In welchem Verhältnis stehen eigentlich Sebastian Kurz und Siegfried Wolf - also jener Manager, Millionär und Schlossbesitzer dessen mit Lohnkürzung und Kündigungen durchzogenes Übernahmeangebot die Arbeiter_innen bei #MAN #Steyr vorgestern mutig abgelehnt haben? (Thread)
Wolf war einer jener Industriellen, die Kurz 2017 den Weg zur Kanzlerschaft ebneten. Bei den Millstätter-Gesprächen, einer Netzwerktagung zwischen ÖVP und Unternehmen, war er einer der ersten, die sich offen für Neuwahlen aussprachen (kleinezeitung.at/wirtschaft/521…).
Reinhold Mitterlehner hätte als Wirtschaftsminister keine Kompetenz, meinte Wolf dort. Jetzt müssen Jüngere ran, die wie Sebastian Kurz klug die Themen "Wirtschaft und Sicherheit" miteinander verbinden. Dass Kurz dies könne, hätte der (damalige) Außenminister bewiesen.
Noch nicht geklärt, ist ob in der Folge auch Gelder an die ÖVP flossen. Heinz Christian Strache führte dies im Ibiza-Video aus. Benko und Wolf hätten das Projekt Kurz über Umgehungskonstruktionen mit Millionen an "Spenden" versorgt. ots.at/presseaussendu…
Bewiesen ist jedoch, das zeigen die SMS von Schmid, dass Kurz Siegfried Wolf zum Aufsichtsratchef der ÖBAG machen wollte. Weil Kurz besorgt war, wie die Öffentlichkeit reagieren würde, schrieb Schmid an eine Mitarbeiterin: „Kurz scheißt sich voll an“. derstandard.at/story/20001209…
Dass die Kurz-ÖVP Wolf als Käufer für MAN Steyr wollte, wurde spätestens offenkundig als der Wirtschaftslandesrat der ÖVP in OÖ Markus Achleitner nach der Abstimmung am Donnerstag in der ZIB 2 interviewt wurde:
Siggi Wolf hätte ein gutes Angebot mit tollen Produkten gemacht, so Achleitner. Das Abstimmungsergebnis könne er sich nur mit Informationsdefiziten in der Belegschaft erklären (!). Jetzt müsse weiterverhandelt werden.
Dreister kann es kaum noch werden. Um dem mit der ÖVP verbandelten Wolf doch noch das Geschäft zu sichern, packte Achleitner sein ganzes bürgerliches Ressentiment aus:
Die Arbeiter_innen bei MAN hätte es einfach nicht verstanden. Das belege auch, dass das Ergebnis unter den Angestellten besser für Wolf gewesen sei, als bei den Arbeiter_innen. Nicht nur Verachtung hört man da heraus, sondern die klassische bürgerliche Strategie der Spaltung.
Hier versucht sie die Arbeiter_innen im Werk zu spalten. Wolf hatte diese Strategie 2017 auf einer ganz anderen Ebene gelobt: Kurz verbinde "Wirtschaft und Sicherheit" klug miteinander, so Wolf. Was meinte er damit?
Das war Anerkennung für das Projekt Kurz: Den Rechtspopulismus von der FPÖ übernehmen, um die Macht in der ÖVP zu erobern und damit trotz politischer Vertrauenskrise Wahlen gewinnen zu können.
Schließlich hatte Kurz in den Monaten vor den Millstätter Gesprächen, wo Wolf diese Anerkennung äußerte, immer wieder davon gesprochen, dass es an den Grenzen nicht ohne "hässliche Bilder gehen werde" und keine Gelegenheit ausgelassen, um gegen die "Anderen" zu hetzen.
Die Ereignisse rund um MAN in den letzten Tagen sind daher auch ein guter Ausschnitt dessen, was das Projekt Kurz im Kern ausmacht: Mit noch größerer Brutalität als die bisherige ÖVP die breite Masse spalten, dadurch Teile dazu bringen gegen ihre eigenen Interessen zu stimmen.
Die Menschen zu führen, so dass sie gegen eine Politik im Interesse einer kleinen Elite mitgehen. Um Konzernsteuern weiter zu senken, die 60 Stundenwoche wieder möglich zu machen und nicht zuletzt Posten und Unternehmensanteile an "Freunde" zu verteilen.
Allerdings: So sehr dieser Sumpf auch von Kurz vertieft wurde, liegen seine Ursachen wo anders. Sie finden sich in einem System, das Ungleichheit hervorbringt. Daher: Abschöpfung der Spitzen-Vermögen & eine öffentliche Kontrolle über zentrale Investitionsentscheidungen.
Mit Bezug auf Steyr sollte Wolf und seine Freunde ins Boot geholt werden. Nur anders als sie sich das gedacht haben. Die öffentliche Hand muss jetzt rasch in Vorlage gehen und ermöglichen, dass Steyr aufgefangen und zu einem sozial-ökologischen Leitbetrieb ausgebaut wird.
Finanziert werden sollte dies und der buchstäblich zum Überleben notwendige weitere sozial-ökologische Umbau unser Produktionsweise durch einen Transformationsfond, für den die großen Vermögen herangezogen werden. #wirfürsteyr.

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9 Apr
Freu mich sehr, dass mein Kommentar zur Entscheidung bei #MAN Widerhall gefunden hat und auch von Arbeiter_innen des Werkes geteilt/kommentiert wurde (bit.ly/39X5uXc). Hier ein Thread mit Beiträgen für den Kampf um einen sozial-ökologischen Leitbetrieb in Steyr:
1) Der Wissenschafter und @Arbeiterkammer-Referent Heinz Högelsberger hat sich mit der Geschichte des Werkes beschäftigt und zeigt damit auch Zukunftschancen auf:
Gemeinsam mit Puch stellte man in den 70ziger Jahren ein Elektromoped und für die Stadt Wien einen erdgasbetriebener Stadtbus her. Und auch jetzt produziert MAN (in Kleinserie) einen elektrisch betriebenen Lkw. Darauf ließe sich aufbauen. wienerzeitung.at/meinung/gastko…
Read 12 tweets
8 Apr
Die Arbeiter_innen bei #mansteyr haben sich nicht erpressen lassen. Ihre Enscheidung ist nicht nur mutig und kämpferisch, sondern könnte auch zu einem Wendepunkt hin zu einer sozial-ökologischen Industriepolitik werden. Ein Thread was es jetzt dazu braucht
Um was ging es? Im letzten Jahr hatte MAN, eine Tochter des VW-Konzerns, die Schließung des Werkes in Steyr mit rund 2000 Beschäftigen und einer Wertschöpfung von rund einer 1 Mrd Euro in der Region trotz einer Beschäftigungsgarantie bis 2030 bekanntgegeben.
Daraufhin wurden ein Deal mit dem Ex-Magna-Manager Wolf verhandelt. Sein "großzügiges" Angebot: Kündigung von rund 800 Kolleg_innen und ein Gehaltsverzicht von 15%. Dann Weiterführung des Werkes durch Wolf - selbstverständlich ohne Beschäftigungsgarantie für die Verbleibenden.
Read 16 tweets
26 Mar
Das Spiel mit Schuldzuweisungen von Sebastian Kurz rund um die Impfstoffbeschaffung ist gestern Nacht beim EU-Gipfel (#EUCO) hart auf Eis gelaufen. Auch nach bürgerlichen Kriterien hat Kurz völlig versagt (Thread).
Am greifbarsten wird das, wenn man dem bürgerlichen Premierminister Rutte hört, den Kurz oft als seine Verbündeten ausgibt: Ö sei in der Ausrollung der Impfungen "nicht schlecht unterwegs", so Rutte gestern, daher müsse es Priorität für Bulgarien, Kroatien und Lettland geben.
Denn während Kurz sich noch vor wenigen Tagen als Schutzherr dieser Länder aufgespielt hat, will er ihnen nun einen Teil der zusätzlichen 10 Millionen Dosen von Biontech abzwacken. Denn der Vorschlag der andern EUCO-Mitglieder war, die nachhinkenden Länder zu bevorzugen.
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25 Mar
Die ÖVP ist die Partei der Ausbeuter und Menschenschinder. Wenn sie mich dafür klagen möchte: gerne! Den Wahrheitsbeweis vor Gericht gewinnt man allein schon mit zwei Beispielen, die heute und gestern bekannt geworden sind (Thread):
1) Das EU-Parlament will Mindeststandards für Landarbeiter_innen einführen, die bei jedem Wetter oft mehr als 12 Stunden lang Obst und Gemüse ernten. Geht es nach dem EU-Parlament sollen in Zukunft nur noch Unternehmen Agrarsubventionen erhalten, die diese Standards einhalten.
Wer ist dagegen? Elisabeth Köstinger, ÖVP. Ihres Zeichens Landwirtschaftsministerin und Vize-Präsidentin des Bauernbundes. Man müsse erst evaluieren, ob Mindeststandards überhaupt notwendig seien, meint sie. radiothek.orf.at/oe1/20210325/6…
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11 Feb
Der Endbericht der #WHO zu den Ursprüngen der #Corona-Pandemie ist diese Woche veröffentlicht worden und er enthält einiges an Brisanz. Nur liegt diese nicht dort, wo sie Trump und andere rechte Politiker vermutet haben (Thread).
Denn die Hypothese, dass das Virus aus einem chinesischen Virenlabor entwich, bewertete die Kommission als "extrem unwahrscheinlich."
Auch die Annahme, dass das Virus auf einem Wildtiermarkt übersprang, konnte widerlegt werden. Denn es konnte festgestellt werden, dass es sich bei dem Markt in Wuhan "nur" um eine Clusterbildung handelte. Bereits Tage davor waren an anderen Orten Infektionen aufgetreten.
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28 Jan
Das Unerträgliche wird noch dadurch gesteigert, wie die Grünen jetzt die gestrigen Abschiebungen von gestern zu framen versuchen und uns für dumm verkaufen wollen (Thread) #zinnergasse:
Einer ihrer PR-Manager hat folgendes Muster der Rechtfertigung ausgegeben. Es findet sich vor allem auf den Social-Media-Kanälen der grünen Nationalratsabgeordneten. Schließlich sind diese jetzt wegen ihrer Stimme besonders unter Druck.
Das ist das ausgegebene Muster, das überall nachzulesen ist:

1) „Die Gesetzte auf denen die Abschiebungen beruhen, haben ÖVP, FPÖ und SPÖ beschlossen“ (Ziel der Message: Das waren DIE, WIR sind unschuldig und können da erstmal nichts machen).
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