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Der Spiegel veröffentlicht einen Artikel mit wenig Fakten, die nichts aussagen, ein paar Politikermeinungen und jeder Menge Andeutungen. Im ersten Satz eine Behauptung, im zweiten eine Andeutung, man schreibt nicht, was man meint und lässt die Schluss-
magazin.spiegel.de/SP/2019/29/164…
folgerung im Gehirn des Lesers entstehen. Auf diese Weise muss der Leser verantworten, was die Redakteure meinen. Denn die können abstreiten, irgendwas zu meinen. Es ist eine klassische Propagandatechnik, die dort zur Anwendung kommt, ob bewusst oder unbewusst. Worum es geht?
Zwei Vereine mit ein paar deutschen Juden sollen die deutsche Nahostpolitik bestimmen. Da man nicht weiss wie, wird geschrieben, man ginge besonders "subtil" vor.
Natürlich, wo es um Juden geht, ist die Frage nach dem Geld nicht weit. Knallharte Recherche! Ein Verein reist mit
Parlamentariern nach Israel, und der @DerSpiegel fragt, woher das Geld dafür kommt. Und antwortet: Ein Verein hat einen Mitgliedsbeitrag von 1000 Euro und es gibt namentlich nicht bekannte Großspender. Was für ein Kino! Da werden Assoziationen wach zu Helmut Kohl, dessen in
Koffern davongetragenen illegalen Parteispenden ja auch von Großspendern kamen, und zwar, wie Kohl behauptete, von jüdischen (der kannte dieselbe Melodie wie der @DerSpiegel. Wir wissen bis heute nicht, wer an Kohl gespendet hat, aber @Bild hat mal kurz angerufen und nachgefragt.
Die Parlamentarier haben die Reisen selbst bezahlt. Das ist ein Fehler, der einem Journalisten nicht passieren darf, auch wenn man zu sechst zwei Wochen lang einer Einbildung nachjagt, auch wenn man zu verschämt ist, die Offenheit eines Guardian zu üben und von Israel-Lobby zu
schreiben. Haben es die sechs nicht geschafft nachzufragen, wer bezahlt hat? Und falls sie es vergessen haben und damit ihr Handwerk nicht beherrschen, rechtfertigt das dann die rhetorische Frage nach der Bezahlung der Reisen, bei der gleich der Bezug zum Einkommen eines Vereins
hergestellt wird? Der Artikel erwähnt, es geht ja immer ums Geld, 30 Mio, die der Minister Gilad hat. Übrigens kann man mit 30 Mio viel anfangen. Offenbar haben ein paar Juden bereits mit 1.500 EUR den Bundestag gekauft. Da kann man mit 30 Mio natürlich die ganze Welt kaufen.
Oder - Abstecher zum WDR: "Die Rothschilds besitzen 130 Zentralbanken" - "Sei's drum" (Moderator) - Israel könnte 130 Zentralbanken kaufen, geht zwar schon per definitionem nicht, ist aber egal.
Der @DerSpiegel hat herausgefunden, dass zivilgesellschaftliches Engagement, auch bei Abgeordneten, ferngesteuert wird. Dass sich fünf Gäste eines Abends auf Twitter gegen WDR und Arte wandten, die eine hervorragende Dokumentation gegen Antisemitismus 2017 nicht zeigen wollten,
ist auch Ergebnis der "sinistren" jüdischen Einflussnahme und nicht etwa eigene Einsicht, so wie jede Verschwörungsideologie wie auch die hier vom @DerSpiegel dargestellte offenbar willenlose Opfer kennt (Das erinnert mich an 60er Jahre Filme, in denen dann immer kreisende
Spiralen gezeigt wurden. @DrElioAdler ist Zahnarzt. Ob er auch Hypnose bei Zahnoperationen anbietet?). Vom sechsten Teilnehmer kam übrigens nichts auf Twitter, wie der Spiegel schreibt, die haben das knallhart recherchiert: Der Mann hat keinen Twitter-Account. Schreibt der
Spiegel und deutet an, dass auch der Sechste im Sinne der Initiative getwittert hätte. Aber wenn die Initiative so erfolgreich ist, warum haben die den Mann nicht dazu gebracht, sich einen Twitteraccount zuzulegen, einen YouTube-Kanal, eine Facebookpage und sich Werbezeit auf
Kabel 5 zu kaufen? Ich bleibe hier in der Argumentation des @DerSpiegel und der Einflussnahme, die nicht nachgewiesen werden kann nun daher als "besonders sinister" bezeichnet wird.
Der Artikel arbeitet nicht mit Fakten, sondern mit Andeutungen. Er streut Gerüchte. Er streut
Gerüchte über Juden. Und wie war das mit Antisemitismus? Er sei das "Gerücht über den Juden" wusste einer schon, bevor all die Redakteure geboren wurden. Und der Artikel spielt auf antisemitische Klischees an.
Warum der Artikel? Meine These: Das missing link. Menschen, die die
veröffentlichte Meinung als Mehrheitsmeinung betrachten, oder in deren Umfeld antizionistische Haltungen verbreitet sind, haben die letzten Diskussionen beobachtet. Da hieß es z.B., Schäfer musste wegen des BDS-Beschlusses gehen. Da verliert eine antizionistische Organisation
ihr Konto, weil sie sich nicht von BDS distanziert. Für diese Leute gibt es ein vorher und ein nachher und dazwischen steht der Anti-BDS-Beschluss des BT. Wenn doch alle Menschen hier so aufgeklärt sind, dass sie wissen, BDS bedeutet Meinungsfreiheit, Frieden und so weiter
(was so nicht stimmt), dann kann der BDS-Beschluss aus Sicht solcher Überzeugungen nicht mit rechten Dingen zustande gekommen sein. Auch Dornröschen fiel nicht ohne weitere Einwirkung in dern Dauerschlaf. Das hat offenbar ein paar Leute beim Spiegel umgetrieben, und deshalb
suchten sie das missing link, das nun von der antizionistischen Internationale in den Strom der antisemitischen Mythen eingespeist werden wird, einem endlosen Strom von haltlosen Vorwürfen, Verleumdungen, Abwertungen, und damit wird die Welt wissen, dass DE schon wieder Opfer der
der Israel-Lobby wurde, jener Personen also, von denen Hitler als "Menschen" sprach, die heute hier und morgen dort lebten und überall zu Hause wären. Warum ich das hier schreibe: Weil auch Hitler in seiner Sportpalastrede nicht das letzte Wort aussprach: Das kam aus dem Publikum
("Die Juden!"). Andeutung reicht.
Zwei der Autoren sin schon zuvor nicht rühmlich aufgefallen: In einem Bericht schiebt der Autor kurz eine nicht begründete Wertung ein, ein Anti- BDS-Beschluss ginge gegen die Meinungsfreiheit (ich frage mich, welche Meinungen da einer äußern
will), dann heißt es, BDS sei gegen die Besetzung ab 1967, was sich als faktisch falsch herausstellt, wenn man den Aufruf von 2005 liest.
Nun haben sie bei @theliberalfrank gebohrt und nichts gefunden, keine Israel-Lobby, keine Bestechung, um dann mit einer antisemitischen
Verschwörungstheorie aufzuwarten, in Zeiten des steigenden Antisemitismus. Sie haben den Namen des verdienstvollen @DrElioAdler mit nichts anderem als der Behauptung eines "besonders sinistren" Vorgehens als "Haupttäter" in die Öffentlichkeit gebracht, und mich frage mich, ob der
@DerSpiegel jemals darüber nachgedacht hat, was es für einen jüdischen Deutschen bedeuten kann, wenn man mit dem Finger auf ihn zeigt und ruft: "Das ist das Haupt der jüdischen Verschwörung". Dafür braucht man Beweise, der Spiegel hat seitenlang keine.
Der Artikel mit seinen Propagandaelementen und der namentlichen Nennung eines angeblich "Verantwortlichen" ist weniger Journalismus als Aktivismus. Das Markieren vermeintlicher Verantwortlicher ist dort Brauch.
Es bleibt die Feststellung, dass der @DerSpiegel zivilgesellschaftliches Engagement jüdischer Organisationen in Deutschland ächtet. Dort denkt man: Wo Jude drauf steht, ist Verschwörung drin. Was für Fahrradfahrer, Walfreunde, Vegetarier selbstverständlich ist, ist nach Meinung
des @DerSpiegel bei Juden verboten: Ein wenig Lobbyarbeit zu betreiben, wie andere auch, zumal die Lobbys anderer größer und einflussreicher sind. Es ist ein Grundsatz, in Fragen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit wie Antisemitismus mit den Betroffenem zu reden. Geht es um
Judn und eine Doku zum Thema, gilt das laut Artikel nicht: Es sind die @DerSpiegel-Autoren, die mit ihren Sätzen belegen, dass sie über AS entscheiden und nicht die Betroffenen.
Es sind harte, aber notwendige Schlussfolgerungen. Der Artikel sagt nichts zum Thema aber viel über ihre Autoren. Daraus mag jeder die nötigen Schlüsse ziehen.
Mich interessiert nur noch ein Punkt: Was hielt man in den Redaktionskonferenzen vom Thema und den Schlussfolgerungen,
die keine waren? Sechs Leute, zwei Wochen - viel Aufwand. Haben die Kollegen in der Konferenz zugestimmt? Was ist mit der Abteilung Faktencheck, auf die der @DerSpiegel so stolz ist, und die doch kaum Fakten zum Prüfen hatte, sondern nur Behauptungen? Da würde ich gern wissen,
Frau @MelAmann, sie müssten doch nahe dran gewesen sein. Ist anderen Spiegelkollegen aufgefallen, dass es kein Artikel ist, sondern ein antijüdisches Machwerk? Wird der Spiegel die Verantwortung, die er trägt, wahrnehmen?
Am Ende ein ausdrücklicher Dank an @DrElioAdler und die @WerteInitiative für ihren ausgezeichneten Einsatz. Besonders @DrElioAdler wünsche ich alles erdenklich Gute in einer persönlich schwierigen Situation.
To the collegues in GB: You will find an echo of a new antijewish conspiracy theorie of a well known german weekly newspaper very quickly in palestine live and other antizionist groups. Here are some informations in english, @mishtal
berlinspectator.com/2019/07/13/ger…
Am Ende noch ein nachträglicher Gesichtspunkt auf der Meta-Ebene. Der Spiegel hat eine Arbeitshypothese aufgestellt (Israelis kaufen die dt. Politik), konnten bei @theliberalfrank nichts finden und entdeckten dann zwei jüdische Vereine. Aber sie haben keinen einzigen Fakt, der
die Arbeitshypothese stützt. Wäre es eine Untersuchung vor Gericht, würde sie eingestellt aufgrund Mangels an Beweisen. Wären es andere Journalisten, hätten sie sich eingestehen müssen, dass ihre Arbeitshypothese falsch ist. Nachdem nun nichts die Verschwörungsheorie stütze, sie
diese aber nicht fallen lassen wollten, schreiben sie von der "besonders sinistren" Beeinflussung. Hier gilt der Nichtbeweis als der Nachweis der Verschwörung an sich, und das ist das Wesen der Verschwörungsideologien. Es ist simpel: Dass die Illuminaten besonders erfolgreiche
Verschwörer sind, beweist sich dadurch, dass man nirgendwo welche finden kann (dass ich mal ernsthaft gefragt wurde, ob ich zur "Okkulten Elite" gehöre, ist was anderes, und ich beantworte die Frage nicht). Gestandene Journalisten gleiten ab in das Feld von Rothschildgläubigen,
Flatearthern, Chemtrailbekämpfern, Menschen, die an Echsenwesen im Erdinnern glauben (der Erfinder dieses Unsinns ist übrigens gern gesehener Gast der antisemitischen, holocaustleugnenden Facebookgruppe Palestine live, seine Anti-Israel-Vorträge sind gut besucht), und Leuten, die
meinen, Elvis lebt. So kann man das nicht nur, so muss man betrachten, was Lord Rabbi Sacks als den Einbruch des Dualismus in die Realität betrachtet (Sacks ist cool, mit Blume habe ich nichts zu tun). In einer dualistischen Weltvorstellung existiert das Böse als Vorstellung
gleichwertig zum Guten, und damit wird das Böse allgegenwärtig. Es nutzt jede Möglichkeit, um zu triumphieren, es muss beständig erkannt und bekämpft werden. Die dualistische Welt ist die Welt der Verschwörungsideologie als Erklärung der Dinge.
Zu nichts anderem kamen die
Spiegelleute. Sie würden weit von sich weisen, etwas mit Chemtrails und Flatearth zu tun zu haben. Dennoch haben sie wie diese gehandelt und gedacht: Als die Verschwörungstheorie nicht nachweisbar war, entschieden sie sich für die Verschwörungsideologie.
Es ist zulässig, darüber nachzudenken, ob die Beteiligten weiterhin als seriöse Beobachter und Berichterstatter ihrer Zeit gelten dürfen. Das wird jeder für sich allein entscheiden. Was mich angeht, liegt die Einordnung in die Martin-Lejeune-Schublade nahe.
@SaschaLobo hat sich mit Antisemitismus und Verschwörungsideologien beschäftigt, darüber geschrieben und Vorträge gehalten.
Frage mich, was er vom "Journalismus" seiner Kollegen hält. Und ob der Kampf gegen Antisemitismus auch in den Redaktionen geführt wird.
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