Angela Merkel ist Physikerin.
Sie wurde persönlich u.a. von Joachim Schellnhuber beraten.
Es ist schwer nachvollziehbar, aber ich bin trotzdem recht überzeugt davon, dass sie das Ausmaß der #Klimakrise & anderer ökolog. Krisen dennoch nicht komplett verstanden hat.
Warum?👇
Sie hat in den Jahren ihrer Regierung oft genug bewiesen, dass sie in der Lage ist, a) auch unbequeme Entscheidungen zu treffen oder b) wie in der #Coronakrise zumindest klar zumachen, dass sie ein Problem verstanden hat - sich politisch aber nicht durchsetzen kann (oder möchte).
Im Gespräch mit @Luisamneubauer sagte sie als Begründung für unzureichende Maßnahmen vor einigen Tagen, sie habe Angst, dass die “Klimaleugner” irgendwann die Oberhand gewinnen, wenn man Maßnahmen ohne ausreichend Rückhalt durchsetzt. Durchaus nachvollziehbar. Aber.
Als Politikerin, als Kanzlerin ist es ihr Job, vorausschauend gesellschaftlichen Schaden abzuwenden & dafür entsprechende Mehrheiten zu organisieren.
Leidenschaftliche Appelle an Solidarität & Vorrechnen exponentieller Entwicklungen - wo war Vergleichbares in der #Klimakrise?
Wenn ihr klar wäre, was @Luisamneubauer andeutet, dann ist es ihre Verantwortung, darauf Antworten zu finden.
Was brauchen Demokratien, um zu funktionieren, wenn die Welt aufgrund der Folgen der #Klimakrise immer instabiler & unsicherer wird? In den kommenden Jahrzehnten.
Frans Timmermanns drückt es im @heutejournal sehr klar aus, was uns erwartet (& zeigt damit allerdings auch eindrucksvoll, dass man gleichzeitig leidenschaftlich plädieren & wirksame Maßnahmen verhindern kann …):
Was genau lässt Angela Merkel also annehmen, dass es eine gute Strategie ist, wirksame #Klimaschutz-Maßnahmen weiter zu verschleppen?
Wie kommt sie auf die Idee, die Gefahr, dass Bürger:innen autoritäre Parteien wählen, würde in immer unsicherer werdenden Zeiten abnehmen?
Vielleicht bin ich naiv. Aber ich halte diese Frau für grundsätzlich so integer, dass die einzige mögliche Antwort für mich lautet: kognitiver Bias & Verdrängung.
Sie mag wissen, wie wenig Zeit bleibt, 1,5 Grad einzuhalten. Was 1,5 Grad konkret bedeuten, auch für Deutschland, weiß sie wohl nicht.
(Nachzulesen in @Dtl2050. Wie stabil eine 1,5-Grad-Welt sein wird, wenn das schon die Probleme in Deutschland sind, kann man nur erahnen.)
Sie weiß, dass Altmaier & ihre Regierung nicht das maximal mögliche für den Klimaschutz rausgeholt haben - dass sie damit ernsthaft & aktiv die Leben (nicht nur junger) Menschen gefährdet, hält sie wohl nicht für möglich. Zumindest nicht in Deutschland.
Anders kann ich mir u.a. eine derart verharmlosende Wortwahl nicht erklären: Sie sei ein “bisschen betrübt” & habe Verständnis für “Frustration”.
Die junge Generation ist nicht einfach “frustriert” - viele haben (zurecht) existenzielle Angst. Ebenso viele Wissenschaftler:innen.
Und sonst würde sie nicht auch nach der #Klimaklage weiterhin den #Kohleausstieg2038 verteidigen, von dem ihr als Physikerin vollkommen klar sein muss, dass er mit dem 1,5-Grad-Limit nicht vereinbar ist. Und dann auch noch mit so einem miesen Argument:
Was ist wichtiger: Planungssicherheit der Kohlefirmen? Oder unsere Lebensgrundlagen?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Angela Merkel sich sehenden Auges für ersteres entscheidet.
Daher bin ich überzeugt: Auch sie, die Physikerin, hat das Ausmaß der Krise bisher nicht erfasst.
Um das noch ausreichend schnell zu ändern, reicht es nicht, weiterhin Argumente auszutauschen & zu hoffen, so zu überzeugen.
Wir müssen offensiv ansprechen & klarmachen, dass wir nicht über das Gleiche reden, wenn wir #Klimakrise sagen. Sonst reden wir weiter aneinander vorbei.
Dafür haben wir keine Zeit. Denn die kommende Regierung ist die letzte, die noch ausreichende & sozialverträgliche Maßnahmen einleiten kann, um auf einen 1,5-Grad-Pfad zu kommen.
Maßnahmen, die Merkels Regierungen 16 Jahre lang verpasst & verhindert haben.
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"Deutschland 2050" ist das wohl wichtigste Buch des Jahres. Es erklärt, was 1,5 Grad gobale Erwärmung für Deutschland bedeuten - und macht klar, warum @FridayForFuture so eine unglaubliche Ausdauer beweisen, um dafür zu kämpfen.
Da jetzt hoffentlich alle Parteien anfangen, ambitioniertere Klimamaßnahmen aufzubieten, möchte ich noch mal daran erinnern, dass selbst die Vorschläge der Grünen nicht für einen 1,5-Grad-Pfad ausreichen. Die restlichen Parteien operieren bisher z.T. massiv mit Magical Thinking.
Magical Thinking ist es auch, darauf zu hoffen, dass Technologien, die heute noch nicht ausgereift & in großem Maßstab einsetzbar sind, die Klimakrise irgendwie abbremsen können (Wasserstoff, CCS, ...).
Klimaschutz bedeutet nicht, die Emissionen zu senken. Es bedeutet, sie zu stoppen. Und das so schnell wir möglich.
Dafür müssen heute verfügbare Lösungen so schnell und großflächig wie möglich ausgebaut werden.
Klar, ohne Menschen "mitzunehmen" - also ihnen zu erklären, warum Maßnahmen wichtig & sinnvoll sind - wird die nötige Transformation nicht durchsetzbar sein.
Aber genau das müssen Politiker:innen & Journalist:innen auch erklären. Klimaschutz ist alles andere als Selbstzweck.
Es geht darum, unsere Lebensbedingungen zu erhalten & Menschenleben zu schützen.
Was ist die Alternative zu Bahnfahren, Fahrrädern & Elektroautos, weniger Fleisch essen, Erneuerbaren Energien, gedämmten Häusern, nachhaltigem Wirtschaften & Konsum ... ?
Warum wird progressive & effektive Klimaschutzpolitik wie beim #EUClimateLaw immer wieder verhindert?
Drei grundlegende Missverständnisse zur #Klimakrise, die das (neben Lobbyinteressen) erklären.
Thread 🧵
1. Weil weder in der Politik, noch in vielen Medien & im öffentl. Diskurs klar verstanden wurde, dass 1,5 Grad nichts Gutes ist. Schon bei 1,2 Grad globaler Erwärmung sehen wir heute dramatische Auswirkungen, auch in Deutschland:
Die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist bereits ein Kompromiss. Es soll massiven irreversiblen Schaden abwenden. Etwa das Erreichen des Kipppunktes des Grönländischen Eisschilds, dessen Abschmelzen zu 7 Meter Meeresspiegelanstieg führen wird: spiegel.de/wissenschaft/m…
Mir war klar, dass Narrative sehr mächtig sind, dass sie Weltkriege auslösen können, aber auch Gesellschaften zusammenhalten.
Was ich nur selten hinterfragt habe, ist, welchen großen gesellschaftlichen Narrativen ich eigentlich anhänge.
(Ist aber wahrscheinlich auch die Natur von Narrativen, dass man sie für Wahrheiten hält, solange man sie glaubt.)
Narrativ 1: Nicht nur in der Schule habe ich gelernt, dass wir uns seit der Aufklärung an der Wissenschaft orientieren & im Großen & Ganzen rational handelnde Wesen sind.
Unvollständige Liste von Climate-Bubble-Common-Sense, den man von außen nicht ahnt:
1. Die massive Apokalypse-Blindheit
2. Hoffen auf technische Erfindungen zur Lösung der Klimakrise = Magic Thinking
3. ‘It’s easier to imagine the end of the world then the end of capitalism.’
4. Die #Klimaschmutzlobby ist real & hat mit ihren Taktiken, Studien zu kaufen & Zweifel zu streuen, massiven Einfluss. Auf die öffentl. Debatte & Politik.
5. Die Lösungen für die Klimakrise sind weitgehend bekannt, sie werden nur politisch nicht umgesetzt, oft sogar blockiert.
6. Halbierung der Emissionen bis 2030 heißt: Ein Großteil der Transformation muss in 10 Jahren umgesetzt sein. Die politischen Erzählungen von Klimazielen 2040, 2050 sind Bullshit.
7. Um die Klimakatastrophe abzuwenden, braucht es sehr viel mehr als Dekarbonisierung.