Aus dem Text ergibt sich, die Eingeladenen hätten sich vor Anfang Juni oder kurz nach Anfang Juni oder genau Anfang Juni geäußert. Das steht für sich und ist abgeschlossen. Sie haben sich geäußert, in ähnlichem Wortlaut, aber uns wird nicht
mitgeteilt, wann exakt, was exakt, gegenüber wem und mithilfe welcher Medien.
Und die Twittersachen finden "daraufhin", nach dem Dinner statt. Der Text ist eindeutig, enthält aber eine auffällige Informationslücke, weil nicht mitgeteilt wird, was dnen zum Zeitpunkt der Einladung
geäußert wurde.
Noch einmal der Hinweis: Der zeitliche Abstand von Einladung und Dinner wird nicht mitgeteilt. Damit sind spekulative Interpretationen möglich: Kurz nach der Einladung ("rund um die Einladung", "Tage") könnte tatsächlich bedeuten, nach dem Dinner, nämlich dann,
wenn zwischen Einladung und Dinner nur einige Tage gelegen hätten ("in den Tage rund"). Aber ich halte diese Spekulation für unzulässig, weil erstens ein journalistischer Text nicht so geschrieben sein darf, dass man über diesen spekulieren muss, und zweitens, weil eine solche
Darstellung die kulturell geprägte Vorstellung von vorher und nachher unterläuft. Als Leser muss ich darauf vertrauen können, dass Kommunikation nach den allgemein anerkannten Regeln abläuft.
Damit bleibt es dabei: Die Gäste haben einige Tage vor oder nach der Einladung Anfang Juni Äußerungen gemacht, die nicht beschrieben sind. Dan gab es irgendwann zwischen Juni und Sylvester das Dinner, und nach dem Dinner wurden die Tweets verfasst. Das ist der Text, und damit ist
de erste Schritt abgeschlossen.
Im zweiten Schritt betrachten wie die zusätzlich gewonnen Informationen. Ich habe gestern feststellen können, dass die böswillig nur in Teilen zitierten Tweets am 01. und 02. Juni versendet wurden. @DrElioAdler versicherte, das das Dinner am
19.06.217 stattfand. Das sind die zusätzlichen externen Informationen, die nicht in den Text zu interpretieren sind.
Damit können wir vergleichen und werten. Es gab Tweets um den mit Anfang Juni angegebenen Zeit der Einladungen. Wir haben die Informationen erhalten, die die
#SechserBande zu den angeführten Äußerungen Anfang Juni verschwiegen hat. Das Dinner fand am 19.07.2017 statt, also bis zu 18 Tage nach Anfang Juni und der vom Spiegel angeführten Einladung, d.h. zweieinhalb Wochen später und damit nicht mehr innerhalb der "Tage rund um die
Einladung". Anders als die #SechserBande schreibt, gab es keine Tweets nach dem Dinner, das ist eine böswillige Behauptung, um die jüdischen Einflüsterungen, im Spiegel-Jargon "subtile Einflussnahme" genannt ohne jeden Nachweis, unterbringen zu können.
Warum hat die #SechserBande den Termin der Einladung angegeben und mit der vagen Angabe "Anfang Juni" versehen? Hier bleiben nur Mutmaßungen. Die Formulierung "rund um" fällt auf, die sowohl ein davor als auch ein danach beinhaltet. Ich kann nur vermuten, dass die #SechserBande
es nicht so genau wusste. In den Fragen an die @WerteInitiative schrieb die #SechserBande noch: "Nach unseren Informationen luden Sie Ende Mai 2017...". Die Informationen könne nicht so gut gewesen sein, wenn es im Artikel dann heißt "Anfang Juni". Aus den Frage an die
Werteinitiative ergibt sich auch, dass dem Spiegel das Datum des Dinners bekannt war: "...das am Abend des 19. Juni 2017...". Die @WerteInitiative antwortete: "Im Juni 2017 hat ein Dinner..." Ich kann nur vermuten, dass die #SechserBande den eigenen Erkenntnissen nicht traute und
die vage Formulierung übernahm. Dem steht entgegen, dass die Angabe des Datums des Dinners die Spiegelbehauptung von den Tweets unmöglich gemacht hätte, und damit wäre der ganze Text gestorben. Denn es gibt nur den einen imaginierten Nachweis für die behaupteten Machenschaften
der Vereine, nämlich die "subtile Beeinflussung" der Abgeordneten zum Versenden von ein paar läppischen Tweets. Dazu mussten denn auch die Einladungen von Ende Mai auf Anfang Juni verschoben werden, denn auch wenn sich Götz Aly bereits Anfang Mai für die Doku eingesetzt hatte,
ging die Diskussion in der Presse erst Anfang Juni richtig los. Aber vielleicht wollte die #SechserBande auch nur den zeitlichen Abstand zum Dinner verkürzen.
Im Ergebnis, der Bewertung, bleibt es dabei: Die #SechserBande hat den Ablauf manipuliert, um eine auf antisemitischen
Stereotypen beruhende Verschwörungsideologie aufbauen zu können. Die #SechserBande hat bewusst gelogen. Sie haben ihre Leser und vielleicht auch sich selbst getäuscht. Leser vertrauen in der Regel dem Medium, das sie wählen, und das in den Text gesetzte Vertrauen und seine
Autoren mag manchen bewogen haben, nicht allzu genau zu lesen. Antisemitismus ist kulturell tradiert und hat eine jahrhundertelange Tradition.
Ich habe zu Beginn meiner Recherchen den Text umgeschrieben: Aus BDS wurde eine gegen Japan gerichtete Anti-Wahlfang-Initiative (AWI)
, und siehe da, der Text verlor jede Wirkung. Das ist ebenso traurig wie schlimm.
Aber zurück zur Textanalyse. Die Einwendung eines der Mitglieder der #SechserBande, man hätte den erst extern aufgedeckten zeitlichen Ablauf ja berücksichtigt in der Formulierung von "in den Tagen
rund um", ist irreführend. Sie haben den Hergang bewusst verschwiegen, um den Ablauf manipulieren zu können, und bauen dann die mühsam gewonnenen Rechercheergebnisse nachträglich ein. Es ist wie dargestellt ein unzulässiges Verfahren. Das böswillige Verschweigen von Fakten lässt
sich nicht durch Reinterpretation und nachträgliches Implantieren dessen, was bewusst verschwiegen wurde, heilen. Der Einwurf der Bandistin, als Rechtfertigungsversuch, ist damit nichts anderes als das Eingeständnis der Manipulation. Wenn Sie wüsste, wie Text geht, wäre es ihr
bewusst.
Es bleibt also imho dabei, dass die #SechserBande auf Teufel komm raus gelogen und manipuliert hat, um zwei freundliche jüdische Vereine und einen geselligen jüdischen Zahnarzt mit beruflich bedingten Hypnosekenntnissen medial zu vernichten. Dazu wurde konstruiert, und
eine von allen guten Geistern verlassene Chefredaktion hat sich noch vor deren Karren spannen lassen.
Jetzt nur noch ein paar unwesentliche Kleinigkeiten.
Ich bin enttäuscht über den einen und anderen, der durch Liken und Teilen des Absolutionsartikels der Chefredaktion sein Einverständnis mit dem Schundwerk der #SechserBande erkennen ließ. Dazu gehört die nun das Haupstadtbüro leitende @MelAmman, die zuvor für die AfD zuständig
war und über die Partei ein lesenswertes Buch geschrieben hat. Ich frage mich, warum sie als erfahrene Journalistin die Faktenlosigkeit des Schundwerks nicht erkennt. Daher meine unmittelbare Frage: WAS DENKEN SIE NORMALERWEISE, WENN EINE GEGEN DEN BUNDESTAG GERICHTETE
VERSCHWÖRUNG EINZIG DAMIT BELEGT WIRD, DASS EIN PAAR LEUTE ZU EINEM ALLGEMEINEN THEMA GETWEETET HABEN?
Ist der Premium-Journalismus hierzulande so weit, dass man in drei Tweets zu einem gesamtgesellschaftlichen Thema eine Verschwörung zu erkennen meint?
Und was halten Sie davon, @MelAmann, dass die #SechserBande zum Nachweis der, sagen wir Drei-Tweet-Verschwörung manipulieren und lügen musste?
Ich vermute, Sie werden nicht antworten, aber das ist nicht schlimm. Ich muss Sie jetzt ohnehin aus einem anderen Blickwinkel betrachten.
Eine Frage an @DerSpiegel: Ich habe in Reaktion auf einen Hinweis von @bjoernstritzel heute den Hashtag #SechserBande statt @DerSpiegel verwendet. Ist das ok oder soll ich besser zu @DerSpiegel zurückkehren?
Im Übrigen bleibt, es gibt keine Verschwörung der Vereine. Es gibt eine Verschwörung der #SechserBande, und sie hat mit einer Verschwörungsidelogie bereits Schaden angerichtet. Um es mit einem Zitat zu sagen:
"Dennoch zeigt das Spiegel-Schundwerk, wie wenig subtil und doch erfolgreich die Einflussnahme wirken kann, bis dann der Rechtsdienst kommt und scheidet".
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