Der Entwurf zum "Notbremse"-Gesetz enthält drei fundamentale Konzeptfehler, alle haben mit der Inzidenz zu tun! Abgesehen davon, dass das viel zu spät ist, enthält der Entwurf aus meiner Sicht drei fundamentale Konzeptfehler:
1. Das Gesetz soll sich an festen Werten der Inzidenz orientieren, die aber zeitgleich durch die zunehmende Rate der Geimpften in der Bevölkerung ihre Qualität völlig verändert 2/x
2. Der Notbremse-Regelmechanismus bei Inzidenz 100 schaut auf den falschen Indikator (Inzidenz statt R-Wert oder Wachstum) und kann ohne eine Hysterese zum “ständigen Schwingen” zwischen “offen” und “zu” führen 3/x
Im schlimmsten Fall (bei sehr langsamen Wachstum) kann dies dazu führen, dass ein Landkreis zwei mal pro Woche alle 3 Tage zwischen Öffnungen und Schließungen hin und her springt.
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Ich habe mal für jeden Landkreis ausgerechnet, wie viele Wechsel der Inzidenz es von unter auf über 100 bzw. von über auf unter 100 schon gegeben hat. 5/x
Jetzt wendet man diese 100 Grenze auf alle Landkreise an, lässt die Inzidenz wachsen bis 100, muss dann “zu” machen, bis es unter 100 ist, um dann wieder “auf” zu machen, sodass es wieder so wächst wie vorher, bis 100, => usw. usw.
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Man würde also mit diesem Gesetzentwurf sicherstellen,
1. dass alle Landkreise bis 100 wachsen werden und 2. dass man sich ab dann immer um die 100 bewegt,
was zur Folge hat, dass niemand länger als einige Tage in die Zukunft planen kann.
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Ein weiteres zentrales Problem ist, dass hier auf die Inzidenz geschaut wird, und nicht auf das Wachstum bzw. den R-Wert. Das ignoriert einfach die mathematischen Zusammenhänge.
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3. Das Gesetz formuliert kein gemeinsames Ziel, auf das wir alle hinarbeiten, nicht einmal eine Ziel-Inzidenz 9/x
Nehmen wir mal an alle Landkreise in Deutschland hätten die gleiche Inzidenz/Infektionsentwicklung, und wir “regeln” mit Öffnungen und Schliessungen so, dass ab 100 gebremst wird, und unter 100 schrittweise geöffnet wird. Parallel läuft das Impfprogramm. Ergebnis:
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Ein Lockdown-Jojo ab Juli im 2-Monats-Takt, der zu Hundertausenden infizierten Jugendlichen führt, die noch nicht geimpft sind. Planbarkeit gleich null. Und genauso würde das auch pro Landkreis aussehen, nur dass es nicht synchron wäre mit den Nachbar-Landkreisen. 11/x
Was könnte man konzeptionell besser machen?
Dass der Grenzwert von 100 zu hoch liegt, lassen wir mal kurz beiseite (das könnte man ja im Gesetzentwurf auch noch schnell ändern). Der Grenzwert von 200, bis zu dem Präsenzunterricht gemacht werden darf, ebenso.
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Die Notbremse sollte in jedem Landkreis immer dann starten, sobald und solange der 7-Tage-R-Wert über 1 liegt (oder solange die schon bestehende Inzidenz noch über 20 (oder lieber 10) liegt).
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Was dann am Ende eine #NoCovid-Strategie ist, die es den meisten Menschen im Land erlauben wird, ein relativ normales und planbares Leben zu führen. Nur hier und da gibt es kurze Lockdowns zur Eindämmung von Ausbrüchen.
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Aber wenn wir den vorliegenden Gesetzesentwurf durchziehen, haben wir einen JoJo-Lockdown-Sommer mit beständigen hohen Infektionszahlen und mindestens gut gefüllten Krankenhäusern, am Anfang mit Intensiv-Patienten und dann den LongCovid-Patienten.
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Noch haben wir die Chance, mit einer Lockdown-Verschärfung wenigstens die totale Überlastung der Intensivstationen zu vermeiden und die Fallzahlen im ganzen Land schnell zu senken.
Das wird die Bundes-Notbremse nicht schaffen, weil zu schwach, falsch konzipiert und zu spät.
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Für Karte der 100er-Wechsel der Landkreise gibt es korrigierte Version, betrifft insbesondere LK mit deutlich mehr oder deutlich weniger als 100.000 Einwohnern (erneut danke @systeon für den Fehler-Hinweis).
An der Grundaussage ändert sich dabei nichts... Mittelwert: 8 Wechsel
1. Wenn die Inzidenzen stark steigen, ändert sich das Verhalten der Menschen von alleine, und das bremst 2. Hohe ITS/Krankenhausbelegungen werden Sterblichkeitsraten erhöhen
Ein THREAD warum ich beides nicht berücksichtige
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Beide Aspekte, also Verhaltensänderungen der Menschen aus Vorsicht und Erhöhung der Sterblichkeit durch ITS-Überlastung bei sehr hohen Fallzahlen, sind aus den gleichen Gründen nicht in meinem Modell drin:
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1. mir ist jeweils keine belastbare/gesicherte zahlenmäßige Modellierung bekannt. 2. Wir dürfen *niemals* als Gesellschaft so weit ins Risiko gehen, dass beide Aspekte für ein Modell überhaupt relevant werden.
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Die Hoffnung darauf, dass sich Abflachung der Fallzahlen in den nächsten Wochen fortsetzt, ist m.E. unbegründet.
Auch wenn wir in dieser und wahrscheinlich nächster Woche niedrigere Fallzahlen geliefert bekommen:
Das exponentielle Wachstum geht nicht einfach weg.
THREAD
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Wir hätten ALLE gerne, dass das Wachstum jetzt einfach aufhört und wir auf Frühling machen können. Dazu würden uns die aktuellen Zahlen von RKI und @risklayer schon gut gefallen. Aber diese Zahlen sind aktuell *wertlos*.
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Eine ganze Sammlung von Gründen dafür, warum die Zahlen unbrauchbar sind, um die Situation zu beurteilen, hat @ChristophMontag hier zusammengestellt: 3/x
Der #Brueckenlockdown ist wieder so eine halbherzige deutsche Pandemie-Idee!
Ich habe hier mal einen 3 Wochen R-0,1 Lockdown in meinem Modell berechnet im Vergleich zu einem halbwegs "richtigen Lockdown" (R-0,2) und "nix tun".
Kurz: Halbe Sache, die lange dauert.
THREAD 1/x
Laut meiner Modellrechnung würde #Brueckenlockdown zwar Überlastung der Intensivstationen von 4x auf 2x senken, aber wir wären immer noch viel zu hoch.
Und: Bis in die Normalität (Inzidenz 10) dauert es dann genauso lange wie beim "nix tun"! Bis August!
#Brueckenlockdown würde nach meinem Modell immer noch eine 1/2 Mio #LongCovid Patienten produzieren und ca. 9.000 mehr Tote als ein richtiger Lockdown.
Wir müssen #LebenRetten mit einem richtigen Lockdown!
Mein neuer Blog-Artikel zeigt mit Prognose-Szenarien aus meinem Modell, warum es ohne eine sofortige Verschärfung der Lockdown-Regeln in Deutschland nicht gehen wird. Und warum wir nach der 3. Welle in NoCovid-Strategie wechseln müssen
THREAD 1/x dirkpaessler.blog/2021/04/04/wie…
Was passiert, wenn wir erstmal nichts weiter tun? Das Ergebnis wäre eine Katastrophe: Mitte Mai hätten wir täglich 60.000 Neuinfektionen, erst dann beginnen die Impfungen zu wirken. 2/x
Über die Intensivstationen würde die 3. Welle mit einem Bedarf von etwa 4 mal so vielen Intensivbetten hinwegrollen wie die 2. Welle, als wir schon kurz vor der Kapazitätsgrenze waren. Insgesamt gäbe es ca. 50.000 Todesopfer, die meisten wären zwischen 60 und 79 Jahren alt.
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* Wochen-Altersgruppen-Daten bis KW 12 vom RKI eingepflegt
* R-Wert Reihe angepasst an aktuelle Entwicklung
* Impfung oder Infektion schützt nur zu 80% davor, sich anzustecken und dann andere anzustecken (Quelle CDC) (vorher 100%)
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Änderungen am Modell: Teil 2:
* Deutlich ambitionierteren Impfplan habe ich von RKI Studie “Epidemiologisches Bulletin 13/2021” übernommen (siehe Bild)
* Darstellung der Infizierten plus Dunkelziffer bei Impfrate
* Berechnung der LongCovid-Fälle von UK-Studie übernommen. 3/x
Wir dürfen nicht ganz kurz vor dem rettenden Ufer aufhören zu schwimmen!
Wir reiten im Galopp auf eine Riesenwelle der Corona-Pandemie zu. Was tun? Dabei sehen wir die Impfungen schon als das rettende Ufer und sind nur Wochen davon entfernt!
Es muss nochmal ein gemeinsamer Kraftakt her. Für ein paar Wochen. Aber was können wir tun? Und wie gross ist dieser Kraftakt?
Wie wir anhand von Berechnungen mit meinem Prognose-Modell sehen werden, sind wir viel näher am rettenden Ufer als meines Erachtens viele denken.
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Was passiert, wenn wir jetzt nichts tun? Mit den aktuellen Einschränkungen/Lockerungen sehen die nächsten 2 Monate in meinem Vorhersage-Modell so aus (eine gewissen Abbremsung durch die Ferien ist bereits eingerechnet). 3/x