Ich bin es echt leid: Immer wieder wird der CSU-Politiker Franz-Josef-Strauß in konservativen Kreisen als “politisches Kraftpaket” und “begabter Rhetoriker” verklärt und als “politisches Vorbild” verehrt, ob von #Söder, #Scheuer oder der neuen #TheRepublic-Truppe. (1/21)
Tatsächlich war Strauß ein cholerischer Hetzer und Pöbler, der seine politischen Gegner beschimpfte, Journalisten schon mal als “Ratten” und “Schmeißfliegen” bezeichnete und in unzählige Affären, fragwürdige Rüstungsgeschäfte und Schmiergeldzahlungen verstrickt war. 2/21
Strauß unterhielt enge Kontakte zu totalitären Staatsmännern und Diktatoren. Er war ein Freund des rassistischen Botha-Regimes in Südafrika, verteidigte die dort herrschende Apartheid und bezeichnete die Gleichstellung der schwarzen Mehrheit als “nicht wünschenswert”. 3/21
Strauß begrüßte die Militärdiktatur in Chile: “Angesichts des Chaos, das in Chile geherrscht hat, erhält das Wort Ordnung für die Chilenen plötzlich wieder einen süßen Klang.” (Pinochet hatte die frei gewählte Regierung weggeputscht und ein grausames Folterregime errichtet.) 4/21
Über viele Jahrzehnte wurde Paraguay von dem grausamen und korrupten Gewaltherrscher Alfredo Stroessner regiert, der gesuchten Nazis wie dem Lagerarzt von Auschwitz Josef Mengele Unterschlupf gewährte. Mit eben jenem Stroessner war Strauß bestens vernetzt. 5/21
Mit dem diktatorisch regierenden Präsidenten von Togo verband Strauß eine innige Männerfreundschaft mit üppigen Staatsbanketten und gemeinsamen Antilopenjagden. Von Bayern gab es den Verdienstorden. Ein Strauß-Referent nannte den Unrechtsstaat ein “Modell für Afrika”. 6/21
Kommen wir nun zu einigen Strauß-Beratern, Einflüsterern und Redenschreibern. Dazu zählen zwei politisch hochproblematische Figuren: 7/21
Der von Strauß als Berater und Redenschreiber angeheuerte Publizist Armin Mohler gilt als einer der Vordenker der Neuen Rechten und Vertreter des intellektuellen Rechtsextremismus. Mohler ging so weit, dass er sich selbst als Faschist bezeichnete. 8/21
Eberhard Tauber war ein hoher Nazi-Funktionär, schrieb u.a. das Drehbuch zu dem antisemitischen Hetzfilm "Der ewige Jude" und wirkte an Todesurteilen des Volksgerichtshofs. In den 1950er bis 1970er Jahren fungierte er als Mitarbeiter und Berater von Franz Josef Strauß. 9/21
Weiter geht es mit einigen Affären und Skandalen von Franz Josef Strauß. Ich nenne nur mal die Wichtigsten: 10/21
Lockheed-/Starfighter-Affäre: Gegen ausdrücklichen Expertenrat schafft Strauß als Verteidigungsminister das Kampfflugzeug "Starfighter" an, einen Schrottflieger, in dem mehr als 100 Piloten starben. Hersteller Lockheed soll 10 Mio Schmiergeld an die CSU gezahlt haben. 11/21
Fibag-Affäre: Als Verteidigungsminister empfiehlt Strauß seinem US-Kollegen die Firma eines Kumpels, an der er indirekt beteiligt ist. Es geht um einen 300 Mio-Auftrag. Der einberufene Untersuchungsausschuss spricht Strauß mit knapper Mehrheit frei. 12/21
Onkel-Aloys-Affäre: Strauß empfiehlt den bis dato eher erfolglosen Unternehmer Aloys Brandenstein in die Rüstungsindustrie, wo dieser wie durch Zauberhand zum Millionär wird. Brandenstein ist der "Nenn-Onkel" seiner Gattin. 13/21
HS-30-Skandal: Bei der Beschaffung des Schützenpanzers HS 30 kommt es zu Schmiergeldzahlungen an mehrere Personen, darunter 2 Mio an den persönlichen Referenten von Strauß, der für den Kauf zuständig ist. 14/21
Spiegel-Affäre: Nach einem kritischen "Spiegel"-Artikel über die Bundeswehr lässt Strauß die Redaktionsräume besetzen. Augstein kommt widerrechtlich 3 Monate in U-Haft, wegen angeblichen "Landesverrats". Die Affäre führt zum Rücktritt als Minister. 15/21
Hahlbohm-Sache: Der Bonner Verkehrspolizist Siegfried Hahlbohm regelt den Verkehr vor dem Kanzleramt. Dabei muss er auch den Wagen von Strauß anhalten. Darauf wird er von FJS beschimpft, bedroht und im Ministerium angeschwärzt. 16/21
Heubl-Affäre: Weil Strauß einen innerparteilichen Rivalen fürchtet, lässt er ein fieses 41-seitiges Dossier streuen, um diesen zu diskreditieren. Die Aktion richtet sich gegen Franz Heubl, den späteren Landtagspräsidenten Bayerns. 17/21
Airbus-Affäre: In seiner Funktion als Airbus-Vorsitzender engagiert Strauß den umstrittenen Rüstungslobbyisten Karl-Heinz Schreiber. Dabei soll es eine fette Provision an Strauß gegeben haben. (Googelt dazu auch gerne mal Max Strauß) 18/21
Zwick-Steueraffäre: Der damalige "Bäderkönig" und Strauß-Kumpel Eduard Zwick war wegen 70 Mio Steuerschulden ins Ausland geflüchtet. Durch seine guten Verbindungen zu CSU und FJS musste er auf magische Weise statt der 70 nur rund 8 Mio zahlen. 19/21
Ihr seht selbst: Strauß hatte sich ein beispielloses "Amigo-System" aus Abhängigkeiten, Zuwendungen und Verbindlichkeiten aufgebaut, von dem er, seine Familie und Freunde mittelbar und unmittelbar profitierten. 20/21
Fazit: Franz Josef Strauß war ein kleptokratischer Polit-Mafioso, Diktatoren-Freund und Reaktionär, auf den kein Demokrat stolz sein kann. Die CDU/CSU sollte sich schämen, eine derartige Figur zum Vorbild zu verklären. 21/21

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