Wie ist eigentlich die ärztliche Situationen auf den Intensivstationen? Etwas längerer Erklärthread:
Üblicherweise rotieren die Ärzt:innen zum Ende der Weiterbildung auf die INT, meist im 5.ten oder 4.ten Jahr.
(1/10)
Es dauert ca. 6 Monate, bis sie auf die meisten Standardsituationen gut vorbereitet sind. In dieser Zeit sind sie unter ständiger ober- oder fachärztlicher Supervision. Bei guter Organisation, könnten auf einer großen Station bis zu 4 Personen/Jahr weitergebildet werden. (2/10)
In der Realität sind es durch Ausfälle, Überscheidungen, Kündigungen usw. meist weniger.
Viele verlassen die Intensivmedizin nach dieser Zeit. Helfen vielleicht mal aus, oder machen einzelne Dienste. (3/10)
Die Zusatzweiterbildung Intensivmedizin dauert nach der Facharztprüfung weitere 18 Monate. In dieser Zeit arbeiten die Kolleg:innen meist schon selbstständig, übernehmen zunehmend Verantwortung, bleiben aber supervidiert. Diese Zeit wird zwar von vielen als anstrengend, (4/10)
aber lehrreich und gut empfunden. Das Loch kommt danach, weil sich für viele nach der Weiterbildung nichts ändert.
Die Arbeitsbelastung im Schichtdienst bleiben hoch, Gehalt ändert sich nicht, es gibt kaum Leitungspositionen. (5/10)
Kurz gesagt: Für viele ist es eine berufliche Sackgasse, die sie entsprechend schnell verlassen.
Gerade in der inneren Medizin ist ein Schwerpunkt (wie z.B. Kardiologie) lukrativer. Es gibt mehr Ober- und Facharztstellen, Schichtdienste seltener, Niederlassung möglich. (6/10)
Das führt dazu, dass es auch im ärztlichen Bereich einen zunehmenden Mangel gibt, auch wenn dieser (meist) noch nicht, anders als in der Pflege, zu Bettensperrungen führt. Die Dienstgruppen werden kleiner, die Belastung entsprechend höher. (7/10)
Es führt dazu, dass die Rotationen auf die INT früher erfolgen, Einarbeitungszeiten kürzer werden und der "Durchlauf" höher wird. Das Problem: diejenigen, die sich aus der Intensivmedizin verabschiedet haben, bleiben weg. Der Weg zurück sehr selten (v.a. in der Inneren). (8/10)
Es bedeutet auch, dass selbst wenn wir jetzt umsteuern, die Verluste der letzten Jahre nicht aufzufangen sein werden.
Corona verstärkt die Situation: Viele verausgaben sich und haben das Gefühl, JETZT nicht aufhören zu können. (9/10)
Wenn sich die Lage entspannt, befürchte ich, dass viele die Konsequenzen daraus ziehen werden. Und dann wird es in 1-2 Jahren eine Situation geben, in der viele Stationen ärztlich nicht in der notwendigen Weise besetzt werden könnten. (10/10)

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14 Feb
Inhalatives Budesonid könnte bei frühzeitigem Einsatz schwere #COVID19 Verläufe verhindern. In folgende Studie wurden wurden 139 Pat eingeschlossen, 10 davon verschlechterten sich in der Placebo- nur 1 in der Budesonidgruppe. (1/4)

medrxiv.org/content/10.110…
Hintergrund ist die Beobachtung, dass Asthmatiker:innen seltener an schwerem #COVID19 erkrankten. Auch wenn die Studie klein ist, die Daten sind überzeugend RRR 90%, NNT 8. Symptome besserten sich in der Budesonidgruppe etwa 1 Tag früher (2/4)
Auffällig ist, dass die Kurven erst nach ca. 10 Tagen auseinandergehen, also zu einem Zeitpunkt, in dem die virale in die inflammatorische Phase übergeht. An dieser Stelle nochmal die hervorragende Grafik von (3/4) @DanielGriffinMD ImageImage
Read 5 tweets
5 Jan
Med. Personal mit besonders hohem Expositionsrisiko gegenüber #SARSCoV2 sollte lt. STIKO zuerst geimpft werden. Über diese Entscheidung lässt es sich streiten, unerträglich finde ich, wie diese Entscheidung umgesetzt wird. Thread 👇(1/8)
In Hamburg haben die Impfungen am 27.12. begonnen und von den 29Tsd vorhandenen Dosen wurden bis heute 4756 verimpft. Insgesamt haben sich 1,5Tsd ÄrztInnen gemeldet, die Impfungen durchzuführen. Die Hälfte der Impfungen wird zurückgehalten, um die zweite Gabe sicherzustellen(2/8)
Diese Bereithaltung ist für mich nicht nachvollziehbar. Wie viel Vertrauen können wir in die Impfstrategie haben, wenn die zuständigen Behörden einer 1,8Mio Stadt es für nicht sicher halten, innerhalb von 4 Wochen weitere 29Tds Impfdosen zu erhalten? (3/8)
Read 8 tweets
30 Dec 20
Hat der ct-Wert eine prognostische Bedeutung? Diese Frage lässt sich nicht so klar beantworten. Hier ein Erklärungsversuch. Disclaimer: Basierend auf meinen persönlichen Beobachtungen und Erfahrungen. KEINE Evidenz! Thread (1/9)
nytimes.com/2020/12/29/hea…
Zum Verständnis: virale Infektionen laufen ganz anders als bakterielle Infektionen ab. Bakterien vermehren sich durch Zellteilung, während Viren in der Zelle replizieren und dann Nachbarzellen infizieren. Die resultierende Dynamik ist daher unterschiedlich (2/9).
Bei #SARSCov2 liegt die höchste Viruslast ca. zum Symptombeginn vor. Mit der Dauer der Symptome nimmt die Viruslast ab. Das kann zu der Situation führen, dass bei schwer Erkrankten kein Virus mehr nachweisbar ist. Auch deswegen ist der Effekt von Remdesivir so enttäuschend (3/9)
Read 9 tweets
15 Dec 20
Ich möchte diesen Tweet zum Anlass nehmen, die Risikoreduktion durch #Schnelltests zu beleuchten, weil er suggeriert, dass bei 5% falsch negativen das Risiko bei 10 Anwesenden sich addiert oder gar potenziert und im zweistelligen Prozentbereich liegt. Hierzu ein Thread (1/8)👇
Gucken wir zunächst, wie hoch das Risiko für die 10er Gruppe wäre, wenn keine Tests durchgeführt würden. Bei aktueller Inzidenz von 250/100k und entsprechender Dunkelziffer müssen wir davon ausgehen, dass 1% der Bevölkerung infiziert ist. (2/x)
Es bedeutet, dass für die Gruppe ein 10% Risiko vorliegen würde, dass eine der anwesenden Person infiziert wäre. Würden aber alle einen Schnelltest benutzen, der 5% der Infektiösen nicht erkennen würde, würde das Risiko für die Gruppe auf 0,5% sinken! (0,1*0,05) (3/8)
Read 8 tweets
29 Nov 20
1) Liebe Medien, in diesem Fall @fuldaerzeitung: Ihr tragt Verantwortung. Falsches muss nicht wiedergegeben werden und schon gar nicht ohne Widerworte. Hier sind leider viele Falschbehauptungen unkommentiert.
fuldaerzeitung.de/fulda/corona-l…
2) Der Satz unten ist falsch. Schon der Begriff "Gefährlichkeit". Von der Zahl ganz zu schweigen. Die Infection fatality rate (IFR) ist deutlich höher. Könnten Sie hier zum Beispiel in dem Thread von @C_Althaus nachlesen.
3) Ja, das @rki_de sagt, der Test sei höchst präzise. Genauso wie z.B. @GesVirologie in ihrer Stellungnahme.
g-f-v.org/node/1387
Die Anzahl der Gesamtzyklen spielt übrigens keine Rolle, sondern die Anzahl der Zyklen, bis die Virus-RNA nachweisbar wird.
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29 Oct 20
#Gassen sprach gestern in der Pressekonferenz von einer #COVID19 Belegung von 25-30% in 4 Wochen. Zitat: "Selbst dann wäre also noch Puffer". Offensichtlich hat er die gestrigen freien Betten in Bezug auf Gesamtbetten gesetzt. Das ist aus mehreren Gründen falsch. Thread:
(1/7)
Eine ideale Auslastung einer Intensivstation liegt bei 70-80%. Eine Belegung >80% gilt als Überauslastung. Die 25-30% zusätzlichen #COVID19 Pat. würden zu einer Belegung >100% führen und damit zu einer starken Überauslastung. (2/7)

link.springer.com/article/10.100…
Wenn eine Intensivstation ausgelastet ist, wird sie z.B. von der Notfallversorgung abgemeldet. Dann übernehmen andere Intensivstationen Pat. Das funktioniert natürlich nicht, wenn alle Intensivstationen überlastet sind. (3/7)
Read 7 tweets

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