Gestern Nacht hat #Peru eine der größten Demonstrationen d. letzten 20 Jahre erlebt. Im ganzen Land gingen mehr als 1 Mill. Menschen auf die Straße, um gegen den "parlamentarischen Putsch" zu demonstrieren.Dabei kam es zu Polizeigewalt, die an Militärdiktaturen erinnert (Thread)
Am Montag hatten rechte, korrupte & neoliberalen Parteien entgegen dem klaren Wortlaut der Verfassung den liberalen Präsidenten Vizcarra zum Abtritt gezwungen, weil dieser u.a. verschärfte Antikorruptionsgesetze vorangebracht hatte.
Die Interessen dahinter lassen sich am neu bestellten Kabinett ablesen: Geleitet wird es vom rechts-konservativen Ántero Flores. Als dieser vor einigen Jahren gefragt wurde, ob es angesichts einer Verfassungsänderung auch eine Volksabstimmung geben solle, antwortete er:
"Wir werden doch nicht die Lamas und Alpakas abstimmen lassen." Auf die Nachfrage, wer damit gemeint sei, antwortete er: "Na, die Leute meine ich."
In diesem Rassismus & Klassismus (mit den Lamas & Alpakas spielt er auf die indigene Bäuer_innen und die Arbeiter_innenklasse in Peru an) steckt, dass ganze ausbeuterische, neokoloniale und extraktivistische Entwicklungsmodell des Landes:
Eine kleine "weiße" städtische Oberschicht beutet im Bündnis mit transnationalen Konzernen das Land und indigene Arbeitskraft aus.
Doch genau dieses Modell und die durch es hervorgebrachte politische Klasse wird nun zunehmend in Frage gestellt. Längst geht es in den Protesten nicht mehr nur um Vizcarra.
Auch in Peru hat Covid-19 und die dadurch stark gestiegene Arbeitslosigkeit den soziale Gärungsprozess beschleunigt. Immer mehr fordern, dass die ganze korrupte politische Klasse abdankt (¡Que se vayan todos!) und es auch in Peru zu einem verfassungsgebenden Prozess kommt.
Nicht nur dafür scheinen die massiven antineoliberalen Proteste in Chile eine Referenz zu sein. Auf vielen Schildern war gestern in Lima auch der Leitslogan der chilenischen Proteste zu lesen: Hasta que la dignidad se haga costumbre! Bis die Würde zur Gewohnheit wird!
Der Konsens für ein "weiter wie bisher" scheint auch in Peru zu schwinden. Das lässt sich auch in der massiven Repression Staatsapparate bzw. Polizei ablesen: Bei den Demonstrationen gestern kam es zu Szenen, die an Militärdiktaturen erinnern:
Polizisten treten auf Menschen ein, die am Boden liegen, aus Helikoptern wird Tränengas geworfen, dementsprechend unkontrolliert erreicht es ein Kinderspital und die Metropolitana. Polizisten infiltrieren in zivil die Demonstrationen & machen mit Motorädern Jagd auf Menschen.
Besonders brutal und allgegenwärtig ist der Einsatz von Schrotkugeln, die oft aus kurzer Distanz auf Demonstrierende geschossen werden. Auf einem Video sieht man einen Polizisten, der mehrmals solche abfeuert, dazu ruft ein anderer:"Matalo, matalo!"("Bring sie um, bring sie um!")
Dies scheint zur Realität geworden zu sein: Die Gewerkschafterin&Politikerin Indira Huilca (Tochter d. in d. Diktatur von einer Spezialeinheit erschossenen Gewerkschafters P. Huilca) berichtet, dass 1 Demonstrant d. Beschusses mit Schrotkugeln aus kurzer Distanz gestorben ist.
Teil der Strategie der Polizei dürfte es sein, dass möglichst nicht berichtet wird. So sind allein gestern drei Journalist_innen und Kameraleute verletzt worden.
Doch aus Chile wissen wir, dass diese Strategie nicht aufgegangen ist: Die Repression der Polizei und die massenhafte Erfahrung, dass sie in Krisen nicht die Menschen, sondern die korrupten Eliten schützt, brachte noch mehr Menschen auf die Straße.
Die massiven Menschenrechtsverletzungen & der undemokratischen Putsch müssen gestoppt werden!
Peru braucht jetzt unsere Solidarität. America Latina en pie! Lateinamerika ist auf den Beinen! Und steht auf gegen ein kaputtes neoliberales Weltsystem. #MarchaNacional
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In den weiteren Tweets werde ich Quellen bzw. Aufnahmen posten, die ich im obigen Thread anspreche. Dazu aber eine Triggerwahnung, da sie teilweise massive Gewalt enthalten: Hier der feuernde Polizist, dem sein Kollege zuruft: "Matalo! (Töte sie!)":
Jetzt ist es fixiert: Am Sonntag gibt es in Wien eine Solidaritätsveranstaltung mit den Protesten gegen den “parlamentarischen Putsch” in Peru. Schaut vorbei und sagt es weiter: fb.me/e/3LRdKqKEe
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Parlamentarischer Staatsstreich in #Peru. Eine Einheitsfront aus rechtspopulistischen & korrupten Parteien hat Präsidenten Martín Vizcarra entgegen der einschlägigen Bestimmungen der peruanischen Verfassung im Kongress abgesetzt. Dagegen regt sich nun massiver Widerstand (Thread)
Hintergrund: Der liberale Vizcarra hatte eine Verschärfung der Antikorruptionsgesetzgebung verfolgt und den Einfluss von privaten Bildungskonzernen beschnitten.
Doch die Menschen in Peru kämpfen zurück: In Lima, Arequipa und Cusco und an vielen anderen Orten mehr kam es gestern zu spontanen Protestmärschen der Bevölkerung.
Das ÖVP-Innenministerium wurde nachweislich am 10.9 von Europol darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Attentäter von Wien, ein einschlägig verurteilter Sympathisant des IS, im Juli in der Slowakei den Versuch unternahm für ein Sturmgewehr (AK-47) Munition zu kaufen (Thread).
Dennoch kam es zu keinen Maßnahmen der Gefahrenabwehr, die das Attentat vor der Durchführung aufdecken oder verhindern hätten können. Die meisten Medien scheinen vor dem Aussprechen des Offensichtlichen zurückzuschrecken:
Niemand anderer als die ÖVP, Innenminister Nehammer, Bundeskanzler Kurz, die FPÖ und ihr Innenminister a.D. Kickl tragen die Verantwortung dafür:
Die Menschen in #Chile haben diese Nacht Geschichte geschrieben und an den Abstimmungsurnen der Verfassung von Diktator Pinochet ein Ende bereitet. Ein Thread und einige Hintergründe dazu.
Dass es überhaupt so weit kam, ist einer 1jährigen Bewegung zu verdanken. Die trotz Repression nicht zurück wich & die Eliten so zwang jenes Regelwerk zur Abstimmung zu bringen, welches eigentlich sicherstellen sollte, dass der Neoliberalismus nicht in Frage gestellt werden kann.
Mehr als 78,3% haben sich in einem Volksentscheid für einen verfassungsgebenden Prozess ausgesprochen, während nur 21,7% für die Beibehaltung der autoritär-neoliberalen Verfassung aus 1980 waren.
Gute Nachrichten aus #Bolivien : Das Movimiento al Socialismo (MAS), die Partei von Evo Morales, hat an den Urnen den rechten Putsch vom Oktober 2019 beendet und die Wahlen gewonnen. (Thread)
Möglich wurde dies durch die Bevölkerung, die durch Streiks, Demonstrationen deutlich gemacht hat, dass Bolivien nur demokratisch regiert werden kann.
Die MAS stellt nun mit Luis Arce (ehemaliger Finanzminister) & dem indigenen Gewerkschaftsführer David Choquehuanca nicht nur den Präsidenten & Vizepräsidenten (beide in der Mitte des Fotos), sondern hat auch in beiden Kammern eine Mehrheit bei den Wahlen gewonnen.
Im Zuge des #EUGipfel (#EUCO) sind vor allem von Sebastian Kurz so viele Nebelgranaten geworfen worden, dass es einen Faktencheck und eine Analyse des Kompromisses braucht (Thread):
1) Es war von Anfang an klar, dass im Merkel-Macron-Plan (500 Mrd als nicht rückzuzahlende Zuschüsse) und dann im Vorschlag der Kommission (750 Mrd insgesamt; davon 500 Mrd als Zuschüsse und 250 Mrd als Kredite) das Brüsseler Verhandlungsspiel eingepreist war.
Der nun beschlossene Kompromiss von 390 Mrd Zuschüssen & 360 Mrd Krediten (insg. 750 Mrd), ist daher kaum als Erfolg der geizigen 4 zu bezeichnen. Das wird nicht zuletzt daran deutlich, dass die Kredite sehr günstig und lang gestreckt werden (bis 2058).
Welches Spiel spielt Kurz gerade in Europa? Macron: "Sehen Sie, ihm (Kurz) ist das alles egal! Er hört anderen nicht zu, hat eine schlechte Haltung. Er kümmert sich um die Presse – und basta." Zutreffend. Genauer noch: Kurz ist ein rechts-populistischer Trittbrettfahrer(Thread):
Denn die Gegenposition zu den geizigen Vier (Rutte, Kurz, Löfven, Frederiksen) ist keinesfalls eine, die grundsätzlich mit der neoliberalen Geschäftsgrundlage brechen möchte.
Vielmehr hat Deutschland als exportorientiertes Land den Ernst der Lage, der durch COVID-19 ausgelösten Wirtschaftskrise erkannt: Eine Pleitewelle & Kernschmelze der Finanzmärkte konnte v o r e r s t nur nur durch massive Interventionen der EZB abgewendet werden.