Ich teile das deprimierende Fazit und die Benennung der Probleme.
Hinzu kommt m.E. ein weiteres Problem: Die deutsche öffentliche Hand fokussiert sich bei ihren IT-Projekten sehr auf mögliche Probleme und wenig auf die Chancen, insb. den "Markterfolg" der Lösungen.
Auf der Strecke bleiben deshalb Themen, die für den Erfolg von Online-Diensten essenziell sind, wie z.B. Usability. Teils passieren haarsträubende Fehler, z.B. dass eine Lösung nur auf einer einzigen technischen Plattform ausgerollt wird, obwohl am Markt mehrere verbreitet sind.
In die Kategorie übertriebener Probleme fallen häufig auch rechtliche Anforderungen, die zu einem großen Teil selbstgeschaffen sind:
Entweder durch sehr komplizierte Rahmengesetzgebung (siehe z.B. das #Messstellenbetriebsgesetz), oder durch eine sehr strikte Anwendung bestehenden Rechts (insb. der DSGVO). Die DSGVO wird dabei häufig sehr unpragmatisch und problem- statt lösungsorientiert ausgelegt.
Immer wieder sehe ich, dass die #DSGVO als Grund vorgeschoben wird, warum ein eine bestimmte technische Lösung angeblich nicht möglich sei. Teils von Datenschützern, teils auch von Nicht-Datenschützern.
Es ließe sich viel lösen durch einen Mentalitätswandel, bei dem wir die aktuelle "German Angst" durch den Ansatz von @e_estonia ersetzen. Ob uns das gelingen kann, ist allerdings fraglich.
Dazu gehört nämlich auch, nicht jede Rechtsauffassung von Datenschutzbehörden oder -aktivisten fraglos zu übernehmen, und auch bei anderen Themen (z.B. Datensicherheit) ins Risiko zu gehen.
Ich rede nicht von "anything goes", sondern von einer ausgewogenen Abwägung zwischen Chancen und Problemen. Also einer Entscheidungslogik, die Projekte in erster Linie am Ergebnis misst: "Fliegt" die Lösung in der Praxis? Wenn nicht, sollte sie als Misserfolg bewertet werden.
Genau dies traut sich aber kaum ein Entscheidungsträger in der deutschen Politik. Und nach der *politischen* Logik ist das ja auch richtig: Maßgebliche Teile der deutschen Medienöffentlichkeit entwickeln sofort Beißreflexe, wenn sie irgendwo schlechten Datenschutz wittern.
Die Konsequenz daraus ist aber, dass wir ständig gute Chancen verpassen, durch #Digitalisierung Probleme zu lösen. Die Corona-Krise hat das deutlich offen gelegt, aber das Problem gab es auch schon vorher.
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Der Entwurf spricht jetzt nicht mehr von "elektronischer Kommunikation" an Stelle von "Telekommunikation".
Nach der Neufassung ist damit die Kohärenz zum TKG wieder hergestellt: Was auf EU-Ebene "elektronische Kommunikation" heißt, ist im deutschen Recht "Telekommunikation".
Kurzer Hinweis zu der Nachricht des Deutschlandfunks, laut dem angeblich die #GroKo plant, "verschlüsselte Kommunikation über Smartphone-Messenger zu überwachen". Der Artikel wird überwiegend falsch so verstanden, als gehe es um einen Entschlüsselungszwang (#cryptowars"). Thread:
Der Bericht des Deutschlandfunk verweist auf einen Bericht in der FAZ, den ich nicht kenne. Aber online auf FAZ. NET gibt es mittlerweile einen weiteren Bericht (oder denselben?), der etwas deutlicher sagt, worum es geht: Um Quellen-TKÜ. faz.net/aktuell/politi…
Bei der Quellen-TKÜ "hackt" sich eine Sicherheitsbehörde auf das Endgerät des Nutzers, um darüber dessen Kommunikationsverhalten zu überwachen. Das Ziel ist also die Telekommunikationsüberwachung (TKÜ), die Umsetzung erfolgt aber auf dem Endgerät (Stichwort "#Bundestrojaner").
Wer (wie ich) früher in Aushilfsjobs in Handel und Produktion gearbeitet hat, weiß, dass der Führungsstil dort manchmal sehr rauh sein kann. Das spiegelt sich natürlich auch in der Art, wie und welche Daten die Führungskräfte über ihre Mitarbeiter einspeichern.
Aus Sicht der Datenschutzabteilung eines solchen Unternehmens heißt dies: Achtung, hier gibt es ein strukturelles Risiko, dass Führungskräfte personenbezogene Daten einspeichern, für die es keine Rechtsgrundlage gibt (nach Art. 6 und 9 DSGVO bzw. § 26 BDSG).
Der LfDI BW hat vorgestern eine Orientierungshilfe zum Umgang mit #SchremsII veröffentlicht. Ich bin wirklich dankbar für jedes belastbare Statement der Datenschutzbehörden, habe dazu aber ein paar kurze Anmerkungen (Thread).
Allgemein (nicht nur hier) würde ich mir wünschen, dass i.S. SchremsII mehr differenziert wird.
Der Fall, den der EuGH entschied, betraf Daten zum Privatleben von sehr vielen Personen und Fälle, in denen ein Zugriff von US-Sicherheitsbehörden durchaus wahrscheinlich ist.
Die typischen Fälle von Drittlandübermittlungen sind aber andere.
Das sind Fälle wie "unser 3rd level-Support sitzt in den USA, und manchmal muss er sich auf Produktivsysteme aufschalten".
Oder: "unsere zentrale Personalverwaltung sitzt in den USA".
Kurzer Hinweis dazu, wie eine (stärker) zentralisierte Datenschutzaufsicht in Deutschland aussehen könnte.
Es gibt dort eine interessante Parallele zum Rundfunk-, bzw. Medienrecht, die vielleicht nicht jedem Datenschutzjuristen bekannt ist. (Thread)
Die Aufsichtsbehörden für den privaten Rundfunk (sowie über weitere Akteure rund um Rundfunk- und Medienverbreitung, Stichwort #Medienstaatsvertrag) sind die Landesmedienanstalten. Dies sind staatsfern organisierte Landesbehörden mit speziellem Aufgabenbereich.
Genau wie auch beim Datenschutz stellte sich auch im Rundfunkrecht die Frage: Wie kann eine Aufsicht organisiert werden, die zwar aus sachlichen Gründen bundeseinheitlich erfolgen muss - der Rundfunk macht nicht an Landesgrenzen halt - aber trotzdem bei den Ländern bleiben soll?
Da sich in letzter Zeit zunehmend Statements von Datenschutzbehörden und Gerichten häufen, die zu Sachverhalten Stellung nehmen, die (auch) vom TK-Recht geprägt sind, hier einmal ein kurzer Abriss zu den Zusammenhängen und Unterschieden.
Das Telekommunikationsgeheimnis (bzw. auf EU-Ebene: das Recht auf Vertraulichkeit der Kommunikation) ist ein Rechtsgut, das im demselben Rang steht wie der Datenschutz und davon unabhängig ist. Historisch ist es älter, geht auf das Briefgeheimnis zurück. de.wikipedia.org/wiki/Briefgehe…
Heute sind die beiden Rechtsgüter jeweils eigenständig verankert.