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Ein großer Historiker stürzt sich selbst vom Sockel (#Denkmalsturz )Heute im @FAZ_Feuilleton. @pbahners & A. Kilb interviewen W. Reinhard.
Ein Thread zu #Rasse und #Erinnerungszwang. 1/15
Als Kolonialhistoriker ist Reinhard ausgewiesen und kompetent. Aber aus Spass an der polemischen Zuspitzung schießt er m.E. hier stark über das Ziel hinaus. In Sachen #Mbembe verteidigt er den Vergleich von Apartheid 2/15
in Südafrika mit der israelischen Palästinenserpolitik: "Man kann alles vergleichen. Ob es dann ein guter oder ein schlechter Vergleich ist etwas anderes." #Israel ist für ihn "die letzte Siedlerkolonie, weil diese Art der Besiedlung im 20. Jh. sonst nirgendwo mehr 3/15
funktioniert" habe. Ausgeblendet wird hier, dass es schon vorher jüdische Bewohner gegeben hatte, Israel gilt ihm als Mischung zwi. Siedlungs- und Beherrschungskolonie. Darüber können Historiker*innen sicherlich streiten. Viel problematischer sind m.E. andere Aussagen 4/15
etwa wenn er von "Erinnerungszwang" spricht, wenn er die Vorwürfe Kleins kommentiert. Die FAZ fragt nach, Klein spräche von "Erinnerungskultur", WR: "Ich würde die deutsche Erinnerungskultur als Erinnerungszwang definieren. Der Zwang zu erinnern und das Verbot zu vergessen 5/15
sind in Deutschland rechtlich festgeschrieben. Ich persönlich würde sagen, auch das Verbot der Holocaust-Leugnung ist unangebracht. Wenn jemand das leugnen will, muss man sich mit ihm auseinandersetzen, aber nicht mit Hilfe des Kadis eine bestimmte Auffassung von 6/15
Erinnerungskultur erzwingen. Da sind wir wieder beim Anfang: Achille Mbembe redet vielleicht Unsinn, hat aber trotzdem das Recht, Unsinn zu reden." Was mich hier massiv stört, ist die Rede vom Zwang. Hier tut WR so, als würden andere Auffassungen von Geschichte gerichtlich 7/15
unterdrückt (außer für die Holocaustleugnung trifft das allenfalls auf jurist. Einschüchterungsversuche der #Hohenzollern zu), was natürlich falsch ist. Warum sich WR hier zu einer solchen, nahe an #AfD-Positionen stehenden Formulierung hinreissen lässt, ist mir unheimlich.8/15
Für Jahrzehnte ragten seine Forschungen und Synthesen zur Kolonialgeschichte ua. in der Geschichtswissenschaft qualitativ heraus und WR's Bücher waren wesentlich für mein erwachendes Interesse an Kolonialgeschichte. Aber in Sachen #Geschichtspolitik und #Geschichtskultur 9/15
bin ich entsetzt, gerade hinsichtlich der verwendeten Begriffe. Noch schlimmer ist die Verteidigung des Begriffs von "Rasse": "Ich habe etwas gegen Sprachreinigung. Wir haben uns eingebildet, wenn wir das Wort "Rasse" abschaffen, dann gibt es auch die Sache nicht mehr. 10/15
Das ist eine Überschätzung der Sprache. Man kann die Dinge nicht abschaffen, bloß weil man sie begrifflich entsorgt. Ich würde schon sagen, dass es so etwas wie "Rasse" gibt. Natürlich nicht in d. primitiven Sinne der Nazis. Es gibt Populationen, die bestimmte Eigenschaften 11/
haben. Eine ganz banale ist, dass sie dunkelhäutig sind. Aber das heißt natürlich nicht, dass damit irgendwelche moralischen oder intellektuellen Qualitäten verbunden sind." WR bedient hier nicht nur sprachlich Vorstellungen von einer Sprachreinigung und argumentiert auf 12/15
einer Linie mit dem Schimpfen der #AfD über #politicalcorrectness. Und zur Verteidigung des "Rasse"-Begriffs kann ich nur feststellen: Das ist die pure Ignoranz gegenüber mehreren Jahrzehnten Forschung zu #Rassismus. 13/15
Kulturellen Rass. kann es demnach nicht geben.
Leider konstatiere ich hier eine Form der akademischen Selbstdemontage, die ich mit großem Bedauern bei einigen anderen, von mir viele Jahre sehr verehrten Historikern beobachten musste. Wie ist diese Form politisch höchst 14/15
fragwürdiger und das eigene wiss. Werk entwürdigender geschichtspolitischer Äußerungen zu erklären?
Ähnliche Töne vernahm ich plötzlich auch bei #Wehler oder #Sieferle, diesen Beitrag hätte ich eher in der Sezession erwartet. 15/15
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