@DKKGER@mlewandowsky Zwei Probleme. Erstens: Zu sagen, dass Relevanz und Verbesserung des Lebens keine sinnvollen Maßstäbe für Wissenschaft sind – weil dort ja aus wissenschaftlicher Sicht problematische, gar sinnlose Voraussetzungen gemacht werden können –, bedeutet nicht, dass Wissenschaft
@DKKGER@mlewandowsky „weder gesellschaftlich relevant ist, noch das Leben der Menschen verbessert“. Zweitens: Der „Zweck“ der Wissenschaft ist die Wissenschaft. Denn sonst ist sie keine Wissenschaft mehr. Sie kann nur dann nützlich sein, wenn sie keinem vorausgesetzten „Zweck“ dient.
@DKKGER@mlewandowsky Letzteres erscheint Nicht-Wissenschaftler:innen oft unverständlich, weil es widersprüchlich aussieht. Ist es aber nicht. Wissenschaft kann nur dann wissenschaftlich gesicherte Ergebnisse leisten, wenn sie nicht von Vornherein durch Zwecksetzungen eingeschränkt wird.
@DKKGER@mlewandowsky Und es sind dann diese wissenschaftlich gesicherten Ergebnisse, die Wissenschaft ohne vorausgesetzten Zweck erforscht hat, die dann für die Gesellschaft relevant und nützlich sein können. Weil sie nur dann auch wissenschaftlich haltbar sind und nicht zweifelhaft.
@DKKGER@mlewandowsky Zweifelhaft sind sie nämlich dann, wenn ein Auftrag, ein Zweck, auch eine politische Ideologie sie bestimmt – und ihr damit Vorgaben macht, die nicht mehr hinterfragt werden dürfen. Damit legten diejenigen die Maßstäbe für Wissenschaft fest, die Wissenschaft brauchen, damit diese
@DKKGER@mlewandowsky ihnen jene Maßstäbe erklärt oder auch hinterfragt. Und das wäre zirkulär, denn dann besteht die Möglichkeit, dass es Maßstäbe gibt, die die Nichtwissenschaftler für unhinterfragbar halten und sie dann der Wissenschaft diktieren. So wird Wissenschaft zu Ideologie und
@DKKGER@mlewandowsky Propaganda oder auf Technologie reduziert und wiederholt irgendwann nur noch das, was man ihr als gültige Voraussetzung diktiert hat. Und das schadet am Ende auch denen, die versucht haben, die Wissenschaft über Zwecksetzungen zu kontrollieren.
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#HannaimBundestag@AnjaKarliczek will „aufräumen“ und behauptet, das #WissZeitVG würde Dauerbefristungen vermeiden – die alte Story und die neue Story gemischt. „Wir brauchen ein Sonderbefristungsrecht für die Wissenschaft, denn die Wissenschaft ist besonders.“ /1
Die „persönliche Situation“ der Wissenschaftler:innen ist „manchmal unbefriedigend“. Aber das liegt nicht an dem Gesetz – „Das Gesetz ist ein Sündenbock“. Wer hat diese Rede verbrochen? – Weil das Gesetz dafür da ist, Befristungen zu verhindern, hat man jetzt neue Programme /2
aufgelegt, um Stellen zu entfristen. Hä? – „Wir erwarten, dass die Länder ihrer Verantwortung gerecht werden“, da hat sich @AnjaKarliczek „sehr deutlich geäußert“. Appelle: So wichtig. Denn: Die Hochschulen sind in der Verantwortung (Hoppla, nicht die Länder?) /3
#IchbinHanna ist Ausdruck eines strukturellen Problems. Es geht nicht nur um Entfristungen. Es geht darum, die Wissenschaft wieder zu einer freien Wissenschaft zu machen. Das geht nicht ohne einen grundlegenden Paradigmenwandel. – Das aktuelle Paradigma hat unter dem /1
Deckmantel der Schaffung breiter Bildungsgerechtigkeit das Wissenschaftssystem unter Kontrolle gebracht: Mehr Studierende, mehr hochwertige Abschlüsse, mehr qualitativ hochwertige Forschung – so lautete das Versprechen. Die Rückseite dieses Prozesses umfasst die gesamte /2
Bandbreite des Systems: Die Zahl der Abschlüsse entscheidet den Wert eines Faches – also müssen Mittel und Wege gefunden werden, sie zu erhöhen, auch jenseits individueller Leistungen im Studium. Die Studierenden werden in eine Zeit- und Studienordnung gespannt, die jeden /3
Die Diskussion unter #IchbinHanna dreht sich zu oft um den falschen Gegensatz 1) ‚befristet gemäß WissZeitVG‘ und 2) ‚unbedingt unbefristet‘. Dadurch geraten wichtige Parameter aus dem Blick, etwa die problematische Dimension der Konkurrenz gemessen an Doktorandenzahlen. /1
Das ganze System hat Schlagseite. Die Befristungspraxis und damit der ‚flexible‘ Durchsatz von Wissenschaftler:innen hat ein System ermöglicht, in dem diese zu Token einer Prestige-Messung werden. Im Klartext: Professor:innen werden für Produktionszahlen belohnt. /2
Wenn man also möglichst viele Doktorand:innen möglichst schnell durchbringen muss und dabei möglichst viele Paper produzieren soll, die von möglichst jungen Post-Docs verfasst werden, dann entsteht eine Eigendynamik, die Steuerungsfunktionen beeinträchtigt. /3
Die Beiträge unter #IchbinHanna zeigen deutlich das Ergebnis einer Entwicklung, die in den 1960ern begann: Der Umbau der Universität.
Die geburtenstarken Jahrgänge begründeten Reformen, in denen die Universität zu einer Ausbildungsstätte für Fachkräfte umgebaut wurde. /1
Kaschiert als Modernisierungsmaßnahme wurde das Studium eng mit ökonomisch bestimmten Vorstellungen von einer Vielzahl von Fachkräften verknüpft, die den Aufschwung der letzten Jahrzehnte ausbauen sollten. Schon damals kombinierte man vollmundige Versprechen und rigide /2
Kontrollmaßnahmen, was u. a. zu den Studentenprotesten von Nanterre und bald in ganz Paris führte. Im Krisenjahrzehnt der 1970er endete die Hoffnung auf Aufschwung – und es begann die Regulierung der vielen „faulen Studenten“, die zu lange an der Universität zubrachten. /3
Noch ein kleiner Nachtrag zur Genese der von Rosefeldt gestern referierten Einteilung der ‚Metaphysik‘ in der Neuzeit (Quelle: HWPhil 5)
13. Jh. Johannes Duns Scotus: Abgrenzung der Metaphysik als Wissenschaft vom Seienden an sich von der Theologie, Nebenordnung von /1
Metaphysik (ens naturae: unabhängig vom Denken) und Logik (ens rationale: als Gedachtes)
14. Jh. William von Ockham: Vorordnung der (einheitlichen) Logik vor die (vielgestaltige) Metaphysik
16./17. Jh. Suárez: Einflussreiche Einteilung der Metaphysik in allgemeine /2
Seinswissenschaft und Wissenschaft von den Intelligenzen (Disputationes Metaphysicae 1597)
17. Jh. Deutsche Schulphilosophie: Stark beeinflusst durch Suárez – Christoph Scheibler: Metaphysik als Lehre vom Seienden als solchen – Lehre von Gott, den Engeln und den Seelen /3
1) Dass Rosefeldt glaubt, „wir“ müssten beim Erkennen „leisten, was Kant eine transzendentale Deduktion nennt“, lässt mich ernsthaft daran zweifeln, dass er sich mit Kants Philosophie beschäftigt...
2) Dass die ‚Easy Ontology‘ nach Eigenschaften von Begriffen wie „Ding“ und „Eigenschaft“ fragt, ohne auch nur einmal kurz selbstkritisch aufzublicken, ist tragisch.