Es fehlt nicht an „Gegenreden“ zu #IchbinHanna. Die wenigsten adressieren jedoch die vorgebrachte Kritik. Auch der Text von Reinhard Jahn weist typische Elemente einer Rhetorik auf, die mehr auf Effekt als auf Argument setzt. Ein Thread 🧵⬇️
Der Text beginnt bereits mit zwei Formulierungen, die nicht recht zusammenpassen wollen. Es ginge, behauptet er, in der Kritik „einiges durcheinander“. Das Durcheinander will Jahn aber nicht einordnen, sondern die Debatte „auf den Boden der Realität“ zurückholen. Diese sei 1/x
außerdem „zunehmend von Partikularinteressen geleite[t]“. Schon im ersten Absatz inszeniert Jahn also einen dreifachen Mangel: Unordnung, Realitätsverlust und Instrumentalisierung der Debatte. Das sind schwerwiegende Anschuldigungen. Belegt werden sie nirgends. 2/x
Diesem Mangel setzt Jahn nun seine Auffassung des „akademischen Berufsweg[s]“ entgegen. Auch hier nutzt er einen Kontrasteffekt: Die unkontroversen Aussagen zur Herausforderung Promotion – außergewöhnlicher Einsatz, lange Dauer, keine volle Bezahlung – haben nur die Funktion, 3/x
das „dennoch“ vorzubereiten, mit dem er nun die Entscheidung zur Promotion taktisch auf rein individuelle Qualifikationsgründe reduziert. Das ist eine typische Taktik an der Universität: Die Werbeprospektrhetorik der Werbung für die Promotion wird mit der realen Situation 4/x
einfach gleichgesetzt. Deutlicher: Die idealisierte Selbstbeschreibung des Systems, das kritisiert wird, wird verabsolutiert und so zum Kriterium für jede Kritik gemacht – und faktisch gegen diese dadurch immunisiert. In dieser Werberhetorik promoviert man, weil man etwas 5/x
lernen und Fähigkeiten erwerben kann. Das liegt ganz auf der Strategielinie des BMBF und der HRK, die dort, wo es um strukturelle Kritik an den „Qualifikationsphasen“ geht, diese radikal individualisieren und dadurch die strukturellen Bedingungen schlicht ausblenden, die 6/x
kritisiert werden: dass die Anzahl von Promotionen eine Kennzahl in einem Wettbewerb ist, mit Professor:innen, Fakultäten und Universitäten als Teilnehmer:innen. Auf derselben Strategielinie, quasi eins zu eins vom BMBF übernommen, liegt die pauschale Behauptung, die 7/x
Promotion verschaffe „Fähigkeiten, die wertvolles Kapital für vielfältige Aufgaben sind und damit für ein breites Berufsspektrum qualifizieren. Eine Promotion verbessert die Chancen auf dem Arbeitsmarkt und ermöglicht höhere Einstiegsgehälter.“ Dass diese pauschale Behauptung 8/x
so nicht haltbar ist, ist geradewegs die Pointe der vielen hundert Tweets unter #IchbinHanna und #IchbinReyhan gewesen. – An diese fragwürdige Prämisse schließt der nächste Schritt mit „Dementsprechend…“ an, wobei sich hier das erste Problem schon erledigt hat: Viele gehen 9/x
angeblich „unmittelbar nach der Doktorarbeit“ von der Uni und finden sofort einen gut bezahlten Job, wegen der „Fähigkeiten“, die sie erworben haben. Wenige bleiben an der Uni und machen weiter. An dieser Stelle wird gegen ein bereits oft formuliertes und als solches schon 10/x
oft offengelegtes Strohmann-Argument argumentiert: „Dauerstellen für alle Promovierende zu fordern ist daher unsinnig.“ Niemand stellt diese Forderung auf – aber auch hier bedient sich Jahn des Kontrast-Effektes, nun als Komparativ. Denn: „Noch unsinniger ist es, 11/x
Promovierende mit Arbeitsverträgen dem befristeten wissenschaftlichen Stellenpool zuzurechnen.“ Der rhetorische Trick hier heißt „compartmentalization“: Man ignoriert Kontexte und gewinnt daraus Argumente. Weil zu Anfang von Jahn festgelegt wurde, dass eine wiss. Laufbahn 12/x
der Promotion beginnt, folgt daraus, dass die Kritik der Befristung in der Wissenschaft sich nur auf bereits Promovierte beziehen darf. Ausgeblendet wird, dass die Promotion explizit als eine der beiden Qualifikationsphasen den problematischen Regelungen des #WissZeitVG 13/x
unterliegt und deswegen natürlich auch Teil der Kritik ist. Umgekehrt folgt aus der Kritik an der Befristungspraxis bezogen auf Promotionen nicht die Forderung, alle Promovierenden sollten auf 100%-Stellen entfristet werden. O-Ton Jahn: „Der echte Einstieg in eine 14/x
wissenschaftliche Karriere beginnt erst mit der Forschungstätigkeit nach der Promotion.“ Das rhetorische Ziel dieser „compartmentalization“ wird auch angegeben: „Nur mit dieser irreführenden Rechnung kommt man auf einen Befristungsanteil von 90 Prozent und mehr…“ Es geht 15/x
darum, den Befristungsanteil kleinzurechnen. Nun lautet die Kritik gerade: Man „füttert“ sehr viele Doktorand:innen an und dann lässt man den Großteil fallen. Das ist für ein System rational, in dem viele Doktorand:innen als Kennzahl positiv sind, viele Post-Docs aber 16/x
Konkurrenz für die Leute sind, die man selbst auf dem Markt platzieren will und die als volle Wissenschaftler:innen (Stichwort „Qualifikationsphase“) nur mit Professur gelten – von denen es aber nicht genug gibt. Diese Situation wird mit dem Narrativ der „Bestenauslese“ 17/x
rationalisiert. Es gibt also viele Doktorand:innen – das konstatiert Jahn selbst, verschweigt aber, warum – und weniger Post-Docs. Kombiniert mit der „compartmentalization“ wird es so möglich, Befristungen vor der Promotion in derselben Weise wegzudefinieren wie man die 18/x
Post-Doc-Phase als eigenständige wissenschaftliche Karrierephase – ohne Zwang zur Professur – mit „Qualifikationsphase“ wegdefiniert hat. Promovierende sind keine Wissenschaftler:innen, also ist die Zahl der befristet Beschäftigten viel geringer als behauptet. 19/x
Post-Docs sind keine Wissenschaftler:innen, weil sie keine Professur haben. Sie sind es aber, weil man sie nicht aus den Befristungen heraus rechnen kann – sonst blieben nur noch Professuren. Das wären dann noch weniger Befristungen – das Argument ist also noch steigerbar. 20/x
Im nächsten Schritt kehrt Jahn wieder zur Verabsolutierung der Werberhetorik zurück, die strukturelle Bedingungen ausblendet: Für Erfolg im System ist „in erster Linie“ „Leistung“ relevant. Das bedient das irreführende Narrativ der „Bestenauslese“ – und erklärt alle, die es 21/x
nicht geschafft haben, zu Minderleistern. Diese Taktik ist aus neoliberalen Argumentationen bekannt: Wer es geschafft hat, hat es nur aus eigener Leistung geschafft – wer es nicht schafft, leistet nicht genug. Funktion dieser Taktik: Das Ausblenden der Bedingungen, die 22/x
Erfolg tatsächlich bedingen; Immunisieren des ermöglichenden Systems gegen Kritik; Aufbau einer zirkulären ideologischen Autorität, die die tatsächlichen Bedingungen kontrolliert, die sie zugleich verschleiert. – Jahns nächster Schritt ist eine Aussage, die dieser Taktik 23/x
genau entspricht: Er verallgemeinert seine Perspektive an der Spitze des Systems mit einem vereinnahmenden „wir“ für alle Wissenschaftler:innen – und stellt diesen dann populistisch die „Steuerzahler“ gegenüber. Dadurch instrumentalisiert er letztere als Druckmittel. /24
Wer hier mehr Geld verlangt, weiß die vermeintlich „großen Freiheiten“ nicht zu schätzen, die die „Steuerzahler“ ermöglichen – damit bringt Jahn #IchbinHanna in den Ruch ungerechtfertigter Geldgier. – Wer so lange die ideale Selbstdarstellung des Systems bedient, muß sich 25/x
irgendwann rhetorisch absichern. Aber selbst das geschieht hier nur mit Bezug auf die Bewertung von „Leistung“, deren angebliche Funktion als alleiniges Kriterium damit erhalten bleibt. Jahn verschiebt den Torpfosten der Systemkritik damit in einen Bereich, in dem er 26/x
unfallfrei zugeben kann: „Das System ist nicht perfekt.“ Jetzt – innerhalb der Bedingung ‚Leistungsbewertung‘ werden zur Absicherung auch noch andere Bedingungen genannt. Diese Taktik nennt man ‚blending‘: Man ‚dengelt‘ quasi die Ränder der eigenen Argumentation aus und 27/x
lässt es so erscheinen, als würde man mehr Faktoren einbeziehen, als man tatsächlich kriterial zulässt. So spielen jetzt neben der Leistung auch „andere Faktoren“ eine Rolle, „darunter soziale Kompetenz, Führungsqualitäten oder der Bekanntheitsgrad in der Fach-Community.“ 28/x
Das sind allesamt Kriterien der Anpassung: soziale Kompetenz bedeutet unkontroverses Auftreten; Führung kann nur beweisen, wer schon Personal unter sich hat; Bekanntheit nur, wer lange und ungestört forschen konnte. Es sind Kriterien für Professor:innen. 29/x
Es ist keine Seltenheit, dass Argumente, die sich Sicherheit verschafft haben, irgendwann vor dem Hintergrund dieser Sicherheit deutlicher werden. Das ist der Effekt zirkulärer Argumentation: Man erliegt der Selbsttäuschung, alles geklärt zu haben – und macht sich nun mit 30/x
Ansagen wichtig. Jahn tut genau das: „Leistung“ ist das Kriterium, Anpassung seine Mitbedingung, Angekommensein die stille Vorbedingung. Also: Ein „Wettbewerb … in dem man die Peers von der Qualität und Relevanz der eigenen Arbeiten überzeugen muss“. Das wird belohnt. 31/x
Die Angekommenen setzen voraus, dass man mehr oder weniger angekommen sein muss, um noch weiter anzukommen. Dauerstellen gibt es nur für die, die schon vorher im System erfolgreich waren. Belohnt wird, wer schon dazu gehört. Umgekehrt: „Einen Anspruch auf eine permanente 32/x
Stelle, nur weil man fleißig war, publiziert und Drittmittel eingeworben hat, gibt es nicht und sollte es auch nicht geben.“ Heißt: All das ist in „Leistung“ nicht enthalten bzw. ist, ohne die Zustimmung der bereits Angekommenen, wertlos. Deutlicher kann man die Wendung 33/x
von den „Privilegien“, die gegen, aus Sicht der Privilegierten, „Unterprivilegierte“ verteidigt werden, nicht machen. Wenn es nach Jahn geht, ist Wissenschaft ein elitärer Zirkel, in den man nur eintreten kann, wenn man schon mehr oder weniger dazugehört. Das sind, wie er 34/x
betont, die „Rahmenbedingungen“, die man sich nur klar machen kann. Kurz: Isso. Weil das selbstverständlich so ist, weil es so ist, kann man „schockiert“ darüber sein, dass andere „unreflektiert … hineinstolpern“. Bis zur Promotion: alles wertvolles Lernen, komplett 35/x
individuell. Nach der Promotion: Wettbewerb der Anpassungen und Ausstattungen in einer „Bestenauslese“. Dazwischen: nichts. Die Leute sind unreflektiert, faul, wollen ihre „Komfortzone nicht verlassen“ und sind von „Ängsten und Unsicherheiten“ wegen des doch per se 36/x
unproblematischen Berufswechsels geplagt. Ist das System zu stark, bist Du zu schwach. Mittlerweile voll im Recht des Stärkeren angekommen, legt Jahn noch eine Schippe drauf – und landet in einem eklatanten Widerspruch. Denn gerade noch hat die Promotion pauschal gute 37/x
Aussichten auf dem Arbeitsmarkt. Nun ist das Gegenteil der Fall: „für zahlreiche Spezialdisziplinen [gibt es] außerhalb der akademischen Institutionen kaum einen passenden Arbeitsmarkt“. Die Promovierenden, die gerade noch promoviert haben, weil sie wissen, dass sie 38/x
relevante Fähigkeiten erhalten, müssen sich nun im Klaren darüber sein, dass man „später nur einen Job finde[t], wenn man sich umorientiert und akzeptiert, in ganz anderen Bereichen zu arbeiten.“ Der Widerspruch entsteht hier, weil Jahn das „unreflektiert“ als Weltfremdheit 39/x
ausweisen will, entsprechend seiner Eingangspolemik. Dabei verrutscht ihm einmal mehr das polemische Register: Erst gibt es Kolleg:innen, die „ihre einzige Berufsoption in der Wissenschaft“ sehen. Dann geht es plötzlich um bestimmte Fächer: „Es fällt auf, dass die 40/x
#IchbinHanna’-Debatte stark von Kolleg*innen getragen wird, die aus solchen Fächern kommen.“ Ganze Fächer sind also betroffen? Wie aber? Erwirbt man dort also keine relevanten Fähigkeiten? Ist also nicht gut auf den sonstigen Arbeitsmarkt vorbereitet? Die Polemik gewinnt 41/x
eine Eigendynamik: „Es ist unsere Aufgabe, den jungen Kolleg*innen ein ehrliches Feedback zu ihrer Karriereentwicklung zu geben.“ Professor:innen aus bestimmten Fächern müssen also mehr Doktoranden produzieren, um relevant zu bleiben und diese gleichzeitig darüber 42/x
informieren, dass ihr Vorhaben beinahe aussichtslos ist. – Um das eigene Argument nicht abfallen zu lassen, kehrt Jahn am Ende des Absatzes wieder zur Werberhetorik von den „spannenden und anspruchsvollen – Tätigkeiten außerhalb der akademischen Forschung“ zurück. 43/x
Auch der nächste Punkt offenbart mehr, als Jahn möglicherweise beabsichtigt: „Für eine/n Professor*in wie mich ist es außerdem von Vorteil, erfahrene Mitarbeiter*innen, die mich in Forschung und Lehre unterstützen, möglichst lange bei der Stange zu halten.“ Was besagt das 44/x
anderes als dass hier ein Professor sich für Befristungen ausspricht, die wenigen unbefristeten Stellen aber mit seinen Leuten besetzt sehen will? „Aus purem Eigennutz“? Vor diesem Hintergrund ist der Hinweis, das System sei „wenig transparent und von hierarchischen 45/x
Elementen durchsetzt“ geradezu ironisch. Klar wurde bereits, dass es Jahn um ein System der Angekommenen geht. Das führt er nun aus: erst „ab der Stufe der ‚Junior Faculty’ klare und transparente Karriereperspektiven erforderlich.“ Denn das betrifft die, die nach Jahn 46/x
in der Lage sind, die von ihm genannten Kriterien zu erfüllen. „DAS sind einige der Probleme, um die es geht und von denen ich in zahlreichen Beiträgen zur ‚#IchbinHanna’-Debatte zu wenig habe finden können.“ Die Kritik an #IchbinHanna ist also im Kern, dass man sich mit den 47/x
„Rahmenbedingungen“ abzufinden und die idealisierte Selbstbeschreibung zu übernehmen hat und dass man lieber über das Partikularinteresse von Reinhard Jahn diskutieren sollte. Jahn tut also das selbst, was er #IchbinHanna am Anfang vorwirft: Er ersetzt Realität durch 48/x
Ideologie und fordert von #IchbinHanna, sein Partikularinteresse zu vertreten. –

(Auf den neuerlichen Strohmann am Schluss gehe ich hier nicht mehr ein, zumal er nur dazu dient, die vorherige starke Position ‚auszudengeln‘ und ansonsten Bekanntes wiederholt.) 49/x
Tl;dr: Ein bemerkenswerter Beitrag, der sehr viele problematische Positionen versammelt und es daher wert war, vollständig analysiert zu werden. Kurz: Jahn tut genau das selbst, was er #IchbinHanna vorwirft. 50/x

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18 Jul
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@DKKGER @mlewandowsky Letzteres erscheint Nicht-Wissenschaftler:innen oft unverständlich, weil es widersprüchlich aussieht. Ist es aber nicht. Wissenschaft kann nur dann wissenschaftlich gesicherte Ergebnisse leisten, wenn sie nicht von Vornherein durch Zwecksetzungen eingeschränkt wird.
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